Weltgesundheitstag

Depression – die versteckte Volkskrankheit

Depression mag ein Modewort sein. Medizinisch zählt die Krankheit nach wie vor zu den meist unterschätzten Leiden. Der Weltgesundheitstag am 7. April wirft ein Schlaglicht auf eine versteckte Volkskrankheit.

Veröffentlicht:

SCHWAIKHEIM. Jährlich erkranken nach Angaben der Stiftung Deutsche Depressionshilfe mehr als 5,3 Millionen Bundesbürger an einer Depression. Das seelische Leiden ist die häufigste Ursache der jährlich rund 10.000 Suizide — und die Depression macht weder Halt vor dem Alter noch vor dem sozialen Status.

Doch psychische Erkrankungen werden von Betroffenen und deren Umfeld leider immer noch so oft geheim gehalten. "Eine Krankheit ist keine Schande", sagte der Vorsitzende der Deutschen Depressionsliga, Thomas Müller-Rörich. Deshalb sei es ein "sehr starkes und wichtiges Zeichen" der Weltgesundheitsorganisation WHO, dass sie die Depression als zentrales Thema für den Weltgesundheitstag gewählt habe, Zu einem gesunden Körper gehöre auch eine gesunde Psyche.

Ulrich Hegerl, Leiter der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie an der Uniklinik Leipzig, sagte: "Psychische Erkrankungen haben etwas Unheimliches." Es verändere sich ja nicht nur ein Organ oder Körperteil, sondern das Innerste, das Selbst. Das sei für die Betroffenen kaum erträglich. "Das Gleiche gilt aber auch für Angehörige, Freunde und Kollegen, die diese Veränderungen auch bemerken. Sie sind beunruhigt, weil sie es nicht verstehen." Nicht-Verstehen heißt oft auch Nicht-Wissen. Eine Depression ist keine Reaktion auf schwierige Lebensumstände, Stress oder andere Probleme. "Es ist eine eigenständige schwere Erkrankung", betont Hegerl.

Vorurteile gegenüber Depressionen sind tief verwurzelt. Doch Hegerl sieht Fortschritte. Die Krankheit werde heute häufiger erkannt. Es steige also nicht die Häufigkeit an sich, sondern die Zahl der Diagnosen. "Eine sensationell gute Entwicklung sind die sinkenden Suizidraten in Deutschland", sagt er. Ein gutes Zeichen sei auch, dass Prominente wie Adele oder Bruce Springsteen offen über ihre Erkrankung sprächen.

Neigungen zu Depressionen können genetisch bedingt sein, aber auch durch traumatische Erlebnisse entstehen. "Die Veranlagung führt zu veränderten Hirnfunktionen, zum Beispiel zu stärkeren Reaktionen auf Stress unterschiedlichster Art", erläutert der Experte. Viele Botenstoffe im Körper, die den Schlaf steuerten, den Appetit, aber auch die Fähigkeit Freude oder Hoffnung zu empfinden, wirkten anders. Die Depression rückt alles Negative ins Zentrum des Erlebens und vergrößert es riesenhaft: Stress im Job, in der Partnerschaft oder auch körperliche Beschwerden.

(eb/dpa)

Jetzt abonnieren
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

DHS Jahrbuch Sucht

Suchtbericht: Deutschland hat ein Alkohol- und Tabakproblem

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

S2k-Leitlinie

Husten – was tun, wenn er bleibt?

Lesetipps
Viele gesunde Lebnesmittel, darunter Gemüse, Lachs und Sesam, liegen auf einem Tisch.

© aamulya / stock.adobe.com

Leckere und gesunde Ernährung

Remission bei Morbus Crohn: Das glückt auch mit einer rein oralen Diät

Moderne Grafik eines Gehirns und eines Darms nebeneinander. Der Hintergrund ist mehrfarbig.

© KI-generiert watz / stock.adobe.com

Morbus Crohn und Colitis ulcerosa

Psychische Erkrankungen begünstigen CED-Schübe

Ein Modell eines Herzens steht auf einem Tisch.

© Jonima / stock.adobe.com (Generi

DGK-Jahrestagung

Präzisionsmedizin: Die Kardiologie ist auf dem Weg