Intimfoto-Prozess

Frauenarzt zu Haftstrafe verurteilt

Urteil im Intimfoto-Prozess: Der angeklagte Frauenarzt aus Schifferstadt muss hinter Gitter - und das für mehrere Jahre. Die Richter sahen es als erwiesen an, dass der Gynäkologe die zahllosen Fotos und die Videos vom Intimbereich seiner Patientinnen aus sexueller Motivation angefertigt hat.

Von Ingeborg Bördlein Veröffentlicht:
Der angeklagte Frauenarzt vor Gericht. Die Verteidigung hat bereits angekündigt, in Revision gehen zu wollen.

Der angeklagte Frauenarzt vor Gericht. Die Verteidigung hat bereits angekündigt, in Revision gehen zu wollen.

© Uwe Anspach/dpa

FRANKENTHAL. Wegen sexuellen Missbrauchs unter Ausnutzung eines Beratungs- und Behandlungsverhältnisses in drei Fällen und wegen Verletzung des höchstpersönlichen Lebensraums durch Bildaufnahmen in 1467 Fällen über drei Jahre wurde ein 58jähriger Frauenarzt aus dem pfälzischen Schifferstadt zu einer Freiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren und anschließendem vier jährigen Berufsverbot verurteilt.

Wie der Vorsitzende Richter der VI. Strafkammer am Landgericht Frankenthal , Karsten Sauermilch in seiner Urteilsbegründung am Montag ausgeführt hat, wiesen sowohl die von dem Arzt heimlich getätigten Videoaufnahmen, als auch die zahllosen Lichtbilder vom Intimbereich seiner Patientinnen eindeutig eine sexuelle Komponente auf.

Vertrauen missbraucht

Dies sei im Bereich der Gynäkologie besonders evident. So sei es unerheblich, ob bei den sexuellen Handlungen eine Krankheit vorgelegen habe oder nicht.

Die Frage, ob die Videoaufnahmen von Ultraschalluntersuchungen als sexueller Missbrauch zu werten seien, wie dies die Staatsanwaltschaft gesehen hat, wurde vom Gericht in drei Fällen bejaht, nämlich in den Fällen, in welchen der gynäkologische Sachverständige, Prof. Peter Brockerhoff aus Mainz die Untersuchungstechniken als eindeutig außerhalb jeglichen gynäkologisch indizierten Vorgehens bewertet hat.

So erinnere das sechsmalige Bestreichen der Klitoris und des Scheideneingangs mit der Ultraschallsonde und das fünfmalige stoßartige Einführen der Sonde eher an eine Kopulationshandlung, denn an eine gynäkologische Untersuchung, sagte der Richter.

Ebenso die manuelle Vaginaluntersuchung mit dem Einführen von vier Fingern fast bis zum Handrücken in die Scheide.

Den Praxismitarbeiterinnen sei beizupflichten, die diese Videoaufnahmen als Pornografie bezeichnet hatten, sagte Sauermilch.

Die übrigen Fälle mit als grenzwertig beurteilten Untersuchungstechniken wertete das Gericht auch mangels höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht als sexuellen Missbrauch.

Couragierte MFA

Einer Praxismitarbeiterin hat der Richter ausdrücklich ein "couragiertes Handeln" bescheinigt, weil sie nach Entdeckung des Tuns ihres Chefs ungeachtet der beruflichen Konsequenzen zur Polizei gegangen sei.

Eine eingeschränkte Steuerungsfähigkeit, wie von der Verteidigung geltend gemacht, habe nicht vorgelegen, so der Richter.

Dem Angeklagten seien zwar depressive Störungen und deviante Sexualpräferenzen vom psychiatrischen Gutachter attestiert worden, jedoch habe er bei den angefertigten Intimbildern bis zum Schluss planvoll gehandelt, diese stets abgespeichert und katalogisiert.

Zusammenfassend stellte der Richter fest, dass sich die Sexualbezogenheit der Videos und Bilder geradezu aufdränge.

Die Patientinnen seien als Opfer regelrecht in Szene gesetzt worden: nackt auf dem Behandlungsstuhl, beim Be- und Entkleiden und gynäkologisch nicht zu rechtfertigenden Untersuchungstechniken.

Die Bilder hätten dem Arzt als Masturbationsvorlage gedient und damit habe er das in ihn gesetzt Vertrauen als Gynäkologe "schändlich" missbraucht.

Kein einfacher Tabubruch

Hierbei handle es sich also nicht um einen einfachen Tabubruch, so der Richter. Der Gynäkologe habe die Patientinnen - darunter auch viele Muslima - vielmehr zutiefst erniedrigt, sie in ihrer Körperlichkeit missachtet und zu sexuellen Objekten degradiert mit den entsprechenden psychischen Folgen für die Frauen.

Zugunsten des Angeklagten floss in die Urteilsfindung ein, dass er das Anfertigen der 36.000 Lichtbilder von seinen Patientinnen gestanden habe, dass er sich mündlich und schriftlich bei ihnen entschuldigt habe und bereits Entschädigungsleistungen in Höhe von 285.000 Euro geleistet habe.

Außerdem sei seine berufliche Existenz zerstört und er sei nun öffentlich stigmatisiert. Das Gericht habe von einer Bewährungsstrafe abgesehen, so der Richter abschließend, weil ihm vor Augen geführt werden solle, was er seinen Opfern angetan habe.

Der angeklagte Arzt nahm das Urteil gefasst auf. Die Verteidigung hat bereits angekündigt, in Revision gehen zu wollen.

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