Kooperation | In Kooperation mit: AOK-Bundesverband

Blick ins Innofondsprojekt RiDe-PPI

Protonenpumpeninhibitoren: Dauereinnahme unter der Lupe

Anhand von Routinedaten der AOK und der Kassenärztlichen Vereinigung in Bayern haben Forscher versucht, das Risiko einer Langzeit-PPI-Einnahme für Herzinfarkt, Schlaganfall und Demenz zu ermitteln.

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Mann drückt auf Bauch vor Arzt mit Ultraschall-Auswertung

Schnelle Hilfe bei Reflux und Co? Im Jahr 2018 erhielten laut den Forschern 14,7 Prozent aller Frauen und 12,2 Prozent aller Männer in Deutschland mindestens eine PPI-Verordnung.

© Chinnapong / Getty Images / iStock

Ob mit Rezept oder ohne: Protonenpumpeninhibitoren (PPI) sind Dauerbrenner in bundesdeutschen Apotheken. Laut Arzneiverordnungsreport verordneten Mediziner 2021 rund 3,7 Milliarden Tagesdosen. Die Zahl der Präparate, die ohne ärztliche Anordnung konsumiert werden, ist darin noch gar nicht enthalten. Denn PPI sind zwar apothekenpflichtig, aber rezeptfrei erhältlich.

Die Protonenpumpeninhibitoren gelten als zuverlässige Therapie etwa bei Gastritis, Reflux oder zur Magenprotektion bei Dauertherapie mit nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR). Sie stehen allerdings auch im Verdacht, bei Langzeitanwendung unerwünschte Nebenwirkungen hervorzurufen, wie einen möglichen Vitamin-B-12-Mangel oder eine verringerte Aufnahme von Kalzium und Eisen. PPI sind in der PRISCUS-Liste der „potenziell inadäquaten Medikamente für ältere Menschen“ (PIM) gelistet – um auf das mit ihnen einhergehende mögliche erhöhte Risiko z.B. für Knochenbrüche oder für Konzentrationsschwierigkeiten aufmerksam zu machen. Mehr als die Hälfte der PIM sind Protonenpumpenhemmer. Bei mindestens 30 Prozent der über 65-Jährigen könnten Studien zufolge die PPI abgesetzt oder zumindest die Dosis reduziert werden.

Doch nicht nur für ältere Menschen können Protonenpumpeninhibitoren bei Dauerkonsum problematisch werden: So gibt es Hinweise, dass PPI das Risiko für Herzinfarkte, Schlaganfälle und Demenz erhöhen könnten, auch bei Jüngeren. Allerdings ist die Studienlage in diesem Bereich nicht eindeutig, zum Teil sogar widersprüchlich.

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Deshalb starteten Wissenschaftler der Ludwigs-Maximilian-Universität München und der Universität Münster das Projekt „RiDe-PPI – Gesundheitliche Risiken und Determinanten der Dauereinnahme von Protonenpumpeninhibitoren“. Unterstützt wurden die Forscher von der AOK Bayern und der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB), die umfangreiche Routinedaten zur Auswertung bereitstellten.

Zu oft ohne entsprechende Indikation verordnet?

„Zwar geht die Zahl der Rezepte seit 2016 zurück, dennoch verordnen Ärzte weiterhin ohne entsprechende Indikation“, begründete der Epidemiologe und einer der Projektleiter der Studie, Jakob Linseisen, die Notwenigkeit einer Untersuchung.

Noch im Jahr 2018 erhielten 14,7 Prozent aller Frauen und 12,2 Prozent aller Männer mindestens eine PPI-Verordnung; etwa 40 Prozent der über 85-jährigen waren PPI-Nutzer. Für 52 Prozent der PPI-Einnehmer konnte keine On-label-Indikation zugeordnet werden. Etwa ein Drittel der Nutzer erhielt Verordnungen, die eine Einnahme über mehr als sechs Monate ermöglichte. Ende 2023 publizierten die Wissenschaftler ihre Ergebnisse.

Die gute Nachricht: Eine Erhöhung des Schlaganfall- oder Herzinfarktrisikos konnte nicht nachgewiesen werden. Dagegen zeigten sowohl die Metaanalyse der vorhandenen Literatur als auch die Auswertung der Routinedaten von AOK Bayern und KVB ein erhöhtes Risiko von Demenzerkrankungen bei einer dauerhaften Einnahme von PPI. Eine langfristige Einnahme sollte daher, wenn möglich, vermieden werden, Alternativen böten konservative Maßnahmen und H2-Rezeptor-Antagonisten, schlussfolgerten die Forscher.

Der Innovationsausschuss beim Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) empfiehlt unter anderem, die Ergebnisse an den Deutschen Hausärzteverband, die Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) und die Kassenärztlichen Vereinigungen weiterzuleiten. Das Projekt RiDe-PPI habe „erfolgreich den bestehenden Forschungsstand zum Einsatz von Protonenpumpen-Inhibitoren (PPI) verbessert“, heißt es im entsprechenden Beschluss des G-BA. (fb)

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