Krebsfrüherkennung

Vorsorgemuffel Männer? Das ist passé

Die Sterberaten bei vielen wichtigen Tumorerkrankungen in Deutschland sind weiter rückläufig. Das liegt offenbar auch an Vorsorgemaßnahmen, an denen sich inzwischen ähnlich viele Männer wie Frauen beteiligen.

Von Thomas Müller Veröffentlicht:
Auf der Suche nach Hautkrebs: Screenings zeigen Wirkung, die Sterberate bei Hautkrebs bleibt stabil.

Auf der Suche nach Hautkrebs: Screenings zeigen Wirkung, die Sterberate bei Hautkrebs bleibt stabil.

© JPC-PROD / fotolia.com

BERLIN. Die Zahl der Krebserkranken wird auch in Zukunft weiter steigen - das liegt zum großen Teil an der demografischen Entwicklung. Auch die Bedeutung von Krebs bei den Todesursachen wird wohl weiterhin zunehmen: Starb 1980 jeder Fünfte in Deutschland an einer Krebserkrankung, ist es derzeit jeder Vierte, berichtet das Robert-Koch-Institut (RKI) in Berlin.

Dies lässt sich zum Teil damit erklären, dass die Sterberate beim Hauptkiller Herz- und Kreislauf-Erkrankungen in den vergangenen Jahrzehnten aufgrund einer verbesserten Prävention und Therapie deutlich zurückgegangen ist.

Die gute Nachricht: Ähnliche Effekte scheinen inzwischen auch die Mortalität bei Krebserkrankungen deutlich zu senken. Dies geht aus einem Bericht des Instituts hervor, der Zahlen aus Krebsregistern, der offiziellen Todesursachenstatistik und der Umfrage "Gesundheit in Deutschland aktuell" (GEDA) zum Vorsorgeverhalten der Bevölkerung unter die Lupe nahm.

Und zwar speziell für solche Tumoren, für die es Krebsfrüherkennungsmaßnahmen gibt. Dabei zeigt sich ganz klar: Auch Männer machen mit bei der Vorsorge.

Hautkrebsfrüherkennung - Neuregelung hat viel gebracht

Hautkrebs: Die Hautkrebsfrüherkennung wurde 2008 neu geregelt. Gesetzlich Versicherte ab 35 Jahren haben seither Anspruch auf eine Hautuntersuchung alle zwei Jahre. Zwar verursacht Hautkrebs nur ein Prozent aller Krebstodesfälle in Deutschland - das sind etwa 3000 Personen pro Jahr. Früh erkannt lässt sich die Krankheit aber gut heilen.

So liegt die Fünfjahresüberlebensrate bei der aggressivsten Hautkrebsform, dem malignen Melanom, derzeit bei etwa 90 Prozent, schreiben Dr. Klaus Kraywinkel und Mitarbeiter vom RKI.

Zahlen des Zentrums für Krebsregisterdaten (ZfKD) am RKI zeigen, dass mit der Einführung der Hautkrebsfrüherkennung als Kassenleistung die Melanominzidenz deutlich nach oben ging: Wurden 2006 noch etwa 14 Melanome pro 100.000 Einwohner neu diagnostiziert, waren es 2008 bereits 17.

Daraus kann man schließen, dass durch die Hautkrebsvorsorge drei Melanome pro 100.000 Einwohner zusätzlich erkannt wurden, die sonst zunächst unbemerkt geblieben wären. Die Sterberate hat sich dagegen zwischen 2006 und 2008 nicht verändert.

Interessant wäre zu wissen, ob seit Einführung der Hautkrebsvorsorge 2008 auch die Melanom-Sterberate rückgängig ist, dazu liefert das RKI allerdings noch keine Daten.

Männer, die gerne als Vorsorgemuffel gelten, nehmen jedoch im gleichen Maße wie Frauen die Hautkrebsuntersuchung in Anspruch: Etwa ein Drittel hat bei einer Befragung 2010 angegeben, schon einmal an einer Hautkrebs-Früherkennungsuntersuchung teilgenommen zu haben, bei den Frauen waren es vor allem jüngere, bei den Männern ältere Befragte.

Darmkrebs zweithäufigste Tumorart bei Männern und Frauen

Darmkrebs: Darmkrebs ist sowohl bei Frauen als auch bei Männern die zweithäufigste Krebsform. 2008 erkrankten nach RKI-Angaben 30.000 Frauen und 35.000 Männer.

Altersstandardisiert ist die Inzidenz bei Frauen sogar leicht rückläufig. Vor allem aber sank die Zahl der Sterbefälle durch Darmkrebs bei Frauen zwischen 1998 und 2008 von etwa 16.000 auf 13.000 pro Jahr, dagegen blieb sie bei Männern mit etwa 14.000 jährlich weitgehend konstant.

Der Geschlechterunterschied lässt sich allerdings nicht darauf zurückführen, dass Männer bei der Vorsorge kneifen: Von den Männern über 55 Jahren hatten bei der GEDA-Befragung 59 Prozent angegeben, dass sie schon einmal koloskopiert wurden. Bei den Frauen waren es 58 Prozent.

Bei den über 65-Jährigen lagen Männer mit einem Anteil von 65 Prozent sogar noch deutlicher vor den Frauen mit 60 Prozent.

