Corona-Ausbruch

Lockdown im Kreis Gütersloh

Nach mehr als 1500 Corona-positiv getesteten Tönnies-Mitarbeitern gelten wieder massive Beschränkungen im Landkreis Gütersloh. Es ist der erste regionale Lockdown nach den bundesweiten Lockerungen.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:
NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) verkündet in Düsseldorf den Lockdown für den Kreis Gütersloh. Erstmals in Deutschland werde ein gesamter Kreis wegen des Corona-Infektionsgeschehens wieder auf die strengen Pandemie-Schutzmaßnahmen zurückgeführt.

NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) verkündet in Düsseldorf den Lockdown für den Kreis Gütersloh. Erstmals in Deutschland werde ein gesamter Kreis wegen des Corona-Infektionsgeschehens wieder auf die strengen Pandemie-Schutzmaßnahmen zurückgeführt.

© Federico Gambarini/dpa

Düsseldorf. Der Kreis Gütersloh in Nordrhein-Westfalen wird nach den Lockerungen der Pandemie-Schutzmaßnahmen als erster bundesweit wieder in den regionalen Lockdown gehen. Grund ist die hohe Zahl von Infektionen mit SARS-CoV-2 bei Mitarbeitern der Fleischverarbeitungsfirma Tönnies und ihren Angehörigen. Die einschränkenden Maßnahmen für die 365.000 Bewohner sind zunächst bis zum 30. Juni befristet, teilte NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) vor Journalisten in Düsseldorf mit.

Lesen sie auch

Bei dem Corona-Ausbruch im Schlachtbetrieb von Tönnies in Rheda-Wiedenbrück handele es sich um das bisher größte Infektionsgeschehen in Deutschland, betonte Laschet. Von 6140 getesteten Mitarbeitern sind 1553 COVID-19-positiv. Hinzu kommen weitere Infizierte aus dem familiären Umfeld. Die meisten Infektionen gibt es bei Beschäftigten, die mit der Fleischzerteilung beauftragt waren.

An dieser Stelle finden Sie Inhalte aus Datawrapper Um mit Inhalten aus Datawrapper zu interagieren oder diese darzustellen, brauchen wir Ihre Zustimmung. Ich bin damit einverstanden, dass mir Inhalte aus Sozialen Netzwerken und von anderen Anbietern angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät notwendig. Weitere Information dazu finden Sie hier.

Wer noch außerhalb von Tönnies?

„Wir werden die Maßnahmen so schnell wie möglich zurücknehmen, wenn wir Sicherheit über das Infektionsgeschehen haben“, kündigte Laschet an. Die zentrale Frage sei, wie viele Menschen außerhalb der Mitarbeiter und ihrer Angehörigen infiziert sind. Bis Dienstag waren das lediglich 24. Deshalb handelt es sich nach seinen Worten bei dem Lockdown um einen prophylaktischen Schritt.

Entscheidend sei, dass es ohne Bezug zu Tönnies weiterhin keinen signifikanten Anstieg der Infektionen gibt. „Wir müssen Infektionsketten analysieren, das ist eine mühevolle Arbeit.“

Bis zum 30. Juni gelten für Menschen im Kreis Gütersloh ähnliche Regeln wie bereits Ende März. Dazu gehören Kontaktbeschränkungen, das Verbot von großen Veranstaltungen, die Schließung von Kinos und Bars. Restaurants bleiben mit Einschränkungen geöffnet. Die Schulen und Kitas waren bereits vor einer Woche geschlossen worden.

Breite Testung – auch in Heimen

Der Lockdown wird flankiert von einer deutlichen Ausweitung der Testungen. „Alle vulnerablen Gruppen müssen geschützt werden“, sagte Laschet. Deshalb gibt es flächendeckende Tests in Alten- und Pflegeheimen. Zudem können sich alle Bürger des Kreises kostenlos testen lassen. „Wir werden eine repräsentative Testung der Bevölkerung vornehmen, um ein reales Bild zu bekommen“, kündigte der Ministerpräsident an.

Zudem werden in Nordrhein-Westfalen alle Mitarbeiter in der Fleischindustrie getestet. In Zusammenarbeit mit den Industrie- und Handelskammern möchte die Landesregierung bei allen Unternehmen ähnlich vorgehen, die Subunternehmen beschäftigen und die Arbeitnehmer in zentralen Unterkünften unterbringen. Das sei rein präventiv, bislang gebe es keine Hinweise auf ein Infektionsgeschehen in diesem Bereich.

Im Kreis Gütersloh und in benachbarten Kreisen werden Plätze in Kliniken freigehalten, falls es zu einer hohen Zahl von Erkrankten und der Notwendigkeit von intensivmedizinischen Maßnahmen kommen sollte. Auch dafür gibt es nach Angaben von Laschet bislang keine Anzeichen.

KV hat zwei Diagnosezentren eingerichtet

Um den öffentlichen Gesundheitsdienst zu unterstützen, können auch niedergelassene Ärzte im Kreis Gütersloh Corona-Tests an asymptomatischen Personen vornehmen.

