Harm Reduction
Wissenschaftler etablieren neue Plattform zu Rauchalternativen
Die neugegründete International Association on Smoking Control & Harm Reduction macht sich für Wege abseits des bedingungslosen Rauchstopps stark – frei von Industriegeldern.
Veröffentlicht:Athen. Jedes Jahr sterben weiterhin acht Millionen Menschen weltweit an den Folgen eines präventablen Tabakkonsums, gibt es auf dem Planeten Erde noch immer mehr als eine Milliarde Raucher. Auch in der EU ist das Rauchen mit 27 Prozent Ursache Nummer eins der vermeidbaren Krebsmortalität. Würde ein Rauchstopp erreicht, könnten 90 Prozent aller Lungenkrebsfälle verhindert werden. Vor diesem Hintergrund hat sich nun eine neue Phalanx von Wissenschaftlern formiert, die die Abkehr von der konventionellen Tabakzigarette über den stärkeren Einsatz alternativer Optionen wie E-Zigaretten und Tabakerhitzer fördern will – die Alternativen gelten als im Vergleich zur Kippe um 95 Prozent risikoreduziert, wie international anerkannte Studien zeigen.
Dennoch herrscht vor allem in den medizinisch-wissenschaftlichen Fachgesellschaften rund um den Globus meist die Ansicht vor, Ärzte dürften von dem Ansatz „Quit or Die“ nicht abweichen. Das greift den 22 Forschern, die sich nun zur „International Association on Smoking Control & Harm Reduction (SCOHRE)“ zusammengeschlossen haben, definitiv zu kurz, da das Potenzial der Rauchalternativen nicht genutzt wird.
Sie wollen sich bei den gesundheitspolitischen Akteuren weltweit dafür in die Bresche werfen, Harm Reduction mehr Aufmerksamkeit zu schenken. SCOHRE legt Wert darauf, vollkommen unabhängig von irgendwelchen Finanzspritzen aus der internationalen Tabakindustrie oder Geldern aus der E-Zigarettenbranche zu arbeiten.
„E-Zigarette nicht harmlos, aber eine weniger schädliche Alternative“
Zu den SCOHRE-Gründungsmitgliedern gehört Professor Heino Stöver, Leiter des Instituts für Suchtforschung Frankfurt am Main (ISFF) an der Frankfurt University of Applied Sciences. „Es ist ganz klar zu formulieren, dass die E-Zigarette und Tabakerhitzer nicht harmlos sind, aber eine weniger schädliche Alternative zum Weiterrauchen darstellen, wenn anders der Verzicht auf die weit gefährlichere Tabakzigarette nicht gelingt“, postuliert Stöver. Er ist unter anderem Unterzeichner eines Positionspapiers, das von den Kassen und den medizinischen Fachgesellschaften in Deutschland fordert, alternative Produkte wie Tabakerhitzer, E-Zigaretten und tabakfreie Nikotinprodukte als Hilfsmittel zur Senkung der Raucherzahlen anzuerkennen.
Wie SCOHRE betont, gebe es weltweit in immer mehr Ländern in Abgrenzung zu konventionellen Tabakzigaretten regulatorische Rahmenbedingungen für Produkte, die dem Ansatz der Schadensreduzierung folgen, aber vor allem auch auf Ärzteseite seien noch viele Informationsdefizite zu den noch recht jungen Optionen vorhanden, gebe es große Hindernisse für entsprechende Aufklärungsangebote, die mitunter von den Herstellern angeboten werden. Auch in Deutschland treffen Anbieter auf Widerstände bei de Gesellschaften.