Heilmittelverordnungen
Nagelspange: eine Alternative zur Operation
Seit 2022 dürfen Ärzte Nagelspangenbehandlungen bei eingewachsenem Zehennagel verordnen. Podologen wünschen sich von den Medizinern mehr Kooperation.
Veröffentlicht:Bis vor drei Jahren war die Lage übersichtlich. Ärzte durften eine Podologische Therapie nur beim diabetischen Fußsyndrom verordnen, einer Spätkomplikation von Diabetes mellitus. Seit Juli 2020 können Podologen Füße auch behandeln, wenn Mediziner bestimmte Neuropathien (Diagnosegruppen NF und QF) erkennen. Vor einem Jahr erweiterte der Gemeinsame Bundesausschuss die Indikation erneut. Seitdem sind zusätzlich Nagelspangenbehandlungen verordnungsfähig.
Doch bis heute existieren Missverständnisse zwischen Ärzten und Podologen. Martina Schmidt, Präsidentin des Deutschen Verbandes für Podologie sagt: „Unsere Mitglieder wünschen sich mehr Wahrnehmung bei der Ärzteschaft und auch die Bereitschaft einer Zusammenarbeit auf Augenhöhe.“ (siehe Interview). Wie wichtig medizinische Fußpflege ist, zeigt der aktuelle Heilmittelbericht des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO).
Demnach zählten die Gesetzlichen Krankenkassen 2021 rund 10,9 Millionen Behandlungen. Allein 406.000 AOK-Mitglieder erhielten im selben Jahr mindestens eine podologische Leistung.
In Ostdeutschland wird medizinische Fußpflege deutlich häufiger verordnet als im Westen
Spitzenreiter sind die ostdeutschen Bundesländer. In Sachsen entfielen auf 1.000 Versicherte 294 Behandlungen. Zum Vergleich: In Baden-Württemberg waren es 89, im Schlusslicht Bremen sogar nur 63 Behandlungen. Die Nagelspangenbehandlung als erweitertes Leistungsangebot ist in dieser Statistik noch nicht berücksichtigt.
Interview
Podologie ist keine Fließbandarbeit
Eine Nagelspangenbehandlung ist eine Alternative zu ärztlich-konservativen und chirurgischen Maßnahmen. Sie ist ausschließlich zur Heilung des Unguis incarnatus (eingewachsener Zehennagel/L.60.0) vorgesehen – für die Stadien eins (Diagnosegruppe UI1), zwei und drei (Diagnosegruppe UI2). In Stadium eins beginnt der Nagel seitlich in die Haut einzuwachsen, was Schmerzen und erste Entzündungen verursacht. Therapieziel ist es, den Nagel wieder in die natürliche Form zu bringen. Charakteristisch für Stadium zwei ist unter anderem entzündetes Gewebe, das sich um den Rand eines bereits eingewachsenen Nagels gebildet hat. Stufe drei ist erreicht, wenn der betroffene Nagelbereich chronisch entzündet ist und regelmäßig eitert.
Interdisziplinäre Zusammenarbeit verbessert die Versorgung der Patienten
Podologen können zwischen drei Spangentypen wählen: Die einteilige Kunststoff- oder Metall-Nagelkorrekturspange besteht aus Federstahldraht in Kombination mit Kunststoffklebepads. Die Wirkung erfolgt über die Federkraft des Drahtes und über die Hebelwirkung. Mit unterschiedlichen Drahtstärken kann die Stärke der Korrektur an die Dicke der Nagelplatte angepasst werden. Diese Spange eignet sich gut bei Entzündungen, Hypergranulation und bei dünnen Nägeln.
Für Ärzte und Praxisteams:Onlineprogramm zur Heilmittelverordnung
Mit „Praxiswissen Quickcheck“ bietet die AOK ein Online-Lernprogramm, das über die Regeln für die Heilmittelverordnung informiert. In einem Wissensteil können sich Nutzer über das „Muster 13“ informieren, das 2021 die bisherigen Formulare zur Verordnung von Physikalischer Therapie, Podologie, Stimm-, Sprech- und Sprachtherapie sowie Ergotherapie abgelöst hat. Anhand von Fallbeispielen kann Expertise zu gültigen Regelungen überprüft werden – beispielsweise die korrekte Verordnung bei Arztwechsel, Regelungen zum Behandlungsbeginn oder die Verordnungsfähigkeit bestimmter Heilmittel.
https://www.aok.de/gp/aerzte-psychotherapeuten/praxiswissen-quickcheck-e-learning-fuer-arztpraxen
Mehrteilige bilaterale Nagelkorrekturspangen sind industriell vorgefertigt. Zwei Spangenschenkel aus Federstahldraht werden mit kleinen Häkchen versehen und unter die Nagelränder eingehängt. Die einteilige unilaterale und bilaterale Nagelkorrekturspange (zum Beispiel nach Ross Fraser) hat den Vorteil, dass sie exakt an den Nagel angepasst werden kann.
Jeannette Polster, Vorsitzende des Bundesverbands für Podologie, freut sich über den gestiegenen Stellenwert der Podologie. „Die interdisziplinäre Zusammenarbeit schafft“, sagt sie, „eine optimale Patientenversorgung.“