Abrechnung

Ärztetag beschließt: Homöopathie soll aus der GOÄ gestrichen werden

Die Debatte war lang, das Ergebnis fiel knapp aus: Doch der 128. Deutsche Ärztetag will, dass die Homöopathie aus der GOÄ gestrichen wird. BÄK-Präsident Reinhardt: „Das kommentiere ich jetzt mal nicht.“

Hauke GerlofVon Hauke Gerlof Veröffentlicht:
Schlagabtausch über die Homöopathie in der GOÄ: Dr. Marc Hanefeld gegen Dr. Jürgen de Laporte. Am Ende wurde der Antrag Hanefelds beschlossen, dass die Homöopathie raus aus der GOÄ soll.

Schlagabtausch über die Homöopathie in der GOÄ: Dr. Marc Hanefeld gegen Dr. Jürgen de Laporte. Am Ende wurde der Antrag Hanefelds beschlossen, dass die Homöopathie raus aus der GOÄ soll.

© Rolf Schulten

Mainz. Der Deutsche Ärztetag will, dass die Homöopathie aus der GOÄ gestrichen wird (GOP 30 und 31). Die Entscheidung fiel am Freitagmittag in Mainz nach längerer Debatte knapp aus mit 116 Ja- zu 97 Nein-Stimmen.

Mit dem Beschluss verbunden ist auch die Forderung des Ärztetages, „die rechtliche Bewertung von Homöopathika als Arzneimittel“ und die Apothekenpflicht zu beenden.

Zuvor hatte es eine engagierte Debatte zum Thema gegeben. Sollten Ärztinnen und Ärzte dafür stehen, nur evidenzbasierte Diagnostik und Therapien anzubieten? Sie wurde vom Antragssteller Dr. Marc Hanefeld (Anästhesist und Allgemeinmediziner) aus Niedersachsen aufgeworfen. Er sehe ein Problem für die Wirkung der Ärztinnen und Ärzte in die Gesellschaft hinein, wenn sie auch andere als evidenzbasierte Verfahren erbringen.

Im Antrag wurde der Gesetzgeber aufgefordert, Maßnahmen dahingehend zu ergreifen, „dass Homöopathie weder als Kassenleistung zur Abrechnung kommen kann, noch als Entität mit Sonderstatus in der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) Erwähnung findet“.

Berufsverbot für homöopathisch tätige Ärzte befürchtet

Er habe selbst nie Homöopathie angewendet, aber sie wirke offenbar auf irgendeine Weise. Und wenn Ärztinnen und Ärzte nur das anwenden würden, was eindeutig evidenzbasiert wäre, dann gäbe es nur wenige richtige Ärzte, widersprach Dr. Thomas Lipp aus Sachsen-Anhalt. Er fürchtete ein „Berufsverbot“ für homöopathisch tätige Ärzte, wenn dem Appell an den Verordnungsgeber Folge geleistet würde.

Lipp sah auch die Gefahr, dass dieses Verbot dann auch weiter ausgedehnt werden könnte, zum Beispiel auf manche IGeL, die „auch manchmal Schaden anrichten“. Auch die Delegierten Dr. Stefan Schröter aus Nordrhein und Dr. Joachim Suder aus Baden-Württemberg sprachen von einem Berufsverbot, das Ärzten in Anwendung dieser Therapie drohen könnte. Jede ärztliche Leistung müsse nach GOÄ abgerechnet werden.

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120 Euro für 60 Minuten

Das ließ Dr. Klaus Thierse aus Berlin wiederum nicht gelten. Niemand verbiete „Zitronensaft oder Zucker auf Wunden zu streuen“, das könne jeder machen, wie er wolle. „Aber wir müssen es nicht noch weiter betreiben“, und die Sonderstellung der homöopathischen Erstanamnese mit einem Honorar von 120,65 Euro zum 2,3-fachen Satz – „zugegeben, für 60 Minuten“ – sei nicht weiter zu rechtfertigen.

Die GOÄ-Nr. 34 für ein ärztliches Gespräch bei nachhaltig lebensverändernder oder lebensbedrohlicher Erkrankung dagegen bringe im Vergleich nur 40,22 Euro für den 2,3-fachen Satz, für 20 Minuten.

Nur eine Neiddebatte?

Angela Schütze-Buchholz aus Niedersachsen wiederum appellierte an die Delegierten: „Lasst uns nicht mit dem Finger aufeinander zeigen, sondern achtsam miteinander umgehen.“ Sie kritisierte den Neid darauf, dass die zuwendungsorientierte Medizin in der Homöopathie honoriert werde.

Schütze-Buchholz erinnerte an die Resolution für Demokratie, Pluralismus und Menschenrechte, die der Ärztetag am Dienstag beschlossen hatte – und warnte davor, wo es hinführe, wenn Ideologie die Handlungen zu sehr dominiere.

Zum Schluss warnte Dr. Jürgen de Laporte aus Baden-Württemberg vor Versorgungsproblemen als Konsequenz eines Beschlusses gegen die Homöopathie in der GOÄ. „Demütig“ appellierte er an die Delegierten, den Antrag abzulehnen – vergeblich.

