Spermienanalyse
Häufiger Sex bei Fertilitätsproblemen kein Nachteil
Klappt es nicht mit dem Kinderkriegen, weil die Qualität des Spermas zu wünschen übrig lässt, bringt eine längere Abstinenz vor dem Sex offenbar keine Vorteile: Zwar steigt dann das Ejakulatvolumen, nicht aber die Zahl der mobilen Spermien.
Veröffentlicht:SALT LAKE CITY. Haben Paare Probleme mit der Empfängnis, wird den Männern oft einige Tage Enthaltsamkeit vor dem Sex empfohlen. Das soll die Chancen auf eine erfolgreiche Befruchtung steigern, weil das Ejakulat dann deutlich mehr Spermien enthält.
Quantität ist jedoch nur die eine Seite der Medaille, natürlich kommt es auch auf die Qualität an, und die nimmt mit der Zeit eher ab. So machen radikale Sauerstoffspezies den einmal produzierten Spermien zu schaffen. Sind diese nicht mehr ganz frisch, akkumulieren DNA-Schäden, die wiederum die Chancen für eine erfolgreiche Schwangerschaft senken könnten.
So hat eine im vergangenen Jahr publizierte experimentelle Untersuchung belegt, dass bei einer Ejakulation nach elf Tagen Abstinenz das Samenvolumen rund doppelt so hoch und die Spermienzahl dreifach höher ist als nach einem Tag Pause. Allerdings erhöht sich auch rasch der Anteil der Spermien mit DNA-Schäden von rund 10 % nach zwei Tagen auf 20 % nach elf Tagen Abstinenz (wir berichteten). Die Autoren kamen daher zu dem Schluss, dass täglicher Sex wohl keinen negativen Einfluss auf die Spermienqualität hat, ganz im Gegenteil: Paaren mit Kinderwunsch seinen eher kurze Abstände beim Sex zu empfehlen.
Quantität nimmt zu, Qualität ab
An der Studie aus 2016 nahmen jedoch nur Männer mit normaler Spermienzahl teil. Möglicherweise lassen sich die Erkenntnisse nicht auf Männer mit Oligozoospermie übertragen.
Wissenschaftler um Dr. Sorena Keihani von der Universität in Salt Lake City schauten daher in der Datenbank ihrer Fruchtbarkeitsklinik nach Hinweisen, wie sich Abstinenzperioden auf die Spermienzahl und -qualität bei Männern mit Normo- und Oligozoospermie auswirken. Dazu konnten die Forscher Angaben von rund 12.000 Samenspendern auswerten, bei denen zwischen 2002 und 2013 die Spermaqualität routinemäßig untersucht worden war. Die Männer mussten auch angeben, wie lange sie vor der Ejakulation abstinent gewesen waren und ob Fruchtbarkeitsprobleme bestanden. Ihre neuen Ergebnisse publizierten sie vor Kurzem in der Fachzeitschrift Urology (doi: 10.1016/j.urology.2017.06.045)
Eine Spermiendichte unter 15 Millionen pro ml wurde als oligozoosperm betrachtet, dies betraf etwa 2000 der Männer (16,5 %). Im Schnitt waren die Samenspender 32 Jahre alt und im Median vor der Spende vier Tage abstinent.
Bei den normozoospermen Männern zeigte sich das gewohnte Bild: Das Ejakulationsvolumen stieg mit der Abstinenzdauer, und zwar von im Schnitt 2,7 ml bei zwei oder weniger Tagen auf 3,6 ml bei acht und mehr Tagen. In ähnlichem Ausmaß nahmen Spermiendichte und Spermienzahl zu. Auch die Gesamtzahl der beweglichen Spermien erhöhte sich – von 122 Millionen nach bis zu zwei Tagen Abstinenz auf 194 Millionen nach acht und mehr Tagen. Der Anteil der beweglichen Spermien nahm in diesem Zeitraum jedoch von 61 auf 55 % ab, die der progressiv beweglichen von 51 auf 46 %. In ähnlichem Maße verschlechterte sich die Vitalität (von im Schnitt 57 auf 50%).
Kein Vorteil der Sex-Abstinenz
Die Patienten mit Oligozoospermie waren im Schnitt gleich alt wie die mit Normozoospermie. Auch hier stieg mit der Dauer der Abstinenz das Ejakulatvolumen. Bei anderen Parametern – etwa Spermienkonzentration, Gesamtzahl der Spermien oder Zahl der beweglichen Spermien – gab es jedoch allenfalls geringe, nichtsignifikante Verbesserungen. Wie bei den normozoospermen Männern verschlechterten sich mit der Abstinenzzeit jedoch signifikant einige Qualitätsparameter: Die Vitalität lag nach bis zu zwei Tagen bei 39 %, nach fünf bis sieben Tagen bei 33 %. Der Anteil der beweglichen Spermien sank von 38 % nach bis zu zwei Tagen auf 27 % nach acht und mehr Tagen, der Anteil progressiv beweglicher Spermien nahm entsprechend von 26 auf 17% ab.
Lange zu warten scheint bei Oligozoospermie die Spermienquantität kaum zu verbessern, die Qualität aber deutlich zu verschlechtern. Die von der WHO empfohlene Abstinenzzeit von zwei bis sieben Tagen bei Fertilitätsproblemen ist nach Auffassung der US-Urologen nicht gerade vorteilhaft, sie sollte daher entsprechend angepasst werden.
Vor allem bei Methoden zur künstlichen Befruchtung wie ICSI und IMSI, bei denen es weniger auf Quantität, sondern auf Qualität ankommt, seien möglichst kurze Abstinenzperioden zu bevorzugen.