Coronavirus-Pandemie
Wenige Profiteure, viele Verlierer in der Medizintechnik-Branche
Die deutsche Medizintechnik-Branche hadert weiter mit den Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie auf ihr Geschäft. Die Stimmung ist alles andere als rosig.
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Anbieter von Intensivbetten gehören in der Corona-Pandemie zu den Gewinnern in der Medizintechnik-Branche. (Symbolbild)
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Berlin. Auch in Krisen kann es Profiteure geben. In der gegenwärtigen Coronavirus-Pandemie sind dies in der deutschen Medizintechnik-Branche zum Beispiel Hersteller von Beatmungsgeräten und Intensivbetten. Diese stünden aber nicht pars pro toto für die wirtschaftliche Verfassung der gesamten deutschen Medizintechnik-Branche. Darauf machte am Mittwoch der Branchenverband Spectaris aufmerksam.
Seine Aussage stützt er dabei auf eine gemeinsam mit dem Branchencluster MedicalMountains durchgeführte Umfrage bei den deutschen Medizintechnikunternehmen. Zwar habe sich nun nach dem Lockdown und den ersten Lockerungen der Beschränkungen im Zuge der Coronavirus-Pandemie im Vergleich zum April, als es die Erstauflage der Umfrage gab, die Stimmung in der Branche etwas verbessert, angesichts einer besorgniserregenden Auftragsentwicklung blicke ein Großteil der Firmen aber weiterhin mit Sorge auf das laufende Jahr.
Auch im Juni erwarteten die Unternehmen demnach im Durchschnitt noch ein Umsatzminus für 2020 von insgesamt acht Prozent, darunter zwölf Prozent im Auslandsgeschäft – angesichts einer Exportquote von zuletzt 65 Prozent ist das besonders bedenklich, warnt Spectaris.
Wertvolle Hilfe der Bundesregierung
75 Prozent der Unternehmen geben laut Spectaris an, mit einem Umsatzrückgang in diesem Jahr kalkulieren zu müssen, knapp 60 Prozent erwarten ein zweistelliges Minus gegenüber dem Vorjahr. Die beiden Geschäftsführerinnen von MedicalMountains, Yvonne Glienke und Julia Steckeler, bekommen derzeit nach eigener Aussage hautnah mit, wie schwierig es ist, die wirtschaftliche Lage der Medizintechnik zu stabilisieren.
So nutzten 51 Prozent der Unternehmen in ihrem Cluster im Juni noch die Möglichkeit der Kurzarbeit und nahezu jedes fünfte (18 Prozent) benötigte Zuschüsse und Soforthilfen. „Die Maßnahmen der Bundesregierung sind auch mittelfristig noch sehr wichtig. Man muss sich nur einmal die Situation der Krankenhäuser ansehen, wo viele Operationen verschoben wurden und etliche Patienten zuletzt nicht aufgenommen werden konnten“, meinen Glienke und Steckeler.
Nicht besser sehe es zum Beispiel im Bereich der Orthopädietechnik aus, wo zuletzt aufgrund der Kontaktbeschränkungen unter anderem kaum Rollstühle oder Orthesen angepasst werden konnten.
Die beiden Beispiele erklären aus Sicht des Industrieverbandes Spectaris, warum insgesamt 68 Prozent der Unternehmen ihre Geschäftslage als verschlechtert sehen.
Lage verbessert sich nur langsam
Obwohl die logistischen Engpässe und gestörten Lieferketten der Umfrage zufolge derzeit nicht mehr so stark ins Gewicht fielen wie noch vor einem Vierteljahr, seien die meisten Unternehmen ohne weitere staatliche Unterstützungen und ohne eine gravierende Verbesserung der Rahmenbedingungen offensichtlich kaum in der Lage, ihre Situation entscheidend zu verbessern.
„In Anbetracht der zunehmenden Bedeutung der Medizintechnik und der bewährten Stärken der hiesigen Medizintechnikindustrie, müssen Wirtschaft und Politik gemeinsam nach vorne blicken und an einem Strang ziehen“, mahnt Dr. Martin Leonhard, bei Spectaris Vorsitzender der Medizintechnik.
Alle Unternehmen der Branche müssten unabhängig von ihrer Größe „unterstützt werden, damit sie möglichst unbeschadet durch die Krise kommen. Nur so kann nachhaltig sichergestellt werden, dass deutsche Medizintechnikunternehmen auch zukünftig zur Weltspitze zählen“, so Leonhard abschließend.