Lauterbachs Plan gegen das Kassendefizit
Milliardenschwerer Sparbeitrag der Industrie
Die Pläne für ein GKV-Finanzstabilisierungsgesetz sehen ein Bündel an Sparmaßnahmen vor, das Arzneimittelhersteller mit einem Beitrag von insgesamt 3,2 bis 3,9 Milliarden Euro weit überdurchschnittlich belasten wird.
Veröffentlicht:Vor dem Hintergrund eines für 2023 erwarteten Defizits der gesetzlichen Krankenkassen von 17 Milliarden Euro hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach ein Finanzierungs- und Kostendämpfungspaket geschnürt, das auch Leistungserbringern Opfer abverlangt. So werden Ärzte durch Einbeziehung von neuen Patienten in die Budgetierung nach KBV-Angaben mit etwa 400 Millionen Euro belastet.
Kombitheraphie in der Onkologie
An der Spitze der Präzisionsmedizin
Ungleich schärfer – mit etwa dem zehnfachen Betrag – sollen die Arzneimittelhersteller ihren Beitrag zur Stabilisierung der GKV-Finanzen leisten. Die Maßnahmen im Einzelnen:
Das Preismoratorium – es gilt seit 2009 – soll um vier Jahre bis Ende 2026 verlängert werden; die jährliche Ersparnis gibt das BMG mit 1,8 Milliarden Euro an.
Eine „Solidaritätsabgabe“ der Hersteller von patentgeschützten Arzneimitteln soll 2023 und 2024 jährlich jeweils eine Milliarde Euro Entlastung bringen. Bezogen auf den GKV-Umsatz dieser Arzneimittel sind das nach BMG-Angaben vier Prozent.
Rückwirkender Erstattungsbetrag: Er gilt künftig ab dem siebten Monat nach Einführung, nicht erst nach Abschluss der Verhandlungen mit der GKV nach zwölf Monaten; Entlastung: 150 Millionen Euro.
Verschärfte Regeln für die Höhe des Erstattungsbetrags: Dieser muss zukünftig für Arzneimittel ohne Zusatznutzen mindestens zehn Prozent niedriger sein als der der Vergleichstherapie; bei Arzneimitteln mit einem geringen oder nicht quantifizierbaren Zusatznutzen sollen die Jahrestherapiekosten nicht höher sein als die der Vergleichstherapie. Sind nach Paragraf 35a Absatz 1 Satz 7 mehrere Alternativen für die zweckmäßige Vergleichstherapie bestimmt, ist nun bei der Vereinbarung eines Erstattungsbetrages zwingend auf die auf die Jahrestherapiekosten der wirtschaftlichsten Alternative abzustellen. Die 2017 eingeführte Flexibilisierung für neue Erstattungsbeträge wird damit wieder rückgängig gemacht. Ist der Patentschutz der wirtschaftlichsten Alternative abgelaufen, dann entfällt für neue Arzneimittel ohne Zusatznutzen der zehnprozentige Abschlag. Zusammengenommen führen diese Verschärfungen nach Schätzungen des BMG zu Einsparungen zwischen 250 und 435 Millionen Euro.
Kombinationsabschlag: Für neue Arzneimittel, die in einer freien Kombination eingesetzt werden, erhalten die Krankenkassen einen Abschlag von 20 Prozent; das soll laut BMG 185 bis 250 Millionen Euro sparen.
Für Orphan Drugs wird die Umsatzgrenze, ab der eine reguläre Nutzenbewertung durchgeführt werden muss, von derzeit 50 auf 20 Millionen Euro gesenkt. Nur unterhalb dieser Grenzen gilt der Zusatznutzen aufgrund des Orphan-Drug-Status als belegt. (HL)