Wechselseitiger Risikofaktor
Vorhofflimmern fördert Herzinfarkt - und umgekehrt
Ein Myokardinfarkt erhöht nicht nur das Risiko für Vorhofflimmern. Er tritt auch gehäuft als Folgekomplikation der Rhythmusstörung auf.
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Schlägt das Herz des Patienten noch im richtigen Takt?
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WINSTON-SALEM. Patienten mit Vorhofflimmern sind vor allem durch Schlaganfälle bedroht, die Insultrate ist vier- bis fünfmal so hoch wie ohne Vorhofflimmern.
Mit der Rhythmusstörung steigt aber auch die Gefahr, einen Herzinfarkt zu erleiden. In einer jetzt publizierten, prospektiven bevölkerungsbasierten Studie war das Myokardinfarktrisiko fast verdoppelt (JAMA Intern Med 2013, online 4. November).
Vorhofflimmern: Zwölf Infarkte pro 1000 Personenjahre
An der REGARDS-Studie, einer der größten US-amerikanischen Kohortenstudien, waren 23.928 Männer und Frauen im mittleren Alter von 64 Jahren beteiligt, darunter 1631 (6,8 Prozent) mit der Diagnose Vorhofflimmern.
Letztere waren erwartungsgemäß älter und hatten mehr KHK-Risikofaktoren als Studienteilnehmer ohne Vorhofflimmern.
Während der fast siebenjährigen Beobachtungszeit wurden 648 Herzinfarkte registriert. Bei Patienten mit Vorhofflimmern betrug die Ereignisrate 12,0 pro 1000 Personenjahre und war damit exakt doppelt so hoch wie bei den Kontrollpersonen.
Dieser Zusammenhang zwischen Rhythmusstörung und Herzinfarktrisiko blieb auch dann erhalten, wenn man berücksichtigte, dass die Vorhofflimmern-Patienten mehr etablierte kardiovaskuläre Risikofaktoren hatten.
Nach Abgleich von Cholesterin, HDL, Raucherstatus, systolischem Blutdruck, BMI, Diabetes, Antihypertensiva-, Warfarin-, ASS- und Statineinnahme, Schlaganfällen und vaskulären Erkrankungen in der Anamnese, eGFR, Albumin:Kreatinin und CRP hatten die Vorhofflimmern-Patienten immer noch ein um 70 Prozent höheres Risiko für einen Herzinfarkt.
Bei Frauen ist das Risiko besonders hoch
Besonders infarktgefährdet waren Frauen - ihr Risiko stieg mit der Rhythmusstörung auf das 2,2-Fache - und Schwarze/Afroamerikaner mit einer Risikozunahme auf das 2,5-Fache. Das Alter, ob über oder unter 75 Jahre, hatte dagegen keinen Einfluss auf die Assoziation.
Ein Indikator für die zusätzliche kardiale Gefährdung war der CHADS2-Score, der zur Abschätzung des Schlaganfallrisikos eingesetzt wird: Bei einem Score von mindestens zwei Punkten war das Herzinfarktrisiko um 95 Prozent, bei maximal einem Punkt nur um 40 Prozent erhöht.
Gemindert wurde das Vorhofflimmern-bedingte Infarktrisiko durch die Einnahme von Warfarin, nicht aber von ASS.
Die Studienautoren um Elsayed Z. Soliman von der Wake Forest School of Medicine in Winston-Salem folgern aus den Daten, dass Vorhofflimmern, welches bekanntlich durch einen vorausgegangenen Herzinfarkt gefördert wird, wiederum einen unabhängigen Risikofaktor für die Entstehung eines Herzinfarktes darstellt.
Die US-amerikanischen Ärzte können zwar nicht vollständig auszuschließen, dass die Korrelation nur die Existenz gemeinsamer Risikofaktoren widerspiegelt.
Möglicherweise sei das Vorhofflimmern sogar nur ein Marker für eine zugrundeliegende KHK, die sich dann später in einem Herzinfarkt manifestiere.
Plausibler erscheint ihnen aber eine andere Erklärung: "Vorhofflimmern erzeugt eine entzündliche und prothrombotische Umgebung, die (via Plaqueruptur) das Risiko für einen Herzinfarkt erhöhen kann."
Alternativ könnte die Arrhythmie auch eine koronare Thromboembolie zur Folge haben. Laut Soliman et al. wird ein embolisches Geschehen als Herzinfarktursache möglicherweise unterschätzt.