Eine Handvoll am Tag

Wer Nüsse knabbert, lebt länger

Eine Handvoll Nüsse pro Tag kann das Leben verlängern - und zwar offenbar deutlich. Darauf deuten aktuelle Studiendaten hin.

Von Dr. Elke Oberhofer Veröffentlicht:
Täglich geknabbert, können Nüsse das Sterberisiko senken.

Täglich geknabbert, können Nüsse das Sterberisiko senken.

© raliand / fotolia.com

MAASTRICHT. Spätestens seit der PREDIMED-Studie geht man davon aus, dass sich das Herz-Kreislauf-Risiko mit einer an Olivenöl und Nüssen reichen Mittelmeer-Diät senken lässt (NEJM 2013; 368: 1279).

Nüsse standen auch im Fokus von Analysen der Nurses' Health Study und der Health Professionals Follow-up-Study; hier war die Mortalität bei Nussliebhabern deutlich geringer als bei Abstinenten (NEJM 2013; 369: 2001).

Jetzt haben die Epidemiologen Professor Piet van den Brandt und Dr. Leo J Schouten von der Universität Maastricht hierzu Daten aus der prospektiven Netherlands Cohort Study (NLCS) aus den Jahren 1986 bis 1996 ausgewertet (Int J Epidem, online 11. Juni).

Aus der Gesamtkohorte - 120.852 Männer und Frauen im Alter von 55 bis 69 Jahre - wurde eine Gruppe von 3202 Teilnehmern herausgefiltert, deren Ernährungsgewohnheiten man genau abgeklärt hatte. Im Mittel nahmen die Männer 8,1 g Nüsse täglich zu sich, die Frauen 4,4 g.

Weniger Krebs, Herzkrankheiten und Diabetes

Die Daten dieser Gruppe wurden nach dem Cox-proportional-Hazards-Modell mit den Sterbedaten des niederländischen Amts für Genealogie und Statistik zusammengeführt.

Für die Mortalitätsanalyse wurden daraus 8823 Todesfälle binnen zehn Jahren mit vollständigen Informationen zum Nusskonsum zu Lebzeiten herangezogen.

Insgesamt war der Nusskonsum im Vergleich zur Abstinenz eindeutig mit einer reduzierten Gesamtmortalität assoziiert. Das Ausmaß der verringerten Sterberate hing dabei vom täglichen Nusskonsum ab: Im Vergleich zu Abstinenten war das Risiko bei 0,1 bis 4,9 g um relative 12 Prozent verringert, bei 5 g bis 9,9 g um 26 Prozent und ab 10 g um 23 Prozent.

Nussliebhaber starben seltener an Krebs, Herz-Kreislauf- und Atemwegserkrankungen sowie Diabetes und neurodegenerativen Erkrankungen. Die relative Reduktion der Sterberate bei täglich 10 g Nüssen und mehr im Vergleich zur Abstinenz lag zwischen 47 Prozent (neurodegenerative Krankheiten) und 17 Prozent (kardiovaskuläre).

Auch wenn man den Einfluss einer mediterranen Diät (abgesehen von Nüssen) herausrechnete, änderte das die Ergebnisse nicht maßgeblich.

Kein positiver Effekt bei Erdnussbutter

Erdnüsse, die streng genommen gar keine Nüsse sind, waren ebenso mit einer deutlich verringerten Sterberate assoziiert: relativ um 20 Prozent (andere Nüsse: 23 Prozent). Für Erdnussbutter gab es jedoch keine solche Assoziation.

Die Ergebnisse der NLCS-Studie wurden mit Resultaten anderer Studien (etwa PREDIMED und Nurses' Health Study) zusammen analysiert. Danach hatten Nussliebhaber eine deutlich verringerte Mortalität an respiratorischen Erkrankungen und Krebs (auf diese Endpunkte hatte man sich fokussiert), und zwar jeweils für die Gruppen mit dem höchsten Verzehr von Nüssen verglichen mit Nuss-Abstinenz.

