Notfall-Patienten
Corona-Pandemie bremst die Rettungskette in Bremen
Die Hilfsfristen in Bremen sind im Vorjahr auf neun Minuten gestiegen. Grund sind auch Umwege, die Rettungswagen wegen überlasteter Krankenhäuser nehmen mussten. Wie in Notfällen schneller geholfen werden kann.
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Schnell unterwegs und doch durch die Umstände der Pandemie gebremst: Rettungswagen brauchen in Bremen länger als früher zum Einsatzort.
© Mathias Ernert / Deutsches Rotes Kreuz
Bremen. Während der Pandemie brauchten die Bremer Rettungswagen länger, um zu ihren Notfall-Patienten zu kommen als vorher. Das geht aus Zahlen der Bremer Innenbehörde hervor. Rund 76 .000 Mal rückten die Rettungswagen im Jahr 2019 aus, im Vorjahr waren es etwa 73 .500 Mal. 2019 beliefen sich die Dispositionszeit, die Ausrück- und Anfahrtszeit auf zusammen durchschnittlich 8,17 Minuten. Dieser Wert stieg im vergangenen Jahr auf 8,48 Minuten und im laufenden Jahr bisher auf durchschnittlich neun Minuten. 2019 betrug der sogenannte Hilfsfristerreichungsgrad 91 Prozent.
Hilfsfristen sind nicht vergleichbar
„Für die Jahre 2020 und 2021 ist die durchschnittliche Dauer zwischen Eröffnung und Eintreffen aufgrund der Pandemie anders zu bewerten“, teilt die Innenbehörde auf Anfrage mit. „Zum Teil waren die Anfahrtswege der Rettungsfahrzeuge länger, weil beispielsweise Krankenhäuser zwischenzeitlich ausgelastet waren und andere Krankenhäuser angefahren werden mussten, die weiter weg lagen. Die Pandemie erfordert zusätzliche Vorbereitungen: Zum Tragen einer medizinischen Gesichtsmaske kommen noch weitere Infektionsschutzmaßnahmen und eine aufwändige Fahrzeugdesinfektion hinzu.“
So sei denn auch der Hilfsfristerreichungsgrad in der Pandemie „nicht vergleichbar“, hieß es. Es sei unseriös, den Hilfsfristerreichungsgrad während der Pandemie zum Kriterium zu machen, argumentiert die Innenbehörde. Deshalb wertet sie diese Plangröße zur Zeit nicht aus. Mit den neun Minuten im Jahr 2021 liegt Bremen genau im bundesdeutschen Schnitt, kommentiert Marco König, erster Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Rettungsdienst und präklinische Notfallmedizin (DGRN), die Bremer Zahlen. Er hätte noch längere Zeiten erwartet, wie er sagt.
9
Minuten
benötigen Rettungswagen in Bremen im laufenden Jahr von der Alarmierung bis zum Eintreffen am Bestimmungsort. Damit wird die gesetzliche Hilfsfrist von zehn Minuten unterschritten.
Indessen könnten sich die Rettungswagen in Bremen rein rechtlich sogar noch mehr Zeit lassen. Im kleinsten Bundesland ist eine Eintreffzeit von höchstens zehn Minuten vorgeschrieben. Trotzdem sei für eine Stadt wie Bremen der Wert von neun Minuten nicht besonders gut, sagt König der „Ärzte Zeitung“. Es bestehe bei den Zeiten deshalb noch „Luft nach oben“.
Andere Kommunen drücken noch mehr aufs Gas. „In Gütersloh oder Freiburg haben sie Gesundheitsberufler wie Krankenschwestern oder Sanitäter mit einer Ersthelfer-App ausgestattet“, berichtet König. Sie werden GPS-basiert über einen Notfall in der Nähe ihres Aufenthaltsortes benachrichtigt und können den Patienten mitunter rascher reanimieren als der herbeigerufene Rettungswagen. Andere Kommunen statten Polizeiwagen mit Defibrillatoren aus oder schicken die gegebenenfalls näher liegende Feuerwehr zum Notfall.
Einsatz von Apps wird geprüft
Auch in Bremen werde derzeit die Einbindung von Ersthelfer-Apps zur Verkürzung der therapiefreien Intervalle geprüft, teilt die Innenbehörde mit. Dass eine Reduktion der Rettungszeiten möglich ist, zeige ein Beispiel aus den USA, berichtet König. „In Seattle und Umkreis nimmt man für sich in Anspruch, den weltweit schnellsten Rettungsdienst zu haben. Dort sind die Ersthelfer nach spätestens fünf Minuten beim Patienten.“