Schlechte Qualität

Sommerhitze setzt Spermien zu

Das aktuell heiße Wetter ist für die Reproduktion nicht gerade günstig: Bei Temperaturen über 30 Grad leidet die Spermienqualität. Für die Familienplanung sollte man daher kühlere Tage abwarten.

Von Thomas Müller Veröffentlicht:
Tropische Hitze schadet der Qualität von Spermien, zeigt eine Studie.

Tropische Hitze schadet der Qualität von Spermien, zeigt eine Studie.

© Sebastian Schreiter / Springer V

HANGZHOU. Zu viel Hitze ist für die Spermienproduktion eher ungünstig, das bezweifelt inzwischen kaum noch jemand. Schließlich sind die Hoden geradezu optimiert, mit ihrer Lage außerhalb der Bauchhöhle, der gut durchbluteten Haut und den vielen Schweißdrüsen möglichst viel Wärme abzugeben und Hitzeschäden zu vermeiden.

Was aber, wenn die Kühlung versagt, weil es draußen hochsommerlich heiß ist? Bisher war nicht so richtig klar, ob Sommerhitze den Spermien tatsächlich schadet - Studien zur Qualität der Spermien im Wandel der Jahreszeiten lieferten recht widersprüchliche Ergebnisse.

Nun haben chinesische Urologen um Dr. Feng-Bin Zhang von der Universität Hangzhou einen neuen Anlauf gewagt und geschaut, ob es in China jahreszeitliche Schwankungen bei der Spermienqualität gibt.

Samenbank in chinesischer Provinz

Für ihre Studie wählten sie eine Samenbank in der Provinz Zhejiang. Dort ist das Klima von feuchtheißen Sommern und kurzen kühlen Wintern geprägt.

Im Juli liegt die Durchschnittstemperatur bei 27-30 °C und damit mehr als 10 °C über der von Berlin, im Januar bei etwa 2- 8 °C. Die Urologen um Zhang analysierten 13.600 Proben von Samenspendern (Andrology 2013; 1: 639-643).

Sie schauten zunächst, wann die Proben entstanden: im Winter (17. Dezember bis 11. Februar), Frühjahr (12. Februar bis 14. April), Frühsommer (15. April bis 28. Juni), Hochsommer (29. Juni bis 3. September), Spätsommer (4. September bis 5. November) oder Herbst (6. November bis 16. Dezember).

Anschließend verglichen sie die Spermienqualität mit der durchschnittlichen Tageshöchsttemperatur in diesen sechs Jahreszeiten.

Spermien im Sommer häufig träge und defekt

Das Ergebnis: Sowohl das Volumen des Ejakulats als auch Konzentration und Motilität der Spermien machten im Zhejianger Hochsommer mit Tageshöchstwerten jenseits von 30 °C einen deutlichen Knick - die Hitze scheint der Spermatogenese nicht zu bekommen.

Im höchsten war das Probenvolumen im Frühjahr mit 3 ml, am niedrigsten im Hochsommer mit 2,3 ml.

Die Spermienkonzentration variierte zwischen 80 Millionen/ml im Hochsommer und 90 Millionen/ml zwischen Herbst und Frühjahr. Auch der Anteil motiler Spermien schwankte signifikant, aber nur gering zwischen 62,5 Prozent im Frühjahr und 61 Prozent im Hochsommer.

Bei größter Hitze war zudem der Anteil von defekten Spermatozoen am höchsten (83 Prozent), am niedrigsten war er im Winter (81,4 Prozent).

Bei fast allen Qualitätsparametern ließ sich folglich ein signifikanter Unterschied zwischen Hochsommer und den übrigen Jahreszeiten ausmachen. Dagegen waren die Unterschiede zwischen den anderen Jahreszeiten gering bis nicht signifikant.

Eine deutliche Beeinträchtigung der Spermienqualität scheint folglich nur bei starker Hitze gegeben. Dies mag erklären, weshalb bisherige Studien zu recht inkonsistenten Ergebnissen führten.

Konsequenzen unklar

Ob die zwar gut messbare aber insgesamt doch eher geringe Beeinträchtigung der Spermienqualität im Hochsommer Konsequenzen für die Familienplanung hat, können die Urologen um Zhang nicht sagen.

Paarungswillige Deutsche mag vielleicht beruhigen, dass tropische Temperaturen, wie sie im Zhejianger Sommer den dortigen Hoden über mehrere Monate hinweg zusetzen, hierzulande doch eher selten sind.

An der Hitze dürfte es daher wohl kaum liegen, wenn sich kein Nachwuchs einstellt.

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Kommentare
Dr. Thomas Georg Schätzler 06.08.201310:53 Uhr

Wie soll man das verstehen?

Eingangs heißt es: "Bei Temperaturen über 30 Grad leidet die Spermienqualität. Für die Familienplanung sollte man daher kühlere Tage abwarten." Und am Ende steht die Formulierung: "An der Hitze dürfte es daher wohl kaum liegen, wenn sich kein Nachwuchs einstellt."

Die chinesischen Forscher haben auch nur eine Samenbank untersucht und n i c h t tatsächliche Fertilisierungsraten. Denn es gilt keineswegs, dass 9 Monate n a c h besonders heißen Sommermonaten die Geburtenrate deutlich abfällt. Auch die aktuelle europäische Hitzewelle wird in 9 Monaten keineswegs zum Geburtenknick führen.

Die hier vorgelegte in-vitro-Studie hat nicht einmal die Frage diskutiert, ob z. B. Hitze-anfällige Gewinnungs- und Verarbeitungsschritte v o r der Kryokonservierung die Ergebnisse beeinflusst haben könnten. Differenzen von gut 12 Prozent bei den Spermienkonzentrationen mögen durchaus signifikant sein. Aber Motilitätsdifferenzen von nur 1,5 Prozent liegen im Bereich der Messfehlertoleranz. Gleiches gilt für den gerade 1,6-prozentigen Unterschied beim Anteil der defekten Spermatozoen ["percentage of head defects spermatozoa"].

Oder wollte die chinesische Forschergruppe mit ihrer Samenbank-Studie nur das wissenschaftlich-publizistische "Sommerloch" füllen?
Mf+kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund (z. Zt. Orange/F, sonnig, 35°C)

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