Veränderungen im Belohnungssystem
Was Pornos im Gehirn anrichten
Männer, die viele Pornos schauen, zeigen deutliche Veränderungen im zerebralen Belohnungssystem. Das zeigt eine Studie der Psychiatrie der Charité.
Veröffentlicht:NEU-ISENBURG. Hinterlässt ein übermäßiger Pornokonsum messbare Spuren im Gehirn?. Dr. Simone Kühn vom Max-Planck-Institut für Bildungsforschung und Dr. Jürgen Gallinat von der Psychiatrie der Charité in Berlin (JAMA Psychiatry 2014; 71(7): 827) vermuteten wie bei anderen suchtartigen Verhaltensweisen vor allem Veränderungen im Belohnungssystem.
In der Anzeige, auf die sich die Teilnehmer gemeldet hatten, war lediglich von einer MRT-Untersuchung die Rede, sie wussten also nicht, dass es sich um eine Untersuchung zu Pornographie handelt. Per Fragebogen wurde nun ermittelt, wie viel Zeit sie pro Woche Pornos schauten, zusätzlich gab es weitere Fragebögen um eine Sexsucht, Internet- und Computersucht sowie Depressionen und den Alkoholkonsum zu erfassen.
Insgesamt beschäftigten sich die Teilnehmer im Schnitt vier Stunden pro Woche mit pornografischen Darstellungen, ein Drittel der jungen Männer zeigte bereits ein hohes Risiko für eine Online-Sexsucht, war aber noch nicht abhängig. Männer mit hohem Pornokonsum offenbarten zudem höhere Werte auf der Skala für Sexsucht, tranken mehr Alkohol und waren stärker depressiv.
In der MRT-Volumetrie hatten Männer mit hohem Pornokonsum einen deutlich verkleinerten Schweifkern (Nucleus caudatus): Je mehr Zeit sie mit Pornos verbrachten, umso kleiner war diese Hirnstruktur. Der Schweifkern ist etwa wichtig, um eine Belohnung zu entdecken und wahrzunehmen, um zwischen Belohnungen zu differenzieren und um die Motivation zu erzeugen, eine Belohnung zu erlangen. Er ist daher auch für die Fokussierung der Aufmerksamkeit entscheidend.
Der Zusammenhang - viele Pornos, kleiner Schweifkern - war auch dann noch signifikant, wenn das höhere Risiko der Pornokonsumenten für andere Süchte berücksichtigt wurde. Ein geschrumpfter Schweifkern scheint zumindest bei dieser Probandengruppe ein recht spezifisches Merkmal für hohen Pornokonsum zu sein. (mut/fuh)
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