Depression
Online-Programm unterstützt die Therapie
Für Patienten mit Depressionen ist es wichtig, schnell Hilfe zu bekommen. Der erste Gang führt sie in der Regel in die Hausarztpraxis. Ein Web-Programm bietet diesen Patienten seit Anfang des Jahres zusätzliche Unterstützung.
Veröffentlicht:LEIPZIG. Das Online-Selbsthilfeprogramm MoodGYM steht seit Anfang 2016 Patienten deutschlandweit kostenlos zur Verfügung. Es basiert auf der kognitiven Verhaltenstherapie und wurde in Australien speziell zur Prävention und Linderung von depressiven Symptomen entwickelt. Mit finanzieller Unterstützung der AOK haben Wissenschaftler der Universität Leipzig das Selbsthilfeprogramm aus dem Englischen übersetzt und an deutsche Verhältnisse angepasst.
"Wir sind davon überzeugt, dass sich MoodGYM auch für die Unterstützung von Patienten hierzulande hervorragend eignet", sagt Professor Steffi Riedel-Heller, Direktorin des Instituts für Sozialmedizin, Arbeitsmedizin und Public Health an der Universität Leipzig. Sie stützt diese Aussage auf erste Ergebnisse einer Studie, in die 190 Ärzte und 647 Hausarztpatienten einbezogen sind.
"Die Kurzzeitergebnisse nach sechs Wochen sind ausgesprochen ermutigend. Die Intervention wirkt, die depressive Symptomatik ist reduziert und die Lebensqualität der Patienten steigt." Im Rahmen der Studie werden Patienten zu drei Mess-Zeitpunkten befragt: Bei Beginn der Teilnahme in der Hausarztpraxis, nach sechs Wochen zu Hause und nach weiteren sechs Monaten zu Hause. Die Ergebnisse der Studie werden voraussichtlich im Frühjahr vorliegen.
Programm setzt auf Verhaltenstherapie
Klassische Symptome einer Depression sind anhaltender Antriebsmangel, Freudlosigkeit und Niedergeschlagenheit. Oft kommen weitere Symptome hinzu wie Schlafstörungen, Appetitlosigkeit oder Ängste. Wichtig ist es, eine Depression früh zu erkennen. Denn die Erkrankung ist gut behandelbar. Häufig verordnen Ärzte Antidepressiva oder empfehlen eine Psychotherapie.
"Gut untersucht und erfolgversprechend ist die kognitive Verhaltenstherapie", sagt Dr. Astrid Maroß, Fachärztin für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie beim AOK-Bundesverband. "Dabei lernen Patienten, negative Wahrnehmungen und Gedanken so umzugestalten, dass sie künftig besser mit belastenden Situationen umgehen können."
Genau das bietet MoodGYM - übersetzt "Fitness für die Stimmung" -, das als computergestütztes, interaktives und leicht verständliches Trainingsprogramm in Australien seit vielen Jahren zur Vorbeugung und Behandlung depressiver Symptome eingesetzt wird. Maroß: "Besonders für Menschen mit leichten und mittelschweren Depressionen ist das Programm als ergänzender Baustein der Therapie gut geeignet.
Leicht verständlich
Auf leicht verständliche Weise veranschaulicht MoodGYM, wie negative Gefühle und depressive Symptome zusammenhängen und wie es gelingen kann, wenig hilfreiche Gedankenmuster zu erkennen und zu ersetzen. In der erfolgreichen Bewältigung einer Depression sind neben den klassischen Strategien eben viele verschiedene Herangehensweisen hilfreich - von Bewegung bis zu Selbsthilfe."
MoodGYM arbeitet mit fünf Bausteinen, die in selbst gewählter Geschwindigkeit und Intensität bearbeitet werden können. Zudem vermittelt es Entspannungstechniken wie die progressive Muskelrelaxation. Anhand unterschiedlicher Übungen und Aufgaben lernen Nutzer, negative und wenig hilfreiche Gedankenmuster zu erkennen und zu verändern.
Praktische Unterstützung bekommen die Nutzer von virtuellen Personen, die sie durch das Programm begleiten: Da ist beispielsweise Viktoria, die ständig an sich zweifelt und von der Zukunft nur Misserfolge erwartet. Aber da ist auch Nullproblemo, ein selbstsicherer, lebenslustiger Typ, der selbst schwierigen Situationen etwas Positives abgewinnen kann.
Nachgewiesene Wirkung
Nach Angaben Riedel-Hellers ist MoodGYM eines der international am besten untersuchten Online-Programme mit nachgewiesener Wirksamkeit. Mit dem Angebot können auch Menschen erreicht werden, die in ländlichen Gegenden wohnen und schwer Zugang zu fachspezifischer Behandlung haben oder noch Berührungsängste damit.
Die Chancen, die Online-Selbsthilfeprogramme bieten, werden nach ihrer Einschätzung bisher zu wenig genutzt, können aber ein wichtiger Baustein im Gesamtbehandlungsplan sein. Riedel-Heller: "Die Behandlung durch einen Arzt oder mit erforderlichen Medikamenten kann MoodGYM natürlich nicht ersetzen. Aber das Programm kann die Behandlung sinnvoll ergänzen."
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