Kasuistik
Die Grillbürste als Gesundheitsgefahr
Bei akuten rechtsseitigen Unterbauchschmerzen und den typischen Zeichen bei der Palpation denken Ärzte schnell an eine Appendizitis. Manchmal zu schnell – das macht der Fall eines jungen Mannes aus den USA deutlich.
Veröffentlicht:COLUMBIA. Bei dem 20-jährigen Patienten deutete vieles auf eine akute Blinddarmentzündung hin: Die Schmerzen im rechten Unterbauch waren vier Stunden vor seinem Eintreffen in der Notaufnahme aufgetreten. Bei der körperlichen Untersuchung zeigte er Abwehrspannung und Loslassschmerz im rechten unteren Quadranten. Übelkeit und Fieber fehlten, dafür waren klassische Appendizitis-Zeichen – das Rovsing- und das Psoas-Zeichen – eindeutig positiv (Int J Surg Case Reports 2018; online 9. April).
Im Labor ergab sich eine Leukozytose mit Linksverschiebung. In der Ultraschalluntersuchung war der Blinddarm nicht sichtbar, man sah lediglich etwas Flüssigkeit im unteren Abdomen.
Die Ärzte führten daraufhin eine Kontrastmittel-CT durch, aber auch diese half bei der Ursachenfindung nicht weiter: Die Appendix war vom Durchmesser her normal, es gab keine Hinweise auf eine gastrointestinale Obstruktion, Hernie oder Aszites.
Laparoskopie bringt Ursache zu Tage
Nun entschloss man sich zu einer exploratorischen Laparoskopie. Hier stießen die Chirurgen auf den Übeltäter: einen etwa 2 cm langen, dünnen metallischen Fremdkörper, der den Dünndarm im Bereich des rechten unteren Quadranten perforiert hatte. Nun war klar, dass man auf eine offene Op umsteigen musste, um den perforierten Darmabschnitt mit dem Fremdkörper zu entfernen.
Nach überstandener Op erinnerte sich der Patient, dass er zwei Tage vor Einsetzen der Schmerzen gegrillte Hamburger gegessen hatte. Im Fleisch musste sich wohl eine Drahtborste von der Grillbürste versteckt haben, vermuteten die Ärzte. Jedenfalls passte das im Darm steckende Drahtstück zu dieser Annahme. Der junge Mann konnte zwei Tage nach dem Eingriff in gutem Allgemeinzustand nach Hause entlassen werden.
Treffsicherheit nur bei 70 Prozent
Dr. Jeremy M. Reeves und sein Team von der Palmetto Health Richland-Klinik in Columbia, South Carolina, weisen darauf hin, dass die diagnostische Treffsicherheit auf der Grundlage von Anamnese und körperlicher Untersuchung beim Verdacht auf akute Appendizitis lediglich bei 70 Prozent liegt.
Theoretisch könne eine Vielzahl von Pathologien mit ganz ähnlichen Symptomen und Befunden einhergehen. Die Differenzialdiagnose umfasst neben Magen-Darm-Infekten zum Beispiel auch die Nierenkolik, eine akute Verstopfung, einen Morbus Crohn sowie bei Frauen zusätzlich Ovartorsion, ektope Schwangerschaft, Ovarialzysten oder Endometriose.
Mit einer Sensitivität und Spezifität von 99 beziehungsweise 98 Prozent ist die CT zwar ein relativ zuverlässiges diagnostisches Hilfsmittel. Aber Ausnahmen bestätigen, wie dieser Fall belegt, auch hier die Regel.