Christian Golusda
Ein Arzt, der singt, zeichnet und dichtet
Die Welt der Künste hat ihn ebenso fasziniert wie der Arztberuf. Christian Golusda, Jahrgang 1948, hat eine spannende Lebensgeschichte - und steckt weiter voller Tatendrang.
Veröffentlicht:FRANKFURT. Ob es in der schönen Welt der Künste etwas gibt, das er noch nicht gemacht hat? Da muss Christian Golusda überlegen. Als Tänzer hat er gearbeitet, als Schauspieler und als Regisseur. Er singt, zeichnet und dichtet. Zuletzt gastierte er als Kabarettist mit einer medizinsatirischen Cole-Porter-Show. Ach ja: Arzt ist er auch noch - ist ja auch eine Kunst, nicht wahr?
Christian Golusda, 1948 in der Altmark geboren und in Stade aufgewachsen, lebt seit Anfang der 1970er Jahre in Frankfurt am Main. Er ist approbierter Apotheker und approbierter Arzt, aber seine eigentliche Leidenschaft gilt der Bühne.
Getanzt hat er schon als Kind, aber als Heranwachsender durfte er das nicht mehr, Männer tanzen eben nicht, immerhin erlaubten ihm die Eltern, seine Begabung im Rollkunstlauf zu entwickeln - "das war ja Sport".
Nachdem Golusda in Freiburg sein Pharmaziestudium abgeschlossen hat, kommt er 1972 nach Frankfurt, um Medizin zu studieren. Es ist die Zeit des Aufbruchs, des Häuserkampfs und der Sponti-Bewegung, in der auch eine freie Theater- und Tanzszene gedeiht.
Golusda nimmt Unterricht in Modern Dance, Step- und Jazzdance sowie Klassischer Tanz. Mit gleichgesinnten Profis gründet er die Tanztheatergruppe "Tanz & soweiter" und sieht auf der Bühne seine Zukunft. "Damals dachte ich, ich brauche die Medizin nicht mehr."
Vom Teilzeit-Apotheker zum Leitenden Arzt
Das ändert sich Mitte der 1980er Jahre, als er von einem anderthalbjährigen Aufenthalt in Amsterdam zurück an den Main kehrt. Bis dahin hat der freie Künstler Golusda seinen Lebensunterhalt als Teilzeit-Apotheker abgesichert. Nun will er in seinem zweiten erlernten Beruf arbeiten.
Nach vielen Absagen erhält er eine Stelle als Assistenzarzt an einer neurologischen Klinik im Schwarzwald. Von dort wechselt er ins Elisabethenstift nach Darmstadt, wo er seine Facharztweiterbildung in Psychiatrie abschließt.
Im Odenwald schließlich nimmt er eine Stelle als Leitender Arzt einer Rehaklinik für suchtkranke Männer an, die er im Rückblick selbstironisch "mein Jahr als Chefarzt" nennt.
Anfang der 1990er Jahre arbeitet Christian Golusda eng mit der Frankfurter Tänzerin Johanna Knorr zusammen. Während er die Konzeption und Regie gemeinsamer Produktionen übernimmt, zeichnet sie für die Choreografie verantwortlich.
Erfolg haben beide etwa mit dem Stück "Sleepless Beauties", einer Geschichte über den Schlaf und seinen großen Bruder, den Tod. Inzwischen tanzt Golusda nicht mehr selbst, sondern engagiert Tänzer aus der freien Szene.
Beruf und Berufung bleiben strikt getrennt
Seit gut zehn Jahren ist der Arzt Golusda im Sozialpsychiatrischen Dienst der Stadt Frankfurt tätig. "Eine sinnvolle Arbeit", sagt er, zudem eine ohne Wochenend- oder Nachtdienste, was seinen künstlerischen Neigungen entspricht.
Dabei hält er Beruf und Berufung strikt auseinander. Schließlich wolle er die Gespräche mit seinen Patienten nicht für das Theater "ausbeuten". "Außerdem ist es beinahe unmöglich, den Wahnsinn auf die Bühne zu bringen", sagt der Frankfurter.
Nur einmal hat er eine Ausnahme gemacht, als er, nachdem er eine Biografie über den russischen Balletttänzer Waslaw Nijinski ins Deutsche übertragen hatte, dessen Schizophrenie in einem Theaterstück thematisierte.
Als Verfasser von Reisegedichten hat sich Christian Golusda ein Alter Ego zugelegt: Doktor Krittel! Der wurde einer breiten Öffentlichkeit 2009 bekannt, als Golusda und die Frankfurter Autorin Elsemarie Maletzke für ihr gemeinsames Poesie-Projekt "Frau M. grüßt herzlich Doktor Krittel" den Robert-Gernhardt-Preis erhielten.
Seit Kurzem tritt Doktor Krittel auch als Sänger auf die Bühne, wo er Cole-Porter-Evergreens zum Besten gibt, textlich leicht verfremdet. Statt "My Heart Belongs to Daddy" heißt es dann "Mein Herz gehört dem Doktor", und "Night and Day" neu interpretierend, schmachtet Doktor Krittel seinen eigenen Kittel an…
Nach dem Premierenerfolg der musikalischen Kabarett-Show "Operation Cole Porter - das Lied von der Leber und andere Gesundheitsgesänge" tritt Christian Golusda ab 30. September wieder im Stalburg-Theater Frankfurt am Main auf.
Darüber hinaus gibt er bei der "theaterperipherie" unter Alexander Brill derzeit den Arzt in Büchners "Woyzeck".
Weitere Informationen unter: www.christian-golusda.de