Die Blutegel sind zurückgekommen
Die Behandlung mit Blutegeln erfährt derzeit neue Akzeptanz: In Studien haben sich die Tierchen bei Patienten mit Arthrosen und mit Tennisarm bewährt.
Veröffentlicht:DÜSSELDORF. "Wenn sonst nichts hilft, helfen oft Blutegel", meinte Professor Gustav J. Dobos von der Universität Duisburg-Essen. Der Naturheilkundler präsentierte in Düsseldorf die Behandlung mit "diesen faszinierenden Tieren" als ein wissenschaftlich untersuchtes Verfahren, das oft als letztes Mittel nach dem Scheitern schulmedizinischer Behandlungen angewandt wird.
Dabei werden in der Regel vier bis sechs Exemplare des Hirudo medicinalis einmalig auf schmerzende Gewebestellen gesetzt und verbleiben dort bis zu zwei Stunden. Indikationen sind Arthrosen des Kniegelenks oder des Daumensattelgelenks, der "Tennisarm" und andere schmerzhafte muskulo-skeletale Erkrankungen sowie schwere Herpes-Zoster-Neuralgien.
Die Wirksamkeit des Verfahrens zeigte sich in mehreren kleineren Studien. So bessert sich bei Patienten mit Kniegelenkarthrose der Wert in der 100-teiligen WOMAC-Skala von 50 auf 20 Punkte und bei Patienten mit Daumensattelgelenkarthrose von 80 auf 40 Punkte. Damit wirkte die einmalige Anwendung der Blutegeltherapie in beiden Studien signifikant besser als die Vergleichstherapie mit Diclofenac. Ähnliche Ergebnisse wurden auch für Patienten mit Tennisarm ermittelt. Als schwierig hatte sich in allen Studien die Verblindung erwiesen.
"Die Wirkung der Blutegeltherapie setzt nach etwa drei Tagen ein und hält zwei bis drei Monate lang an, das haben auch die Studiendaten bestätigt", so Dobos. Der Effekt könne erklärt werden durch Stoffe im Speichel der Egel, unter anderem Gerinnungshemmer, Vasodilatatoren und eine Morphin-ähnliche Substanz. Denkbar seien aber auch eine Kontra-Irritation oder Hemmung nozizeptiver Afferenzen sowie eine lokale Entstauung und Lymphdrainage, dazu ein gewisser Placeboeffekt. "Und ist das Gelenk dann erst einmal wieder schmerzfrei, wird es auch mehr bewegt, was sich ebenfalls günstig auswirkt", so Dobos.
An möglichen unerwünschten Wirkungen nannte er Juckreiz und verzögerte Wundheilung, lokale Infektionen und Allergien. Kontraindiziert sei die Therapie vor allem bei Hämophilie- und Anämie-Patienten, Menschen mit Wundheilungsstörungen, diabetischer Polyneuropathie, PAVK im Spätstadium, unter Immunsuppression oder Antikoagulation.
Eine Sitzung kostet etwa 120 Euro und wird nach Angaben von Dobos bei stationärer Behandlung von den Kassen übernommen.
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