Herzinsuffizienz

Hilft moderater Alkoholgenuss bei der Prävention?

Ob das gelegentliche Glas Wein oder Bier gut fürs Herz ist, darüber scheiden sich seit Jahren die Geister. Zumindest was die Herzinsuffizienz angeht, sprechen aktuelle Daten aus den USA für einen moderaten Alkoholkonsum.

Peter OverbeckVon Peter Overbeck Veröffentlicht:
Schadet oder nützt das gelegentliche Glas Rotwein der Herzgesundheit? Dieses Thema hält seit Jahren die Forschung auf Trab.

Schadet oder nützt das gelegentliche Glas Rotwein der Herzgesundheit? Dieses Thema hält seit Jahren die Forschung auf Trab.

© Kzenon / fotolia.com

BOSTON. Alkohol und Herzgesundheit - dieses Thema hält als Dauerbrenner nicht zuletzt die epidemiologische Forschung auch weiterhin auf Trab.

Diese Forschungsrichtung hat bereits einiges an Daten zusammengetragen, die insgesamt dafür zu sprechen scheinen, dass moderater Alkoholkonsum mit einem niedrigeren Risiko für kardiovaskuläre und speziell koronare Erkrankungen assoziiert ist.

Sollte an der protektiven Wirkung gegen KHK und Herzinfarkt wirklich etwas dran sein, ließe dies eine günstige Wirkung auch auf das Risiko für Herzinsuffizienz erwarten. Eindeutig belegen lässt sich das mit wissenschaftlichen Daten bislang allerdings nicht.

Ebenso ist denkbar, dass direkte toxische Effekte des Alkohols bei längerfristigem Konsum das Myokard schädigen und dessen Kontraktilität einschränken.

Daten aus der ARIC-Studie

Wegen bestehender Unklarheiten hat eine Forschergruppe um Dr. Scott Solomon aus Boston die Assoziation von Alkoholkonsum und Herzinsuffizienz jetzt einmal genauer unter die Lupe genommen (European Heart Journal 2015, online 19. Januar).

Die Gruppe nutzte dazu epidemiologische Daten von Teilnehmern der US-amerikanischen ARIC-Studie (Atherosclerosis Risk in Communities).

In diese Studie sind zwischen 1987 und 1989 insgesamt knapp 15.800 Personen mittleren Alters (45 bis 64 Jahre) aufgenommen worden, von denen 14.629 im Fokus der aktuellen Analyse standen.

Bei regelmäßigen Befragungen der Teilnehmer durch Interviewer waren unter anderem auch Daten zum Alkoholkonsum erhoben worden.

Auf Basis der Angaben aus den Befragungen errechneten die Untersucher die Anzahl der über knapp neun Jahre pro Woche konsumierten "Drinks".

Bezogen auf Bier, Wein oder Spirituosen enthielt ein "Drink" jeweils die Menge von 12 g Alkohol, was beispielsweise knapp 0,4 Liter Bier entspricht.

Bei den Befragungen gaben 61 Prozent aller Personen an, keinen Alkohol zu konsumieren. Davon praktizierten 42 Prozent völlige Abstinenz, während 19 Prozent sich als ehemalige Alkoholtrinker zu erkennen gaben.

Ein Viertel (25 Prozent) der Teilnehmer pflegte moderaten Konsum (bis zu sieben Drinks pro Woche), bei 8 Prozent (7 bis 14 Drinks) sowie bei jeweils 3 Prozent (14 bis 21 Drinks bzw. mehr als 21 Drinks) floss mehr Alkohol durch die Kehle.

Die Dauer der Nachbeobachtung betrug im Schnitt rund 24 Jahre. In dieser Zeit wurde bei 1271 Männern und 1237 Frauen eine neu aufgetretene Herzinsuffizienz diagnostiziert.

Ein Gläschen pro Tag protektiv?

In Relation zum Alkoholkonsum zeigte die Inzidenzkurve dabei einen J-förmigen Verlauf. Denn nicht etwa überzeugte Abstinenzler, sondern Personen mit moderatem Alkoholkonsum (bis zu sieben Drinks pro Wochen) hatten das relativ niedrigste Risiko.

In dieser Gruppe war die Inzidenz der Herzinsuffizienz signifikant um 20 Prozent niedriger als in der jeden Alkoholgenuss ablehnenden Gruppe. Dies gilt vor allem für Männer, während die Assoziation bei Frauen nach Angaben der Autoren statistisch nicht so "robust" war.

Stärkerer Alkoholkonsum war im Vergleich zur Abstinenz zumindest nicht mit einer signifikanten Zunahme des Herzinsuffizienz-Risikos assoziiert.

Allerdings war die Mortalität in der kleinen Subgruppe, die sehr ausgiebig dem Alkohol zusprach, bei Männern und Frauen erhöht.