Zwar falle das eigentlich nicht in die Zuständigkeit der Vertragsärzte, sagte der Vorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL), Dr. Dirk Spelmeyer. „Angesichts der aktuell besonderen Situation im Kreis Gütersloh hat uns der Öffentliche Gesundheitsdienst jedoch damit beauftragt, diese Tests auch in den Vertragsarztpraxen der Region durchzuführen.“

Die KVWL hat in Gütersloh zudem ein Corona-Diagnosezentrum eingerichtet. Zur Versorgung von symptomatischen Patienten und von Tönnies-Mitarbeitern sowie ihren Angehörigen hält die KVWL auch zwei Behandlungszentren im Klinikum Gütersloh und auf dem Tönnies-Betriebsgelände in Rheda-Wiedenbrück vor.

7000 Personen stehen unter Quarantäne

Im Kreis Gütersloh stehen zurzeit rund 7000 Personen unter Quarantäne. Das Einhalten der Quarantäne-Regeln werde genau überwacht, nicht zuletzt mit Unterstützung der Polizei, sagte Laschet. „Die Mitarbeiter des Öffentlichen Gesundheitsdienstes werden beim Besuch von Wohnungen und Siedlungen künftig verstärkt von Polizei begleitet.“

Der Hygiene-Experte Professor Martin Exner und Mitarbeiter des Robert Koch-Instituts gehen zurzeit der Frage nach, ob bei den Corona-Tests bei Tönnies vor wenigen Wochen alles korrekt gelaufen ist. Damals war kaum ein Mitarbeiter positiv getestet worden.

Lesen sie auch
Lesen sie auch
Mehr zum Thema
Das könnte Sie auch interessieren
Glasglobus und Stethoskop, eingebettet in grünes Laub, als Symbol für Umweltgesundheit und ökologisch-medizinisches Bewusstsein

Klimawandel und Gesundheitswesen

Klimaschutz und Gesundheit: Herausforderungen und Lösungen

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Ein MRT verbraucht viel Energie, auch die Datenspeicherung ist energieintensiv.

© Marijan Murat / dpa / picture alliance

Klimawandel und Gesundheitswesen

Forderungen nach Verhaltensänderungen und Verhältnisprävention

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Ein Dialogforum von Fachleuten aus Gesellschaft, Gesundheitspolitik und Wissenschaft

© Frankfurter Forum für gesellschafts- und gesundheitspolitische Grundsatzfragen e. V.

Das Frankfurter Forum stellt sich vor

Ein Dialogforum von Fachleuten aus Gesellschaft, Gesundheitspolitik und Wissenschaft

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Wie patientenzentriert ist unser Gesundheitssystem?

© Janssen-Cilag GmbH

Video

Wie patientenzentriert ist unser Gesundheitssystem?

Kooperation | In Kooperation mit: Janssen-Cilag GmbH
Höhen- oder Sturzflug?

© oatawa / stock.adobe.com

Zukunft Gesundheitswesen

Höhen- oder Sturzflug?

Kooperation | In Kooperation mit: Janssen-Cilag GmbH
Patientenzentrierte Versorgung dank ePA & Co?

© MQ-Illustrations / stock.adobe.com

Digitalisierung

Patientenzentrierte Versorgung dank ePA & Co?

Kooperation | In Kooperation mit: Janssen-Cilag GmbH
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Abb. 1: Zeitaufwand pro Verabreichung von Natalizumab s.c. bzw. i.v.

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [9]

Familienplanung und Impfen bei Multipler Sklerose

Sondersituationen in der MS-Therapie

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Biogen GmbH, München
Protest vor dem Bundestag: Die Aktionsgruppe „NichtGenesen“ positionierte im Juli auf dem Gelände vor dem Reichstagsgebäude Rollstühle und machte darauf aufmerksam, dass es in Deutschland über drei Millionen Menschen gebe, dievon einem Post-COVID-Syndrom oder Post-Vac betroffen sind.

© picture alliance / Panama Pictures | Christoph Hardt

Symposium in Berlin

Post-COVID: Das Rätsel für Ärzte und Forscher

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: vfa und Paul-Martini-Stiftung

Symposium der Paul-Martini-Stiftung

COVID-19 akut: Früher Therapiestart effektiv

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: vfa und Paul-Martini-Stiftung
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Behandlungstipps

Psoriasis und Komorbiditäten: Welche Therapie wirkt am besten?

Lesetipps
Dr. Carsten Gieseking

© Daniel Reinhardt

Praxisabgabe mit Hindernissen

Warum Kollege Gieseking nicht zum Ruhestand kommt

Eine Spritze für eine RSV-Impfung liegt auf dem Tisch.

© picture alliance / Ulrich Baumgarten

Update

Umfrage unter KVen

Erst sechs Impfvereinbarungen zur RSV-Prophylaxe Erwachsener