Ab zum Schwitzen

Saunieren schützt vor Schlaganfall

Möglicherweise beugt häufiges Saunieren Hirninfarkten vor. In einer finnischen Studie war die Schlaganfallrate bei Saunafans um 60 Prozent reduziert – dafür mussten Saunagänger aber einen Faktor beherzigen.

Von Thomas Müller Veröffentlicht:
Saunieren stimuliert möglicherweise das Immunsystem und verbessert die Funktion des autonomen Nervensystems.

Saunieren stimuliert möglicherweise das Immunsystem und verbessert die Funktion des autonomen Nervensystems.

© Monika Olszewska / stock.adobe.com

BRISTOL. Keine Woche ohne Sauna – viele Finnen können sich ein Leben ohne das schweißtreibende Vergnügen bei 80 bis 100°C kaum vorstellen. Wird also in Finnland eine Studie zum gesundheitlichen Nutzen des Saunierens gemacht, kann es nicht darum gehen, Saunfans und -abstinenzler zu vergleichen, denn Letztere wird man in Finnland kaum finden, sondern Wenig- und Viel-Saunierer.

Zu den Wenig-Saunierern zählten in einer prospektiven Studie aber schon Finnen, die sich nur einmal pro Woche in die Hitze trauten. Im Vergleich zu diesen war die Schlaganfallrate bei Finnen, die täglich oder jeden zweiten Tag eine Sauna aufsuchten, um mehr als 60 Prozent reduziert.

Studie mit 1628 Saunagängern

Für die Studie hatten Ärzte um Dr. Setor Kunutsor vom Bristol Biomedical Research Centre 1628 ältere Saunagänger in einer prospektiven Kohortenstudie im Median knapp 15 Jahre nachbeobachtet (Neurology 2018; online 2. Mai). Die Teilnehmer waren zu Beginn im Schnitt 63 Jahre alt und gingen zweimal wöchentlich in die Sauna. 27 Prozent taten dies nur einmal pro Woche, 61 Prozent zwei- bis dreimal und immerhin 12 Prozent vier- bis siebenmal.

Die Vielsaunierer waren im Schnitt drei Jahre jünger als die übrigen, häufiger Männer, zudem gaben sie an, deutlich mehr Alkohol zu trinken (72 vs. 46 g/Woche), dafür rauchten sie seltener und waren körperlich etwas aktiver. Bei sonstigen kardiovaskulären Risikofaktoren wie LDL-, Nüchternglukose- und Triglyzeridwerten unterschieden sie sich hingegen nur wenig, bestehende kardiovaskuläre Erkrankungen wurden bei ihnen ebenfalls nicht häufiger erfasst, auch benötigten sie nicht öfter Herz-Kreislauf-Medikamente zum Studienbeginn.

Im Laufe der 15 Nachbeobachtungsjahre ereigneten sich 129 ischämische und 34 hämorrhagische Insulte. Bezogen auf 1000 Personenjahre kam es in der Gruppe mit nur einer Saunasitzung pro Woche zu 8,1 Schlaganfällen, 7,4 waren es bei zwei bis drei Sitzungen pro Woche und nur 2,8 in der Gruppe der Hochfrequenzsaunierer.

Berücksichtigten die Ärzte um Kunutsor sämtliche bekannten Schlaganfallrisikofaktoren wie Alter, Geschlecht, Lipid-, Glukose- und Blutdruckwerte sowie körperliche Aktivität, Alkohol- und Tabakkonsum, kamen sie auf eine um 62 Prozent geringere Schlaganfallrate in der Gruppe mit vier bis sieben Saunabesuchen pro Woche – verglichen mit Teilnehmern, die sich der Hitze nur einmal pro Woche aussetzten.

Das Forscherteam fand sowohl weniger ischämische also auch weniger hämorrhagische Insulte unter den Vielsaunierern, signifikant war der Zusammenhang aber nur für die wesentlich größere Zahl der ischämischen Schlaganfälle.

Erklärungsversuche

Wie lassen sich die Resultate nun erklären? Zunächst ist es gut möglich, dass die relativ geringe Zahl der Vielsaunierer und die noch wesentlich geringere Zahl der Schlaganfälle in dieser Gruppe das Ergebnis verzerrt haben. Auch liegt der Verdacht nahe, dass nur sehr gesunde Menschen täglich in die Sauna gehen.

