COPD oder Schlafapnoe

Mittagsschlaf - und das Ende naht

Wer das dringende Bedürfnis verspürt, sich mittags hinzulegen, der sollte sich schon mal Gedanken um sein Testament machen: Denn der Mittagsschlaf ist offenbar Vorbote eines nahenden Todes.

Von Thomas Müller Veröffentlicht:
Nickerchen eines älteren Herren: Wollte oder musste er sich hinlegen?

Nickerchen eines älteren Herren: Wollte oder musste er sich hinlegen?

© Yuri Arcurs / thinkstockphotos

CAMBRIDGE. Der Tod macht müde. Zumindest tagsüber. Wer mittags so schläfrig wird, dass er sich hinlegen muss, spürt bereits den Hauch des Sensenmanns. So ähnlich muss man wohl die Ergebnisse britischer Forscher interpretieren, die sich den Zusammenhang zwischen Mittagsschlaf und der noch verbleibenden Lebenszeit angeschaut haben.

Die Forscher um Yue Leng von der Universität in Cambridge kamen dem im Nickerchen lauernden Tod auf die Spur, in dem sie Angaben von über 16.300 Briten aus der großen prospektiven Kohortenstudie EPIC analysierten.

Die Teilnehmer wurden zur Jahrtausendwende unter anderem gefragt, ob sie sich tagsüber regelmäßig ein Nickerchen gönnen, und falls ja, ob es mehr oder weniger als eine Stunde dauert. Mit einem durchschnittlichen Alter von 62 Jahren war ein Großteil bereits in Rente und sollte zumindest genug Zeit für eine ausgiebige Siesta haben.

Tatsächlich legten sich 37 Prozent der befragten Männer und 24 Prozent der Frauen tagsüber regelmäßig zum Schlafen hin, 90 Prozent blieben dabei jedoch unter einer Stunde (Am J Epidemiol 2014; online 30. März).

Sterberate um die Hälfte erhöht

In einem zweiten Schritt analysierten die Wissenschaftler nun die Sterberate bei Tagesschläfern und reinen Nachtschläfern über die folgenden 13 Jahre hinweg. Insgesamt starb in dieser Zeit jeder fünfte Teilnehmer.

Wie sich herausstellte, war die Sterberate bei den Teilnehmern mit weniger als einer Stunde Mittagsschlaf um 22 Prozent und bei denen mit mehr als einer Stunde sogar um 54 Prozent höher als bei denjenigen, die tagsüber stets wach blieben.

Ein Großteil dieses Unterschiedes ließ sich jedoch damit erklären, dass sich viele der Tagesschläfer in einem erbärmlichen gesundheitlichen Zustand befanden: Übergewicht war bei ihnen etwa ein Viertel häufiger nachweisbar, zwei Drittel waren körperlich völlig inaktiv, dafür rauchten sie doppelt so häufig wie Teilnehmer ohne Nickerchen und mehr als doppelt so häufig wie diese bezeichneten sie ihren Gesundheitszustand als mies, entsprechend hatten auch doppelt so viele ernsthafte oder lebensbedrohliche Erkrankungen wie KHK, Krebs, Asthma oder COPD.

Wurde dies nun alles berücksichtigt, dann liest sich das Ergebnis schon weniger dramatisch: Die Sterberate bei einem Mittagsschlaf von weniger als einer Stunde war dann nur noch um 14 Prozent erhöht, bei einer längeren Schlafdauer um 32 Prozent.

Schauten sich die Forscher nun einzelne Todesursachen an, dann gab es nur noch eine erhöhte Sterberate für respiratorische Erkrankungen. Sie war bei einem täglichen Nickerchen von weniger als einer Stunde um 40 Prozent und bei längerem Schlaf um knapp 160 Prozent erhöht.

Unentdeckte COPD als Ursache?

Wie lassen sich nun die Ergebnisse erklären? Ganz offensichtlich sind es in unserem Kulturkreis eher multimorbide ältere Menschen mit chronischen, die Lebenszeit verkürzenden Erkrankungen, die mittags so müde werden, dass sie sich hinlegen müssen.

Nicht selten verbirgt sich hinter dieser Müdigkeit auch eine bisher nicht erkannte COPD oder eine Schlafapnoe, vermuten die Studienautoren. Die Frage, ob jemand einen Mittagsschlaf benötigt, weil er tagsüber so müde wird, könnte für die Diagnostik daher wichtig sein. Bei Schlafapnoe gibt es zudem einen direkten Zusammenhang zwischen gestörtem Nachtschlaf, Tagesmüdigkeit und Sterberate.

Interessant ist auch, dass die Sterberate bei unter 65-jährigen und noch berufstätigen Tagesschläfern viel stärker erhöht war als bei den Rentnern mit Mittagsschlaf.

Aber auch das ist letztlich nicht erstaunlich: Wer bereits in noch relativ jungen Jahren tagsüber so müde wird, dass er sich hinlegen muss, hat wohl tatsächlich ein ernstes Gesundheitsproblem, wohingegen so mancher Rentner mittags schläft, weil er gerade nichts Besseres zu tun hat. Insofern steht natürlich nicht bei jedem der Tod auf der Schwelle, der sich ein Nickerchen gönnt.

Ganz anderes wäre die Untersuchung wohl in südeuropäischen Ländern ausgefallen, in denen die Siesta zur Kultur gehört. Tatsächlich gibt es auch Untersuchungen aus solchen Ländern. Und da scheint der Mittagsschlaf der Gesundheit eher gut zu tun. Es kommt eben darauf an, ob man mittags schlafen will oder muss.

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Kommentare
Prof. Dr. Roland Gorges 10.04.201413:16 Uhr

Mittagsschlaf - und das Ende naht???

Dieser Titel verdient kein Ausrufezeichen, sondern mehrere Fragezeichen.
Ich selbst (75 J.) müsste dann schon sehr lange im Grab liegen.
Seit meiner Schulzeit mache ich - wenn möglich täglich - einen Mittagsschlaf. Bis jetzt ist es mir ganz gut bekommen. Meine Mutter konnte erst ab ca. 60 Jahren sich regelmäßig zur Mittagsruhe hinlegen. Sie hat das erfreuliche Alter von 96 Jahren erreicht. Das sind nur zwei Einzelbeispiele, die sich vermutlich aber noch in ihrer Anzahl erheblich erweitern ließen.
Also bitte nicht mit solchen Schlagzeilen den Leuten Angst einjagen. In dem Artikel selbst werden die Untersuchungsergebnisse ja ohnehin stark relativiert.

Prof. Roland Gorges

Norbert Meyer 10.04.201413:14 Uhr

Fit wie immer

Seit 1965 dem (Grundwehrdienst) schlafe ich mittags immer, aber Nachts nur ca. 4- 6 h . ca. ab 03.00h springe Ich umher und arbeite mit 70 J. immer noch voll !

Dirk Hansen 10.04.201410:25 Uhr

Tagesmüdigkeit, Ursachen bekannt?

Meinen Recherchen nach ist der Themenkomplex Schlafapnoe/Tagesmüdigkeit noch ein weites Forschungsfeld. Ein Beispiel: Eine unentdeckte Hausstaub-/Milbenallergie, die nachts zu geschlossenen Atemwegen führt und zu Apnoe und häufigem Erwachen, wirkt sich tagsüber aus. Welche Chance hat der Patient, dass er bei den richtigen Behandlern landet, wenn er Tagesmüdigkeit/Sekundenschlaf als Problem schildert?

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