Operationen
Bei vielen Patienten bleiben Schmerzen
Chronische Schmerzen nach einer Operation sind offenbar kein seltenes Phänomen. Wie Ärzte der Uni Witten-Herdecke berichten, klagen zwei Jahre nach dem Eingriff knapp 15 Prozent der Patienten unter Dauerschmerzen, die auf die Op zurückzuführen sind.
Veröffentlicht:KÖLN. Dr. Christian Simanski und sein Team hatten in ihre Studie alle 3020 Patienten eingeschlossen, die während eines Jahres in der Chirurgischen Klinik des Medizinischen Zentrums Köln-Merheim behandelt worden waren (Pain Medicine 2014; online 9. April).
Die Klinik ist ein Level-1-Traumazentrum und als Lehrkrankenhaus der Universität Witten / Herdecke angeschlossen.
Im Schnitt 19 Monate nach dem Eingriff hatten sich 911 Patienten mit einem vollständig ausgefüllten Fragebogen zurückgemeldet. Schmerzen mit einer Stärke von mindestens 3 auf einer Zehnerskala (10 = stärkster Schmerz) lagen bei 522 Patienten (57,3 Prozent) vor.
Insgesamt benötigte jeder Dritte trotz leitliniengerechter Schmerztherapie mehr als ein Jahr postoperativ eine erneute Intervention. Als chronisch wurden die Schmerzen bei 214 Patienten eingestuft. Frauen waren unter den chronischen Schmerzpatienten etwas häufiger vertreten (51,8 Prozent).
Auch kleinere Ops tun lange weh
Die Autoren identifizierten 83 Teilnehmer (14,8 Prozent), bei denen die Schmerzen seit mehr als zwei Jahren anhielten und eindeutig auf die Op zurückzuführen waren (CPSP = Chronic Postsurgical Pain). Viele (71,6 Prozent) hatten ihren Gesundheitsstatus als "nicht so gut" oder "schlecht" bewertet.
57 Prozent der CPSP-Patienten kamen aus der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie, 28 Prozent hatten einen bauchchirurgischen Eingriff hinter sich und 15 Prozent waren an den Gefäßen operiert.
Bemerkenswerterweise waren nicht nur größere Operationen, sondern z. B. auch Laparoskopien oder Arthroskopien mit chronischen operationsbedingten Schmerzen assoziiert. Insgesamt am häufigsten wurden Schmerzen am Rücken, am Knie sowie an anderen Gelenken berichtet.
Von den 83 CPSP-Patienten führten 49,4 Prozent den Schmerz auf die Gelenke zurück, bei 37,7 Prozent kamen die Schmerzen von der Op-Wunde, bei 33,7 Prozent handelte es sich um Nervenschmerzen (bei den entsprechenden Fragen waren jeweils mehrere Antworten möglich).
Den Forschern zufolge treten postoperative Wund- und Nervenschmerzen häufig dann auf, wenn während des Eingriffs Nerven verletzt wurden; dies gilt als potenziell vermeidbare Komplikation.
"Arbeiter" besonders betroffen
Aber auch Nachfolge-Operationen wie eine Narbenrevision oder die Resektion eines Neuroms bergen nach Simanski und Kollegen eine Gefahr für anhaltenden Schmerz. Neben der mechanisch induzierten Neuropathie können aber auch entzündliche Prozesse im Bereich der Wunde eine Rolle spielen.
Was den Autoren ins Auge stach: Bei Patienten, die bereits kurz nach der Op. unter starken Schmerzen litten, war das Risiko der Chronifizierung besonders hoch. Sie vermuten, dass anhaltende Schmerzreize aus der Peripherie zu Umformungsvorgängen im zentralen Nervensystem führen; dadurch kommt es zu einer Übererregbarkeit.
Aus diesem Grund empfehlen verschiedene Autoren bei Eingriffen, die besonders schmerzträchtig sind (z. B. Thorakotomie) eine intraoperative Nervenblockade.
Und noch eine Auffälligkeit bemerkten die Kölner: Sämtliche Patienten, die als Beruf "Arbeiter" oder "arbeitslos" angegeben hatten, zeigten nach mehr als einem Jahr Schmerzstärken von mindestens 3 auf der VAS-Skala.
Die könnte daran liegen, dass sich diese Patienten körperlich mehr anstrengen müssen und z. B. häufiger Arthrosen haben, spekulieren die Autoren. Nach 23 Monaten hatten allerdings 72 Prozent aus dieser Gruppe wieder eine Arbeit aufgenommen oder waren in Rente gegangen. Nur 6 Prozent blieben dauerhaft arbeitsunfähig gemeldet. (EO)