Im Vergleich zu den anderen Studien zeigte sich die Assoziation bei den Niederländern bereits bei sehr geringen Nussmengen. In der Studie waren bereits bei 10 g täglich (Frauen) und bei 15 g täglich (Männern) die Mortalität reduziert.

Als Standardportion gilt generell eine gute Handvoll, das entspricht etwa 28 g Nüssen; nötig wäre also nach diesen Ergebnissen nur die Hälfte.

Ob Nüsse das Sterberisiko tatsächlich senken, wurde mit der Kohortenstudie keinesfalls bewiesen, so die Autoren. Sie haben allerdings eine Erklärung dafür, warum Nüsse die Mortalität senken könnten, Erdnussbutter aber nicht.

Die Butter enthalte im Vergleich zu Erdnüssen zwar reichlich Salz, aber weniger Niacin (ein B-Vitamin). Erdnussbutter würden außerdem unvollständig gehärtete ("Trans-") Fette zugesetzt.

Sowohl Erdnüsse als auch Walnüsse sind dagegen reich an Magnesium sowie einfach und mehrfach ungesättigten Fettsäuren. Walnüsse enthalten vor allem viel Alpha-Linolensäure (eine Omega-3-Fettsäure) und haben eine ausgeprägte antioxidative Wirkung.

Erd- und Walnüsse sind zudem Lieferanten von Phytosterolen, die in dem Ruf stehen, vor Darm-, Brust- und Prostatakrebs zu schützen.

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Kommentare
Dr. Herwig Meschke 12.07.201515:42 Uhr

Eßt mehr Nüsse ?!

»Sterblichkeitsrate bei Verzehr von 5g Nüssen pro Tag um mehr als 30% gesenkt!« Sollten Krankenkassen dann nicht jedem Versicherten monatlich ein 150g-Tütchen gemischte Nüsse zusenden?

Mein gesunder Menschenverstand sagt mir: so einfach kann es nicht sein.

Ich vermute, daß hier der gesamte Lebensstil unterschiedlicher Gruppen deren Gesundheit und Sterblichkeit beeinflußt, nicht der isolierte Verzehr von Nüssen.

Lassen Sie mich spekulieren: wer aß 1986 Nüsse?

In der »normalen« Hausmannskost kamen Nüsse vor allen in zwei Kategorien vor: gesüßt in Kuchen und Süßigkeiten, gesalzen zum abendlichen Wein oder Bier. Beides dürfte nur einen sehr kleinen Anteil der Ernährung ausgemacht haben: laut Tabelle 1 verzehrten 70% der Subkohortenteilnehmer maximal 5g Nüsse pro Tag.

Ein regelmäßiger Verzehr von rohen Nüssen war eher Sache von Rohköstlern, Vegetariern und anderen ernährungs- bzw. gesundheitsbewußten Personen.

Dazu passen folgende Basismerkmale: Personen, die mehr als 5g Nüsse pro Tag verzehrten, waren jünger, aßen mehr Obst und Gemüse, rauchten seltener, waren gebildeter, zeigten seltener Bluthochdruck, nahmen häufiger Nahrungsergänzungsmittel und bei Frauen Hormonersatzpräparate (Tab. 1). Anderseits gab es wohl auch eine Gruppe, bei der höherer Nußverzehr mit einem höheren Alkoholkonsum korreliert ist.

Wer aß gar keine Nüsse? Arme, die sich diese nicht leisten konnten? Allergiker, die keine Nüsse essen dürfen? Kranke, denen man Süßspeisen und kalorienhaltige Nahrungsmittel verboten hat?

Fraglich ist, ob die gewählte statistische »Kontrolle« dieser konfundierenden Basisvariablen (als lineare Einflüsse ohne Wechselwirkungen) solche Gruppierungen mit unterschiedlichen Lebensstilen adäquat abbilden kann.

In der vielzitierten PREDIMED-Studie gab es übrigens bei randomisierter experimenteller Gabe von Nüssen (zusätzlich zu einer »Mittelmeerdiät«) *keinen* Unterschied in der Gesamtsterblichkeit.

