Nierenspende
Mortalitätsrate für ältere Spender nicht erhöht
Altere Menschen können ohne besondere Gesundheitsrisiken eine Niere spenden. In einer Kohortenstudie waren in den Jahren danach weder die Mortalität noch die Rate der Herz-Kreislauf-Erkrankungen nennenswert erhöht.
Veröffentlicht:PHILADELPHIA. Im Alter nimmt die Nierenfunktion, gemessen als glomeruläre Filtrationsrate (GFR), bei vielen Menschen deutlich ab. Wie die NHANES-Studie gezeigt hat, steigt die Prävalenz einer chronischen Nierenerkrankung von 0,7 Prozent in der Gruppe der 20- bis 39-Jährigen auf 37,8 Prozent bei Menschen jenseits der 70.
Aber auch gesunde Senioren weisen einen reduzierten renalen Plasmafluss (RPF), einen erhöhten Gefäßwiderstand sowie eine Erhöhung der Filtrationsfraktion (GFR/RPF) auf.
Bei Personen über 55, die eine Niere spenden wollen, besteht daher die Sorge, dass das verbleibende Organ möglicherweise nicht in der Lage ist, die erforderliche Hyperfiltration zu bewältigen, und dass dies zu einem erhöhten Risiko beispielsweise für Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen könnte.
Wie eine große Kohortenstudie aus den USA nahelegt, sind diese Bedenken jedoch offenbar unbegründet: Die Forscher um Peter P. Reese von der University of Pennsylvania hatten 3368 Nierenspender (Durchschnittsalter: 59 Jahre) über im Schnitt 7,8 Jahre nachbeobachtet und mit einer altersangepassten Kontrollgruppe im Zahlenverhältnis 1:1 verglichen (American Journal of Transplantation, online 9. Juli 2014).
In dieser Beobachtungszeit unterschieden sich die Mortalitätsraten in beiden Gruppen nicht nennenswert. Von den Spendern waren 115 gestorben, in der Vergleichsgruppe 152. Das relative Sterberisiko nach Nierenspende lag zum Ende des Follow-up bei 0,90.
Die Daten der Spender stammen aus dem US-Transplantationsregister OPTN/UNOS (Organ Procurement and Transplantation Network/United Network for Organ Sharing). Als Kontrollen dienten gesunde Teilnehmer der Health and Retirement Study (HRS).
Ebenso hohe Lebenserwartung bei älteren Spendern
Auch beim zweiten Endpunkt, Zeit bis zum Tod kombiniert mit kardiovaskulärer Erkrankung, registrierte das Team aus Nephrologen und Statistikern keinen Unterschied zwischen den beiden Gruppen (HR 1,02).
Wenngleich die Nierenspender im untersuchten Zeitraum etwas häufiger beim Arzt gewesen waren, hatten sie kein erhöhtes Risiko für Begleiterkrankungen wie Diabetes, Hypothyreose oder Arthrose. Lediglich die Hautkrebsinzidenz war gestiegen (HR 1,53).
Auch bei einer Subgruppe von Spendern über 60 Jahren hatte die Nierenspende offenbar keinen negativen Einfluss auf die Lebenserwartung. Im Gegenteil: Im Beobachtungszeitraum war das Sterberisiko sogar leicht erniedrigt.
Wer sich im höheren Alter für eine Nierenspende entscheidet, kann nach Reese und Kollegen also beruhigt sein: "Ältere Spender", so die Forscher "können mit einer ebenso hohen Lebenserwartung rechnen wie gesunde Menschen gleichen Alters." Offenbar entwickeln nur wenige Spender eine fortgeschrittene Nierenerkrankung.
Dies hängt sicher auch damit zusammen, dass die Kandidaten für die Lebendspende routinemäßig eine Reihe von Untersuchungen absolvieren müssen: Dazu gehören Leber- und Lungenfunktionstests, ein EKG, ein CT-Screening sowie ein Screening auf blutübertragene Infektionen wie Hepatitis und HIV. Die Patienten in der Studie profitierten damit klar von einem Selektionsbias.