Schrittmacher senkt bei schwerer Hypertonie den Blutdruck
An beiden Karotiden werden Elektroden platziert. Die Steuerung erfolgt über einen Schrittmacher, der unter dem Brustbein implantiert wird.
HANNOVER (ner). Mit einer Art Schrittmacher (Impulsgenerator) wird derzeit versucht, bei Patienten mit schwerer, therapieresistenter Hypertonie den Blutdruck zu senken. Pilotstudien sind erfolgreich verlaufen. Die Medizinische Hochschule Hannover (MHH) ist als einziges deutsches Zentrum an einer internationalen Studie beteiligt.
Mit dem Gerät Rheos®-Hypertension (HT)-System eines US-Unternehmens stimulieren Internisten permanent die Barorezeptoren an beiden Karotissinusgabeln der Patienten. Dem Körper werde durch dieses Verfahren ein hoher Blutdruck signalisiert. Das wiederum löse über das Zentralnervensystem Gegenregulationsmechanismen aus, sagte Dr. Jan Menne von der MHH zur "Ärzte Zeitung".
Bei Erststimulation sehe man oft starke Blutdruckabfälle von teilweise mehr als 100 mmHg. In Pilotstudien mit insgesamt etwa 70 Teilnehmern waren durchschnittliche Blutdrucksenkungen um etwa 30 mmHg systolisch und um 20 mmHg diastolisch über ein Jahr erreicht worden, sagte Menne.
Bei der neuartigen Hochdrucktherapie wird der Pulsgenerator über eine Computersoftware gesteuert. Fotos (3): CVRx Inc.
Die Implantation der Elektroden ist allerdings anspruchsvoll. In einer zwei- bis vierstündigen Operation präpariert ein Gefäßchirurg die Karotiden und fixiert am jeweiligen Karotissinusknoten die Elektroden. Die Tasche für den Impulsgenerator wird unter dem Schlüsselbein angelegt.
Bereits intraoperativ wird das Gerät getestet und die für die Stimulation optimale Lokalisation der Elektroden ermittelt.
Bei etwa jedem fünften Patienten reiche die einseitige Stimulation aus, sagte der Internist aus Hannover. Etwa 20 Prozent der Patienten jedoch sprechen nicht auf diese Hypertonie-Behandlung an, das heißt der Blutdruckabfall liegt bei ihnen unterhalb von 10 mmHg.
Für die Behandlung infrage kommen lediglich Patienten, die Blutdrücke von mindestens 160/90 mmHg haben und bei denen sich diese Werte trotz maximal dosierter Therapie mit mindestens drei verschiedenen Antihypertensiva nicht normalisieren lassen. Die in die Studien aufgenommenen Patienten hatten meist bereits fünf bis sechs Hochdruckmittel erhalten.
Komplikationen der Operation können Nervenverletzungen, vor allem des Nervus recurrens, sein, aber auch Schlaganfälle sind möglich. Wegen dieser Risiken werden vor dem chirurgischen Eingriff per Karotissonografie atherosklerotische Veränderungen der Halsschlagadern ausgeschlossen.
Derzeit läuft eine weitere internationale Studie, in die ungefähr 300 Patienten aufgenommen werden sollen.