Reaktion auf Protesttag
Lauterbach: Versicherte nicht für höhere Ärzte-Einkommen belasten
Bundesgesundheitsminister Lauterbach hat Forderungen der Ärztinnen und Ärzte nach mehr Geld zurückgewiesen. Noch höhere Beiträge für Versicherte zugunsten höherer Ärzte-Honorare halte er für nicht vertretbar. Kritik an seinen Aussagen folgte umgehend.
Veröffentlicht: | aktualisiert:Marburg. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hält eine höhere Belastung der Versicherten für höhere Ärzte-Einkommen für nicht vertretbar. „Wir werden im Herbst steigende Beitragssätze ankündigen müssen, dann müsste der Beitragssatz noch stärker erhöht werden“, sagte er am Montag in Marburg. „Und ich bin nicht sicher, ob wir das dem Versicherten zumuten können.“ Er ergänzte: „Hier brauchen wir keine Neid-Debatte.“
Am Montag hatten Ärztinnen und Ärzte bei einer Protestaktion ihren Unmut über die Gesundheitspolitik auf Bundesebene und auf die Arbeitsbedingungen in den Praxen aufmerksam gemacht.
Minister will Perspektive der Patienten bedenken
Das Einkommen der Ärzte liege im Mittelwert bei ungefähr 10.000 oder 11.000 Euro, sagte der Minister in Marburg bezüglich des Protesttags. „Wenn das System der Honorierung verändert wird, dann müssen wir das aus der Perspektive der Patienten sehen“ – und aus der Perspektive, dass man entbürokratisieren müsse. Die Entbudgetierung der Hausärztinnen und Hausärzte halte er weiterhin für sinnvoll.
Lauterbach hatte sich bereits im Vorfeld des Protesttags auf „X“ (ehemals Twitter) zu den Forderungen der Ärzte geäußert und wenig Verständnis gezeigt. „Am Brückentag schließen viele Praxen, wie die Apotheker wollen auch sie mehr Geld. Im Mittel (Median) verdienen sie aber nach Abzug aller Kosten um die 230.000 Euro pro Jahr. Soll der Beitragssatz für Arbeitnehmer steigen damit das Honorar weiter steigt?“, schrieb der Minister. Diese Aussage stieß am Montag bereits auf deutliche Kritik, unter anderem von MEDI-Chef Dr. Norbert Smetak. „Herr Lauterbach könnte sich zumindest die Mühe machen und in den Dialog mit den niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten treten, statt falsche populistische Statements über die sozialen Netzwerke zu verbreiten“, kritisierte Smetak.
Auch die Diskussion um die Berechnung und Beschaffenheit der Reinerträge flammt in diesem Zusammenhang wieder auf. Smetak etwa kritisierte weiter: Lauterbach habe Reinertrag und Gewinn durcheinandergebracht und nicht berücksichtigt, dass in den meisten Praxen heutzutage mehrere Ärztinnen und Ärzte arbeiten, die sich den Reinertrag teilen müssen. In diese Kerbe schlug am Montag auch der Virchwobund.
Lauterbach setzt unterdessen auf andere Maßnahmen, die seinen Aussagen nach die Arbeitsbedingungen verbessern könnten. „Wir brauchen eine höhere Zahl von Medizinstudienplätzen“, so Lauterbach in Marburg weiter. Derzeit werde an einem Vorschlag gearbeitet, 5.000 zusätzliche Studienplätze für das Medizinstudium pro Jahr zu schaffen. Dies könne die Arbeitsbedingungen für Ärzte verbessern, da es vielfach an Nachwuchs fehle. Zudem könne ohne diese zusätzlichen Studienplätze die Babyboomer-Generation nicht in der Qualität versorgt werden, wie das sinnvoll sei. Die Frage, ob mehr Studienplätze Versorgungsprobleme der Zukunft lösen, wird kontrovers diskutiert. (dpa/lhe/heib/coo)