Befragung

Mehrheit der Schulkinder hat Kopfweh

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Kopfschmerzen werden als "echte" Krankheit wahrgenommen, betont die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN).

Kopfschmerzen werden als "echte" Krankheit wahrgenommen, betont die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN).

© tzidanic / iStock / Thinkstock

BERLIN. Mehr als zwei Drittel der Kinder und Jugendlichen in Deutschland haben regelmäßig Kopfschmerzen.

Bei den Oberschülern liegt der Anteil sogar bei fast 80 Prozent, wie eine Untersuchung ergeben hat (Cephalalgia 2019; 39:1030-1040). Einen Arzt suchten jedoch nur die wenigsten auf.

„Das zeigt, dass Kopfschmerzen in unserer Gesellschaft nicht als ‚echte‘ Krankheit wahrgenommen werden“, heißt es in einer Mitteilung der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) zu der Studie.

Dabei stellten Kopfschmerzen bereits im Kindes- und Jugendalter ein relevantes Gesundheitsproblem dar und sollten rechtzeitig von einem Arzt behandelt werden.

Über 5000 Schüler befragt

Zwischen März 2015 und März 2016 wurden 5419 Schüler befragt, die in Dresden eine Grund- oder weiterführend Schule besuchten. 2706 beantworteten den Fragebogen und gaben ihn zur Auswertung ab. Erhoben wurde, wie oft in den vergangenen drei Monaten Kopfschmerzen auftraten, in welcher Stärke und welche Maßnahmen ergriffen wurden.

Nur knapp 32 Prozent der Befragten gaben an, gar nicht an Kopfschmerzen zu leiden, fast 37 Prozent hatten einmal pro Monat Kopfschmerzen, knapp 32 Prozent sogar mehr als zweimal im Monat.

Die letztgenannte Gruppe wurde noch weiter untersucht: 55 Prozent hatten an 2-5 Tagen pro Monat Kopfschmerzen, 27 Prozent an 5-10 Tagen. 7 Prozent gaben sogar an, an mehr als 15 Tagen pro Monat unter Kopfschmerzen zu leiden.

Auffällig war zudem, dass die Kopfschmerzhäufigkeit mit der Schulform variierte: In Grundschulen hatten fast 64 Prozent der Schüler regelmäßig Kopfschmerzen, in den Gymnasien fast 68 und in den weiterführenden Regelschulen nahezu 80 Prozent. Mädchen waren insgesamt häufiger betroffen als Jungen.

Nur selten zum Arzt

624 Kinder und Jugendliche gaben an, Schmerzmedikamente oder homöopathische Mittel gegen Schmerzen einzunehmen, bei akuten Kopfschmerzattacken waren die am häufigsten verwendeten Mittel Ibuprofen (49 Prozent) und Paracetamol (32 Prozent).

In der Gruppe, die einmal im Monat unter Kopfschmerzen litt, nahm knapp ein Fünftel Schmerzmittel ein, in der Gruppe, die mehr als zweimal im Monat unter Kopfschmerzen litt, gab fast die Hälfte an, regelmäßig Schmerzmittel einzunehmen.

Auffällig war, dass fast alle Kinder, die nur einmal im Monat Kopfschmerzen hatten, und etwa 80 Prozent derjenigen, die mehr als zweimal im Monat Kopfschmerzen hatten, keinen Arzt konsultiert hatten.

Professor Hans-Christoph Diener von der DGN sieht hier eine Fehlentwicklung. „Die Werbung der Schmerzmittelhersteller suggeriert, dass jeder seine Kopfschmerzen selbst therapieren kann und man keine Diagnose vom Arzt benötigt. Das ist sicher falsch, eine Migräne wird anders behandelt als ein Clusterkopfschmerz“, wird Diener in der Mitteilung zitiert.

Auch warnt er vor einer unbedachten Schmerzmitteleinnahme, da Kopfschmerzmedikamente, wenn sie häufig eingenommen werden, bekanntlich ihrerseits Kopfschmerzen verursachen und verstärken können. „Im Kindesalter wird oft schon der Grundstein für eine laxe Haltung gegenüber Schmerzmitteln gelegt, die dann in späteren Lebensphasen zum Schmerzmittelübergebrauch führen kann“, so Diener.

Ernst zu nehmende Krankheit!

Studienautorin Privatdozentin Dr. Gudrun Goßrau betont, dass die mangelnde Bereitschaft, sich ärztlich behandeln zu lassen, auch Ausdruck eines fehlenden Bewusstseins für Kopfschmerzen als ernst zu nehmende Krankheit in unserer Gesellschaft sei. So habe die Studie auch ergeben, dass über ein Fünftel aller Kinder und Jugendlichen, die mehr als zweimal im Monat Kopfschmerzen hatten, wegen Kopfschmerzen häufiger in der Schule fehlen.

„Oft führen Kopfschmerzen dann in einen Teufelskreis. Schulfehltage können zu Leistungsabfall, Schulversagen, Schulangst führen, viele betroffene Kinder isolieren sich sozial, auch die Gefahr einer Depression ist erhöht“, berichtet Goßrau. Umso wichtiger seien eine rechtzeitige ärztliche Diagnose und individuelle Therapie.

Professor Ulrike Schara, Präsidentin der Gesellschaft für Neuropädiatrie, weist darauf hin, dass für den Anstieg der Kopfschmerzrate bei Kindern in den letzten Jahren eher keine genetischen Faktoren verantwortlich zu machen sind. Vielmehr dürften Lebensstilfaktoren eine wesentliche Rolle spielen.

„Neben Alkohol, Koffein, Rauchen und Bewegungsarmut gelten vor allen Schulstress und emotionaler Stress (etwa durch Familienkonflikte) als häufige Kopfschmerzursachen. An diesen Punkten muss eine gesamtgesellschaftliche Präventionsstrategie ansetzen“, so Schara. (eb)

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