Schade eigentlich: wäre doch nett, so ein monatliches Tütchen Nüsse von der Krankenkasse!

Dr. Herwig Meschke
Moderne-Statistik.de

Dr. Thomas Georg Schätzler 30.06.201521:11 Uhr

Da muss noch manche Studien-Nuss geknackt werden!

Im NEJM 2013; 368: 1279 wurde bereits vor 2 Jahren eine signifikante Senkung des kardiovaskulären Risikos bei der Primärprävention von spanischen Patienten mit weniger ausgeprägten Grundkrankheiten und mediterraner Ernährungsweise, verstärkt durch Olivenöl und Nüsse gegenüber allgemein fettarmer Ernährung beschrieben. Bis zu 30 Prozent niedrigere Risikoprofile wurden lt. Estruch R, Ros E, Salas-Salvadó J, et al. erreicht ["Primary prevention of cardiovascular disease with a Mediterranean diet."] Dieser Trend bestätigte sich in den nachfolgenden Studien.

Doch dabei ging es n i c h t um Erdnüsse sondern regional-typisch um Mandeln, Hasel- und Walnüsse. Das hohe Risiko, in industrialisierten Ländern bei fett-, zucker- und salzreicher Überernährung bzw. Bewegungsmangel mit großem Kohlehydrat-, Fleisch- und Wurstanteil an Adipositas, metabolischem Syndrom und Hyperlipidämie zu leiden, um Folgeerkrankungen wie Hypertonie, Diabetes, KHK, Herzrhythmusstörungen, Herzinsuffizienz und degenerative Gelenkerkrankungen zu entwickeln, trifft bedauerlicherweise auch auf ein z u s ä t z l i c h erhöhtes Demenzrisiko zu.

Olivenöl, Nüsse zusammen mit fischreicher und fleischarmer mediterraner Frischkost scheinen größte kardiovaskuläre Vorteile und geringstes Demenzrisiko zu bieten. Wenn dann noch moderater Weinkonsum hinzukommt, verbessern sich im Sinne des „French Paradoxon“ sowohl Lebensqualität als auch kardiovaskuläres bzw. demenzielles „Outcome“. Schutz vor Krebserkrankungen sind bei dieser komplexen Ernährungsform auch beschrieben worden.

Dass Erdnussbutter keinen positiven Effekt hat, verwundert nicht. Denn selbst-knackende Nuss-Esser und Olivenöl- bzw. Obst-, Gemüse-, Fisch-, Salat- und weniger Fleisch-Verbraucher verhalten sich sozial-, genuss- und ernährungsmedizinisch grundsätzlich anders als "Couch-Potatoes", die fingerdick mit Erdnussbutter beschmierte Weißbrot-Scheiben in sich hinein schieben.

Erdnussbutter als "processed peanuts" enthalten gemahlene Erdnüsse, Öl, Salz, Zucker, Aromastoffe. Fettanteil und Kaloriengehalt sind sehr hoch. 100 Gramm enthalten etwa 2500 kJ (600 kcal) bzw. viel Vitamine E und H. Und deren Konsumenten grillen vermutlich lieber Fleisch als Fisch?

Schlussendlich bleiben zwei der hier in der ÄZ referierten Schlussfolgerungen fragwürdig: Wenn "die relative Reduktion der Sterberate bei täglich 10 g Nüssen und mehr im Vergleich zur Abstinenz...zwischen 47 Prozent (neurodegenerative Krankheiten) und 17 Prozent" lag, würden neurodegenerative Krankheiten doch nicht durch täglich mindestens 25 g Nüsse zum völligen Verschwinden gebracht werden können? Auch kardiovaskuläre Krankheiten könnten keinesfalls durch Verzehr von mindestens 60 Gramm Nüsse zu 100 Prozent ausgerottet bzw. die Unsterblichkeit bei beiden genannten Morbiditäten erlangt werden?

Mf+kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

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