Nach Herzinfarkt
Seitensprung kann für Männer gefährlich werden
Für ältere Männer ist Sex meist kein gesundheitliches Risiko, selbst nach einem Herzinfarkt. Das bestätigt eine deutsche Studie. Es gibt nur eine pikante Ausnahme.
Veröffentlicht:ULM. Sex steigert das Risiko für einen Herzinfarkt gewöhnlich nicht. Eine deutsche Langzeitstudie zeigt zudem, dass Patienten auch nach einem Herzinfarkt ihr Sexualleben wiederaufnehmen können.
Bislang gebe es nur wenige Daten zu den Risiken von sexuellen Aktivitäten bei Patienten mit Herzinfarkt, schreiben Forscher um Professor Dietrich Rothenbacher von der Universität Ulm (J Am College Cardiol 2015; 66: 1516).
Nach einem Infarkt würden allerdings weniger als die Hälfte der Männer und weniger als ein Drittel der Frauen von ihrem Arzt diesbezüglich beraten. "Das ist ein Thema, über das viel zu wenig gesprochen wird", meint der Epidemiologe.
536 Infarktpatienten untersucht
Das Team untersuchte 536 Infarktpatienten im Alter von 30 bis 70 Jahren über einen Zeitraum von 10 Jahren. Zunächst sollten die Teilnehmer die Häufigkeit ihrer sexuellen Aktivitäten während der zwölf Monate vor ihrem Infarkt angeben.
Mehr als die Hälfte von ihnen hatte in diesem Zeitraum mindestens einmal wöchentlich Geschlechtsverkehr, etwa 15 Prozent waren abstinent gewesen.
Zudem sollten sie berichten, wann sie vor ihrem Infarkt zuletzt Geschlechtsverkehr hatten. Nur drei Teilnehmer hatten in der Stunde davor Sex, bei fast 80 Prozent lag der Verkehr schon mehr als 24 Stunden zurück.
In den folgenden zehn Jahren erlitten in der Gruppe 100 Menschen erneut einen Herzinfarkt, Schlaganfall oder andere kardiovaskuläre Ereignisse.
Die Häufigkeit ihrer sexuellen Aktivität beeinflusste das Risiko aber nicht negativ. Auf Grundlage dieser Daten sei es sehr unwahrscheinlich, dass normaler Sex Auslöser von Infarkten sei, betont Rothenbacher.
Sexualleben kann wieder aufgenommen werden
"Es ist wichtig, diesen Patienten zu versichern, dass sie sich keine Sorgen machen müssen und ihr gewohntes Sexualleben wieder aufnehmen können", betont der Epidemiologe. "Sexuelle Aktivität ist sicher und wichtig für die eigene Psyche und die Partnerschaft. Wer unsicher ist, sollte sich von seinem Arzt beraten lassen."
Allerdings schränkt er die Aussage für Männer etwas ein: Die etwa zur Puls- und Blutdrucksenkung verordneten Beta-Blocker beeinträchtigen demnach die Erektionsfähigkeit. "Das sollte bei der Verordnung auch mitgeteilt werden", so Rothenbacher.
Schlucken Männer dann Potenzmittel wie etwa Viagra und nehmen sie wegen ihrer Herzbeschwerden zusätzlich Nitrate ein, so drohe ein plötzlicher Blutdruckabfall - bis hin zur Bewusstlosigkeit.
Ältere Studien hatten zudem darauf hingewiesen, dass Seitensprünge gefährlicher sind als Sex in der Partnerschaft. Rechtsmediziner der Universität Frankfurt hatten 56 Fälle analysiert, bei denen ein Partner beim Sex an Herzinfarkt gestorben war.
Im Durchschnitt waren sie 59 Jahre alt. Mehr als die Hälfte der Betroffenen starb bei Geliebten oder Prostituierten, nur jeder vierte dieser Männer bei der Ehefrau, wie das Magazin "Bild der Wissenschaft" (Stuttgart) berichtete. Der Rest sei bei der Selbstbefriedigung gestorben. Britische Wissenschaftler kamen zu ähnlichen Ergebnissen.
Sex anstrengend wie "flinkes Gehen"
Ältere Männer strengen sich möglicherweise beim Seitensprung mehr an als zu Hause, wird spekuliert. Auffällig war in der Frankfurter Studie, dass die Frauen im Schnitt 20 Jahre jünger waren als ihre Sexualpartner. Es blieb jedoch offen, ob tödliche Herzinfarkte beim Seitensprung den Rechtsmedizinern eher bekannt werden als beim Sex im Ehebett.
Nach Auskunft der Amerikanischen Herzgesellschaft (AHA) ist Sex sportlich vergleichbar mit flinkem Gehen oder einigen Stockwerken Treppensteigen. Wer das ohne gesundheitliche Probleme schaffe, habe nichts zu befürchten. Sex sei wichtig für die Lebensqualität von Mann und Frau.
Er sei daher auch Menschen mit milder Angina pectoris zu empfehlen oder ein bis mehrere Wochen nach einem unkomplizierten Herzinfarkt, wenn der Patient keine Herzbeschwerden durch moderaten Sport bekomme. Menschen mit schweren Herzleiden sollten dennoch vor dem Sex zum Arzt gehen und sich behandeln.
Die AHA zieht aus verschiedenen Studien den Schluss, dass direkt beim Sex das Herzinfarkt-Risiko von Menschen zwischen dem 50. und 70. Lebensjahr um das 2,7-Fache erhöht ist. Insbesondere unsportliche Männer seien gefährdet.
Aufgrund der vergleichsweise kurzen Zeit sexueller Aktivität pro Jahr sei die absolute Gefahr für Infarkte beim Sex jedoch minimal. Er sei die Ursache von weniger als einem Prozent der Herzinfarkte. (dpa)