Aus der Praxis, für die Praxis
Welche Krankheitssyndrome den Elektrolytbedarf erhöhen
Herzrasen, Extrasystolen, Herzrhythmusstörungen - Fallbeispiele erläutern den Nutzen einer zusätzlichen Elektrolyt-Substitution.
Veröffentlicht:Aus seiner täglichen Routine berichtete Dr. Usan Thanabalasingam, Berlin: „In erster Linie ist es wichtig, die Patientinnen und Patienten ernst zu nehmen und ihre Lebensqualität im Blick zu haben.“ Dies ist vor allem vor dem Hintergrund wichtig, als sich die objektive Symptomatik und der subjektive Leidensdruck deutlich voneinander unterscheiden können.
„Man sollte zudem nicht unterschätzen, dass der reflexartige Griff zu einem Antiarrhythmikum den Betroffenen psychologisch durchaus zusätzlich beeinträchtigen kann“, zeigte der Experte weiter auf. Hinzu kommt, dass Antiarrhythmika nur symptomatisch wirken, prognostisch aber keine Effizienz aufweisen. „Daher setze ich sie nur sehr zurückhaltend und zielgebunden ein. Betablocker sind beispielsweise lediglich bei einer Herzinsuffizienz indiziert. In erster Linie greife ich auf die Substitution von Kalium und Magnesium zurück. Von diesem Ansatz profitieren alle Patientinnen und Patienten. Selbst, wenn sich im Laufe der weiteren Diagnostik eine schwerwiegende Herzerkrankung herausstellt und die Therapie eskaliert werden muss.“
Krankheitssyndrome mit erhöhtem Elektrolytbedarf - Fälle von Dr. med. Usan Thanabalasingam
Fall 1: Funktionelle Herzbeschwerden
Eine 22-jährige Frau litt seit ihrer COVID-Infektion von vor zwei Jahren unter Herzklopfen, einem unregelmäßigen Herzschlag und Herzrasen. Es sind keine Vorerkrankungen bekannt und das EKG sowie Labor waren unauffällig. „Da der Leidensdruck sehr hoch, die Wahrscheinlichkeit einer prognoseentscheidenden Herzerkrankung aber sehr gering war, habe ich mich gegen weitere Untersuchungen entschieden und Elektrolyte in Form einer bilanzierten Diät substituiert. Unter dieser Therapie setze eine Normalisierung des Herzschlags rasch ein.“
Fall 2: Ventrikuläre Extrasystolen und Vorhofflimmern
Bei Patientinnen und Patienten mit ventrikulären Extrasystolen und Vorhofflimmern sollte mindestens einmal eine Echokardiographie durchgeführt werden. Darüber hinaus sollte eruiert werden, ob als Ursache eine strukturelle Herzerkrankung vorliegt oder eine solche als Folge entstehen könnte. Bei einem 37-jährigen Sonderpädagogen waren Herzklopfen und Herzrasen bereits seit Jahren bekannt. Erst als diese über drei Stunden persistierten, wurde er in der Rettungsstelle vorstellig. Es wurde ein Vorhofflimmern diagnostiziert und eine Infusion von NaCl mit Kalium verabreicht. Darunter normalisierte sich der Sinus-Rhythmus wieder. Die im Anschluss durchgeführte Echokardiographie war unauffällig. Zwei bis dreimal wöchentlich trat weiterhin Herzrasen auf, das bis zu sechs Stunden persistierte. Nach Aufzeigen der möglichen Behandlungsschritte entschied sich der Patient für eine antiarrhythmische Therapie, die eine Besserung, aber noch keine Entlastung brachte. Nach einer zusätzlichen Kalium-Magnesium-Gabe traten nach weiteren sechs Wochen kaum noch Symptome auf.
Fall 3: Strukturelle Herzerkrankung mit Herzrhythmusstörungen
Nach einem Myokardinfarkt bei KHK mit Herzinsuffizienz und Legen eines Herzkatheters mit Stentimplantationen klagte ein 53-jähriger Patient über rezidivierende Palpitationen. Eine Überprüfung des Kalium-Spiegels unter der notwendigen Diuretika-Therapie zeigte einen Wert von 3,9 mmol/l. Im Langzeit-EKG traten gehäuft supraventrikuläre Extrasystolen, ventrikuläre Extrasystolen und atriale Salven auf. Nach Erhöhung des Kalium-Spiegels mittels bilanzierter Diät waren drei Monate später kaum noch Palpitationen ersichtlich.
IMPRESSUM
Workshop „Elektrolyte: Funktionen im kardialen Stoffwechsel und Bedeutung für die Stabilisierung des Herzrhythmus“, Berlin, 26.04.2023
Bericht: Leoni Burggraf
Redaktion: Tobias Berenz
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