Seltene Erkrankungen
Bei Amyloidose bestimmt das Herz die Prognose
Systemische Amyloidosen sind seltene Erkrankungen, die durch die Ablagerung pathologischer Proteine in den verschiedenen Organen charakterisiert sind. Entsprechend vielgestaltig und unspezifisch sind die Symptome, so dass die Diagnose meist erst relativ spät gestellt wird.
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Echokardiographie: Patienten mit Amyloidose entwickeln typischerweise eine restriktive Kardiomyopathie.
© Waltraud Grubitzsch / dpa
WIESBADEN. Die Amyloidose ist eine seltene Erkrankung. Sie kann familiär, also genetisch bedingt auftreten wie beim familiären Mittelmeerfieber, oder sporadisch ohne erkennbare Ursache. Häufiger sind sekundäre Formen bei Grunderkrankungen, die mit einer vermehrten Immunglobulinbildung einhergehen.
Dazu gehören chronisch infektiöse (zum Beispiel Tuberkulose oder Lues) oder nicht-infektiöse Entzündungen vor allem aus dem rheumatologischen Formenkreis (Rheumatoide Arthritis, Psoriasis-Arthritis, Polymyalgia rheumatica, chronisch entzündliche Darmerkrankungen, längere Dialyse) oder Neoplasien des lymphatischen Systems, die wie das Multiple Myelom mit einer monoklonalen Gammopathie assoziiert sind.
Ursache: Fehlgefaltete Eiweiße
Der Erkrankung liegt immer eine vermehrte Eiweißproduktion zugrunde. Diese Eiweiße sind aber fehlgefaltet und führen deshalb zur Ablagerung in den verschiedenen Organen, wobei alle Organe betroffen sein können.
Die Klassifikation der systemischen Amyloidosen orientiert sich an der Art des Eiweißstoffes. „Es gibt fünfzig verschiedene Proteine, die zur Amyloidose führen können“, sagte Professor Stefan Schönland vom Amyloidosezentrum der Universitätsklinik Heidelberg beim Internistenkongress. Am häufigsten ist die Leichtketten-Amyloidose (AL) gefolgt von der Serum-Amyloid A-Amyloidose (SAA) und der senilen Amyloidose (SSA). Die Transthyretin-Amyloidose (ATTR) ist der häufigste hereditäre Typ.
Diagnose: Bauchfett- statt Rektumbiopsie
Im Verdachtsfall erfordert die Sicherung der Diagnose den bioptischen Nachweis des Amyloids. Früher wurde in der Regel eine Rektumbiopsie durchgeführt. „Zuverlässiger ist aber die Bauchfettbiopsie“, erklärte Schönland in Wiesbaden. Dieses Verfahren habe eine Sensitivität von circa 90 Prozent und sei leicht durchführbar und komplikationsarm, so dass es auch problemlos bei Patienten unter Antikoagulation durchgeführt werden könne.
Doch die Amyloidablagerung ist häufig heterogen verteilt und kann sich deshalb dem bioptischen Nachweis entziehen. Nicht selten wird die Amyloidose allerdings zufällig entdeckt, nämlich dann, wenn wegen einer anderen Fragestellung ein Organ biopsiert wird. Doch der Nachweis des Amyloids genüge nicht, im Hinblick auf die Therapie sei die Amyloid-Typisierung mittels Immunhistochemie zwingend erforderlich, so Schönland.
Viele Organe betroffen
Da alle Organe betroffen sein können, ist die Symptomatik bei einer Amyloidose vielgestaltig. Am häufigsten manifestiert sich die Erkrankung als schnell fortschreitende symmetrische sensomotorische Polyneuropathie, Herzinsuffizienz, nephrotisches Syndrom mit Proteinurie beziehungsweise Niereninsuffizienz, Hepatopathie beziehungsweise Cholestase oder Malabsorptions-Syndrom mit Diarrhoen und Gewichtsverlust.
Auch ein beidseitiges Karpaltunnel-Syndrom, spontane Hautblutungen ohne Antikoagulation oder eine anhaltende Heiserkeit können erste Symptome dieser Erkrankung sein. Bei einem Teil der Patienten manifestiert sich die Amyloidose auch als Spinalkanalstenose. Und auch die Makroglossie kann diagnoseweisend sein.
Herz bestimmt die Lebenszeit
Typischerweise entwickeln Patienten mit einer Amyloidose, besonders mit einer ATTR, eine restriktive Kardiomyopathie.
Mittels Skelettszintigraphie kann das Amyloid am Herzen zuverlässig nachgewiesen werden. Im Echo zeigt sich eine konzentrische Hypertrophie ohne Hypertonieanamnese.
Initial klagen die Patienten über eine orthostatische Dysregulation mit Schwindel, dann über Dyspnoe und im weiteren Verlauf bilden sich Pleuraergüsse, Ödeme, Lungenstauung, Aszites, Hepatomegalie, Angina pectoris und Rhythmusstörungen. „Die Erhöhung des NT-ProBNP ist ein zuverlässiger Indikator für die kardiale Beteiligung und somit auch für die Prognose“, so Professor Arnt V. Kristen vom Kardiovaskulären Zentrum Darmstadt. Das Herz sei das die Lebenszeit bestimmende Organ.
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