Trotz aller Adjustierungen für Begleitfaktoren sind die Resultate also mit Vorsicht zu genießen. Für einen kausalen Zusammenhang sprechen immerhin Interventionsstudien, in denen sich durch das Saunieren Blutdruck und diverse kardiovaskuläre Funktionen verbessern ließen.

Möglicherweise führt die Hitze in der Sauna nicht nur zu einer systemischen Blutdrucksenkung, sie könnte auch das Immunsystem stimulieren, den oxidativen Stress senken oder die Funktion des autonomen Nervensystems verbessern, mutmaßen Kunutsor und Mitarbeiter.

Sauna ist nicht für jeden was

In einem Editorial geben Neurologen um Dr. Josef Heckmann von der Klinik in Landshut jedoch zu bedenken, dass die Sauna nicht für jeden geeignet ist. Bei Fieber und akuten Infekten, schwerwiegenden Herzerkrankungen oder ausgeprägten Aortenstenosen sowie nach kürzlich erlittenem Schlaganfall oder einer TIA sollten Patienten diese Form der Hitzeexposition eher meiden.

Zudem könne falsches Saunieren das Schlaganfallrisiko erhöhen – etwa dann, wenn nicht genug Wasser getrunken oder der Flüssigkeitsverlust mit Alkohol kompensiert werde.

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Kommentare
Dr. Annelie Weiske 19.05.201818:41 Uhr

Anzahl und Dauer der Saunagänge

Interessant wäre in diesem Zusammenhang noch zu wissen, wieviele Saunagänge und welcher jeweiligen Dauer die Teilnehmer absolvierten (bei 80-100°C). Ebenfalls die Frage, ob durchgängig ganzjährige, oder ob auch Saunagänge nur im Winterhalbjahr einen Effekt zeigten.
#!: Was die "Vergleichsgruppe" in Finnland angeht, gebe ich Herrn Schätzler absolut recht.
Dr. rer. nat. Annelie Weiske

Dr. Thomas Georg Schätzler 18.05.201813:56 Uhr

Eine Follow-Up-Studie ist keine echte prospektive Studie!

Der Titel der Publikation: "Sauna bathing reduces the risk of stroke in Finnish men and women - A prospective cohort study" von Setor K. Kunutsor et al. ist schon "overexaggerating".
http://n.neurology.org/content/early/2018/05/02/WNL.0000000000005606

Denn in den Schlussfolgerungen ist bei der untersuchten Kohorte nur noch von "follow-up study" die Rede: "Conclusions - This long-term follow-up study shows that middle-aged to elderly men and women who take frequent sauna baths have a substantially reduced risk of new-onset stroke."

Hier wurde ohne valide Ausgangshypothese im trüben Daten-Rohmaterial der "Finnish Kuopio Ischemic Heart Disease prospective cohort study" gefischt, um ex-post möglichst spektakuläre Ergebnisse zu generieren. Die eingangs erhobenen Sauna-Gewohnheiten wurden im Langzeit-Beobachtungsverlauf gar nicht erneut überprüft, damit das von vorneherein bereits feststehende Ergebnis gar nicht erst hinterfragt werden konnte.

Denn wer ausgerechnet in Finnland ungewöhnlich seltene Saunabesuche angibt, hat dafür gewöhnlich triftige Gründe wie Krankheitsdispositionen, gesundheitliche Risiken/Einschränkungen, Mobilitäts- oder Motivationsdefizite und weist zusätzliche Risikofaktoren für Schlaganfälle wie extreme Adipositas, Nikotin- und Alkoholabusus, Fehlernährung, metabolisches Syndrom und chronische Systemerkrankungen auf.

Diese entscheidenden Gründe für Schlaganfall-Risiko-Erhöhungen werden bei sehr häufigen Saunagängen bio-psycho-sozial ausgeblendet und führen systematisch zu einem besseren Outcome der Saunaliebhaber.

Alle anderen, die eine Saunatüre nicht mehr aufmachen können, bekommen häufiger Schlaganfälle. So einfach ist das!

Mf+kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

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