Entbindung: Früher ging es schneller
Trotz des medizinischen Aufrüstens: Frauen liegen heutzutage wesentlich länger im Kreißsaal als früher als ihre Mütter. Die brauchten vor 50 Jahren im Schnitt zwei Stunden weniger für die Geburt.
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Guten Tag: Heutzutage dauert es bloß länger.
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BETHESDA (dk). Frauen brauchen heute deutlich länger, um ihre Kinder auf die Welt zu bringen, als noch vor 50 Jahren.
Bei der modernen Erstgebärenden dauert die Eröffnungsphase durchschnittlich 2,6 Stunden länger als zu Großmutters Zeiten, bei Zweitgebärenden 2 Stunden.
US-amerikanische Wissenschaftler verglichen die Daten von 39.491 Schwangeren aus den Jahren 1959 bis 1966 mit denen von 98.359 Schwangeren, die zwischen 2002 und 2008 ihre Kinder zur Welt gebracht hatten (AJOG 2012; online 12. März).
Bei allen Frauen verliefen die Geburten ohne Komplikationen: Sie begannen termingerecht, es waren ausschließlich Einlingsschwangerschaften, und alle Kinder lagen mit dem Kopf nach unten.
Der Generationenvergleich brachte mehrere Unterschiede zu Tage: Die modernen Mütter waren im Durchschnitt drei Jahre älter (26,8 ±6,0 vs. 24,1 ±6,0 Jahre) und brachten mehr Kilos auf die Waage als ihre Geschlechtsgenossinnen aus früheren Tagen.
Intensivere Geburtshilfe
Der Body-Mass-Index der Gebärenden stieg innerhalb der 50 Jahre von 23 auf 24,9. Ähnlich wie ihre Mütter wogen auch die "modernen" Babys bei der Geburt mehr, im Durschnitt 90 Gramm, kamen aber durchschnittlich fünf Tage früher zur Welt.
Die Entbindungspraxis veränderte sich ebenfalls: Während in den Jahren 1959 bis 1966 gerade mal 4 Prozent der Gebärenden eine PDA erhielten, nahm zwischen 2002 und 2008 bereits jede zweite von diesen Frauen eine Rückenmarksanästhesie in Anspruch.
Die Ärzte unterstützen in den Jahren 2002 bis 2008 deutlich mehr Geburten mit Oxytocin (31 Prozent versus 12 Prozent), als das früher der Fall war, und entschieden sich öfter für einen Kaiserschnitt (12 Prozent versus 3 Prozent).
Auf den ersten Blick scheint das höhere Alter der Mütter die längere Geburtsdauer zu erklären, erläutern die Autoren die Ergebnisse. Doch der Unterschied blieb, als das Alter in der Auswertung berücksichtigt wurde.
Die Dauer der Geburt müsse somit mit anderen Faktoren in Zusammenhang stehen, folgern die Studienautoren und haben die intensivierte Geburtshilfe in Verdacht. Sie fordern, die gängige Praxis in den Kreißsälen zu überdenken.