Weltdiabetestag
Das sind Deutschlands Diabetes-Fakten
Es ist höchste Zeit für die Umsetzung einer „Nationalen Diabetes-Strategie“ in Deutschland, betonen Diabetologen. Zum Weltdiabetestag am 14. November hat das Robert Koch-Institut dazu wichtige Ansatzpunkte vorgestellt.
Veröffentlicht:Berlin. Über eine halbe Million Menschen erkranken in Deutschland jedes Jahr neu an Diabetes. Betroffene haben ein hohes Risiko für Herzinfarkt, Schlaganfall und viele weitere schwere Folgekrankheiten, und die meisten von ihnen werden Jahre früher sterben, im Vergleich zu Menschen ohne die Stoffwechselkrankheit.
Außer dem großen Leid verursacht Diabetes hohe Kosten im Gesundheitswesen: 7,4 Milliarden Euro waren 2015 nur für Maßnahmen gegen die Zuckerkrankheit nötig, nimmt man die Kosten für Begleit- und Folgeerkrankungen hinzu, dann wurden 21 Milliarden Euro pro Jahr ermittelt (Schätzung von 2009).
Die Zahlen stammen aus dem ersten Bericht der Nationalen Diabetes-Surveillance des Robert Koch-Instituts. Das RKI hat die Bilanz zum Weltdiabetestag am 14. November veröffentlicht. Die Fakten sollen wachrütteln und sind vor allem auch an die Gesundheitspolitik adressiert, um über sinnvolle Maßnahmen gegen die in den vergangenen Jahrzehnten stark ansteigenden Diabetikerzahlen zu entscheiden.
Hier gibt es große Defizite: Vor allem auch Ärzte sind sehr enttäuscht, dass die Bundesregierung die im Koalitionsvertrag verankerte Nationale Diabetes-Strategie immer noch nicht umgesetzt hat.
Offenbar soll es jetzt auch nur noch ein abgespecktes Vorgehen geben. Weil sich die Mitglieder im Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft des Bundestages nicht einigen können, wolle man jetzt bis spätestens März 2020 eine Nationale Strategie ohne Ernährungsansätze vorlegen, hat der CDU-Gesundheitspolitiker Dietrich Monstadt zur „Ärzte Zeitung“ gesagt.
Ansatzpunkte sind in dem RKI-Bericht klar erkennbar:
- 60 Prozent der 18- bis 79-Jährigen in Deutschland sind übergewichtig und vor allem der Anteil der Adipösen hat in den vergangenen Jahren stark zugenommen.
- Bewegungsmangel: Jeder zweite Erwachsene in Deutschland schafft es nicht, die von der WHO empfohlenen 150 Minuten moderater körperlicher Aktivität pro Woche zu erreichen.
- Rauchen: Jeder vierte Erwachsene raucht, wobei hier der Anteil von Rauchern vor allem unter jungen Menschen in den vergangenen Jahren etwas abgenommen hat.
- Sorglosigkeit: Selbst Menschen mit hohem Erkrankungsrisiko sind sich ihrer Gefährdung nicht bewusst: In einer Studie wurden Probanden ohne Diabetes-Diagnose aus Deutschland zur Einschätzung ihres eigenen Diabetesrisikos befragt und anschließend einem oralen Glukosetoleranztests (oGTT) unterzogen. Ergebnis: Fast 80 Prozent der Menschen, bei denen im Test bereits ein gestörter Zuckerstoffwechsel gefunden wurde, hatten ihre Diabetesgefahr selbst als niedrig oder sehr niedrig eingeschätzt.
Was ist zu tun?
Die Richtung gibt der Bericht vor: „Das Diabetesrisiko in der Bevölkerung durch verhaltens- und verhältnisbasierte Maßnahmen weiter reduzieren.“ Und weiter: „Aufgrund einer erhöhten Sterblichkeit, häufigeren Begleiterkrankungen und einer niedrigeren Lebensqualität von Personen mit Diabetes im Vergleich zu Personen ohne Diabetes besteht die Notwendigkeit, die Versorgung einer Diabeteserkrankung weiter zu verbessern“.
Heidrun Thaiss, Leiterin der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, empfiehlt in einer Mitteilung zu dem Bericht zu einer ersten Maßnahme: „Ein wichtiger Schritt zur Vorbeugung ist es, sich über das eigene Krankheitsrisiko bewusst zu werden“, betont sie. Als ersten Schritt könne man dazu einen Test zu Risikofaktoren empfehlen (Online unter www.diabinfo.de) Dieser Test eignet sich nach Expertenansicht auch als Ergänzung zum Check Up 35.
Wichtig ist es zudem, die Früherkennung von Diabetes zu verbessern, denn rund 1,6 Millionen Diabetiker in Deutschland wissen nach dem Bericht nichts von ihrer Erkrankung. Sie haben dadurch ein hohes Risiko für Folgekrankheiten und frühen Tod. Dazu wird an Ärzte appelliert, den alle drei Jahre vorgesehenen Check Up 35 auch vorzunehmen.
Und auch die Versorgung von Betroffenen ist zu verbessern, vor allem auch durch Maßnahmen gegen Begleiterkrankungen. Außer den besonders häufigen Herzkreislauf-Erkrankungen haben 15 Prozent der Diabetiker Depressionen und ebenfalls 15 Prozent eine Niereninsuffizienz. Von Polyneuropathie sind 13 Prozent betroffen und 6 Prozent von einem diabetischen Fußsyndrom.