Die Assoziation von moderatem Alkoholkonsum und niedrigerem Herzinsuffizienz-Risiko war unabhängig von Faktoren wie KHK, Herzinfarkt, Hypertonie und Diabetes.

Dies spricht nach Ansicht der Autoren dagegen, dass sich das niedrigere Risiko mit günstigen Effekten des Alkohols auf den Blutdruck oder auf die Entwicklung der Atherosklerose hinreichend erklären lässt.

Somit sehen sie bezüglich der Mechanismen, die der vermeintlich protektiven Wirkung des Alkohols auf Herz und Gefäße zugrundeliegen, weiter Klärungsbedarf.

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Kommentare
Dr. Wolfgang P. Bayerl 08.02.201517:08 Uhr

und das "French paradox" zeichnet sich aus,

durch eine deutlich höhere Rate an Lebercirrhose.

Dr. Wolfgang P. Bayerl 08.02.201517:04 Uhr

@Steffen Jurisch zum "tierischen Eiweiß" fragen Sie einen Medizinstudenten!

"Der Stoffwechsel" hat am wenigsten zu arbeiten, wenn alles in richtiger Menge und Zusammensetzung angeboten wird. Bei Eiweiß nennt man das die "biologische Wertigkeit", ein Maß für die Menge an Nahrungseiweiß, die in der Lage ist, 100g Körpereiweiß zu synthetisieren. (Also immer unter 100).
Da man das schlecht messen kann, nimmt man dazu entweder die genaue Aminosäurezusammensetzung, die ist bekannt, aber auch etwas aufwendig, oder das höchstwertige "Referenzprotein", zufällig das Ei und ganz sicher KEINE PFLANZE! Wer Muskel kriegen will muss Muskel essen, so einfach ist das.
Noch genauer als beim Mensch, weis das der holländische Schweinezüchter, der mit Unterstützung der holländischen Uni-Wissenschaftler zum minderwertigen "vegetarischen" Futter tatsächlich fehlende (teure!!) Aminosäuren zufüttert und damit gleichzeitig weniger Koot - Mengen zu bewältigen hat.

fazit:
naheliegend "belastet" also tierisches Eiweiß den Menschen weniger als pflanzliches Eiweiß,
wobei sich das Problem dann richtiger Weise auf die zugeführte Menge reduziert hat.
Am "leichtesten" werden im Stoffwechsel Kohlenhydrate (Zucker) verarbeitet.
Und hier wird gleichzeitig das Mengenproblem am deutlichsten.

Was ich am Alkohol als Arzt EINZIG positiv bewerten könnte, ist eine gewisses psychologisch-emmotionales Benefit im lockeren geselligen Beisammensein.
Der Stoffwechsel bringt beim Alkohol ganz sicher NICHTS. Aber ein kleines bischen Gift verkraftet er,
siehe Kollege Schätzler.

mfG


Dr. Thomas Georg Schätzler 07.02.201517:59 Uhr

"One drink a day ..."

Nach wie vor gilt nicht nur zur Prävention von Herzinsuffizienz, sondern auch bei KHK, Hypertonie, metabolischem Syndrom, COPD und Diabetes mellitus:

"One drink a day, keeps the doctor away" - auch als "French paradox" bekannt!

K l e i n e Mengen täglich sind gemeint: 125 ml bzw. 1/8 Liter Wein mit 13 Vol. % ergeben 13 Gramm reinen Alkohol. Auch maximal e i n e kleine 0,33 ltr. Bierflasche ist als eine d u r c h s c h n i t t l i c h e Tagesdosis unbedenklich.

Für alles, was darunter oder darüber liegt, ebenso wie für tierische Proteine bzw. Vegetarismus, ist die internationale Studienlage vollkommen uneindeutig.

Mf+kG, Dr, med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

Steffen Jurisch 04.02.201508:50 Uhr

die plage mit dem Reduktionismus

ist doch immer wieder, dass bei solchen Studien das gesamte Umfeld und vor allem der Rest der Ernährung völlig aussen vor gelassen wird, so als ob dies keinerlei Einfluss auf die Entstehung einer Herzinsuffizienz hätte.
Wir leben aber nicht im luftleeren Raum, wir essen täglich, in der Regel 3 Mahlzeiten. Was sich sagen will ist, dass ein Mensch, der sich übersiegend Omnivore ernährt und keinen Alkohol trinkt auch eine Herzinsuffizienz zulegen kann, während ein sich ansonsten gesund reich pflanzlich sich ernährender Mensch mit moderatem Alkoholkonsum durchaus dem entgehen kann, weil der Körper sich eben mehr oder ausschließlich dem Abbau des Giftes Alkohol widmen kann und nicht nicht andere Baustellen bedienen muss, wie eben tierisches Protein, um nur eines zu nennen… ;-)

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