Auch sein Antrag auf zweite Lesung wurde im weiteren Verlauf des letzten Sitzungstages in Mainz abgelehnt.

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Kommentare
Dipl.-Med Kai-Uwe Richter 11.05.202422:05 Uhr

es ist wie immer eine Neiddebatte.
Was stört es Kollegen, die keine Homöopathie anwenden oder abbrechnen, was andere abrechnen. Die C-Vac wirkt ja auch nicht und dürfte demnach auch nicht abgerechnet werden. Und es gibt genügend schulmedizinische Verfahren, die nachweislich nicht wirken, wo die sogenannten evidenzbasierten Studien passend gemacht wurden.
Es ist wie im Kindergarten.
Nur weil viele Kollegen, die materialistisch denken sich nicht vorstellen können, wie Homöopathie wirkt, gibt es doch immer wieder positive Heilerfolge. Und nicht alles sind mit dem Placeboeffekt zu erklären. Jeder denkt doch nur in seinem Erfahrungshorizont. Dennoch kann es doch darüber hinaus etwas geben, was der Einzelne nicht weiss. Und es existiert dennoch. Möglich wäre es jedenfalls. Das räume ich generell ein und lasse meinen Horizont gerne erweitern. Wer heilt hat Recht. So war es doch immer.

Dr.med. Franz Heller antwortete am 12.05.202414:57 Uhr

Obwohl ich absolut kein Fan der derzeitigen Gesundheitspolitik bin, hat Kollege K.L. diesmal einen Punkt. Den vorausgehenden Kommentatoren, die eine "Neiddebatte" wittern oder dem "What-about-ismus" huldigen ("...es gibt ja noch mehr, was Schwachsinn ist...") sei empfohlen, sich ernsthaft mit dem - Homöopathie genannten - medizinischen Unsinn, der ja auf einem folgenschweren Irrtum seines Begründers Hahnemann beruht, wissenschaftlich auseinanderzusetzen und nicht mit interessengeleiteten ideologischen Beissreflexen zu versuchen, eine wissenschaftliche Diskussionmit allen Miteln zu verhindern. Deren Angst: dann bleibt von dem Homöopathie-Gedöns außer einem viel zu teuer bezahlten Plazebo absolut nichts übrig! Außerdem ist das, was heute so alles als Homöopathie verkauft wird, nicht einmal im Sinne Hahnemanns satisfaktionsfähig...

Frauke Kern 11.05.202409:29 Uhr

Die Debatte und Entscheidung lässt mich leider an das Mittelalter denken....Verbote für Alternativen, die niemandem Schaden zufügen, was kann daran schlecht sein? Die Nebenwirkungen von Pharmaprodukten sind hingegen oft so erschreckend, dass man eher hier an Vergiftung statt an Heilungsabsichten denken könnte.
Was ist eigentlich gegen den Placebo-Effekt einzuwenden? Ich würde es Selbstheilung nennen, die beste Form der Medizin, oder etwas nicht? Auch ich bin keine 100 prozentige Befürworterin der Homöopathie, aber das liegt eher an der Gefahr, dass die Menschen, die sie verschreiben, leider nicht selten zur Esoterik neigen...das finde ich abschreckend und unprofessionell.

Dr. Karlheinz Bayer 11.05.202407:54 Uhr

Die Homöopatrhie streichen? Haben denn alle Delegierte, die dafür gestimmt haben Drogen in nicht-homöopathischen Dosen eingenommen?
Die Homöopathie ist ein medizinisches Kulturgut. Wenn man schon etwas streichen wollte, sollte man bei den MRTs anfangen, die erfahrungsgemäß in über 90 % ohne Nachdenken verordnet werden und damit weit weniger bringen als jede Art der homöopathischen Medizin.
Ich bin übrigens kein Homöopath, sondern Schulmediziner.
Aber was ist das im übrigen, "Schul"medizin?
Die Hömöopathie wird wenigstens noch gelehrt ...

Kathrin Müller 10.05.202419:20 Uhr

Warum wird gegen diese Berufsgruppe mit so viel Energie seit Jahren gekämpft? Es gibt genug Studien die belegen das Homöopathie helfen kann. Nicht immer alleine, aber immer unterstützend.

Prof.Dr. Martin Smollich antwortete am 10.05.202421:27 Uhr

Nicht die Homöopathie wirkt, sondern der Placebo-Effekt. DAS zeigen die Studien.

Lilith Engel 10.05.202418:09 Uhr

Na toll... und wann werden endlich IGeL und DiGa gestrichen?
Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine App evidenzbasierter heilen kann als Homöopathie. Kosten für IGeL müssen Patienten zu Recht selbst tragen und werden nicht von den Kassen übernommen/erstattet, weil der Nutzen nicht nachgewiesen ist. Folglich ist es unlogisch, das Ärzte diese abrechnen dürfen.

Prof.Dr. Martin Smollich antwortete am 10.05.202421:25 Uhr

DiGAs müssen ihre Wirksamkeit in klinischen Studien nachweisen, bevor sie dauerhaft ins DiGA-Verzeichnis aufgenommen werden. Bestes Beispiel: Die DiGA PINK!-Coach für Brustkrebspatientinnen.

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