Derzeit können gesetzlich Versicherte ab 55 Jahren alle zehn Jahre auf Kassenkosten an einer Koloskopie teilnehmen oder alternativ alle zwei Jahre ihren Stuhl auf okkultes Blut untersuchen lassen.

Prostatakrebs - häufigster Tumor bei Männern

Prostatakrebs: Etwa jeder vierte Tumor, der bei einem Mann entdeckt wird, ist ein Prostatakarzinom. Damit ist dieser Tumor der häufigste bei Männern. Bei der Sterberate liegt das Prostata-Ca auf Platz drei: Bei jedem zehnten Mann, der an Krebs stirbt, ist der Prostatatumor die Ursache für den Tod.

Zwischen 1998 und 2008 ist die Zahl der Erkrankten deutlich gestiegen, selbst altersstandardisiert hatte die Inzidenz von etwa 90 auf 110 Erkrankungen pro 100.000 Männer und Jahr zwischen 1998 und 2008 zugenommen.

Mehr Tumoren, mehr erfolgreiche Behandlungen

Die gute Nachricht auch hier: Es wurden zwar immer mehr Tumoren diagnostiziert, aber zugleich auch immer mehr Männer erfolgreich behandelt. So sank im gleichen Zeitraum die Sterberate aufgrund eines Prostata-Ca von etwa 27 auf 21 pro 100.00 Männer in der Bevölkerung.

Der Anstieg der Erkrankungsrate bei sinkender Sterberate lässt sich nach Ansicht des RKI vor allem auf einen vermehrten Einsatz des PSA-Tests zurückführen. Diese Ansicht werde durch Daten aus anderen Industrieländern gestützt, so das Institut.

PSA nicht Teil des Früherkennungsprogramms in Deutschland

Und ist auch insofern interessant, als der PSA-Test nicht Teil des Früherkennungsprogramms in Deutschland ist, sondern von Männern als IGeL extra bezahlt werden muss. Finanziert wird von gesetzlichen Kassen lediglich die digital-rektale Untersuchung einmal jährlich ab 45 Jahren.

Dennoch haben bei einer Umfrage im Jahr 2004 bereits 46 Prozent der Männer angegeben, den PSA-Test zusätzlich zur digital-rektalen Untersuchung zu nutzen, immerhin zwei Drittel nahmen die digitale Untersuchung in Anspruch. Aktuelle Zahlen nennt das RKI allerdings nicht.

Mit Einführung der Zervixabstriche sank Zervixkarzinom-Sterberate

Zervixkarzinom: Die Krankenkassen bezahlen Frauen ab 20 Jahren einmal jährlich einen Zellabstrich am Gebärmutterhals (PAP-Test). Nach Daten aus den Jahren 2002 bis 2004 nehmen 70 bis 80 Prozent der Frauen unter 50 Jahren diese Vorsorgemaßnahme in Anspruch, aktuelle Daten nennt das RKI auch hier nicht.

Seit der Einführung des Tests in den 1970er-Jahren ist die Sterberate beim Zervix-Ca deutlich gesunken. Starben damals in der Altersgruppe der 70- bis 74-Jährigen noch etwa 28 von 100.000 Frauen jährlich an dem Tumor, so waren es knapp 40 Jahre später nur noch sieben.

Allerdings ist die Mortalität in den vergangenen zehn Jahren in vielen Altersgruppen kaum noch zurückgegangen. Welche Auswirkungen die seit 2007 empfohlene HPV-Impfung auf Inzidenz und Mortalität des Zervixkarzinoms hat, lässt sich derzeit noch nicht sagen.

Brustkrebsscreening: Erste Maßnahme mit Programmcharakter

Brustkrebs: Das Mammografie-Screening wurde in den einzelnen Bundesländern zwischen 2005 und 2008 eingeführt und ist die erste Krebsfrüherkennungsmaßnahme in Deutschland mit einem Programm-Charakter: Frauen im Alter zwischen 50 und 69 Jahren werden alle zwei Jahre schriftlich zur Teilnahme am Screening eingeladen.

Auch wenn das RKI erst im Jahr 2015 mit Auswirkungen auf die Brustkrebsmortalität rechnet, lassen sich bereits jetzt Veränderungen der Inzidenz in den gescreenten Altersgruppen beobachten: Seit 2005 ist die Inzidenzrate bei den 50- bis 59-Jährigen um 16 Prozent und bei den 60- bis 69-Jährigen um 31 Prozent gestiegen. In allen anderen Altersgruppen nahm sie dagegen nur um etwa 5 Prozent zu.

Auch dies zeigt, dass in den Screening-Gruppen viele Tumoren früher als sonst entdeckt werden. Vor allem ist bereits eine deutliche Zunahme von Tumoren im T1-Stadium zu beobachten, während große T4-Tumoren immer seltener beobachtet werden, schreiben die RKI-Autoren.

Ermutigend ist der Rückgang der Krebs-Sterberaten

Fazit: Die Krebsfrüherkennungsmaßnahmen scheinen Wirkung zu zeigen, vor allem der Rückgang der Sterberaten ist ermutigend. Wünschenswert wären jedoch aktuellere Daten als die aus dem Jahr 2008.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Die Botschaft kommt an

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