Ophthalmologie
Albrecht von Graefe – Begründer der Augenheilkunde
Albrecht von Graefe gilt als Begründer der Augenheilkunde und prägt das Fach bis in die heutige Zeit hinein. Vor 150 Jahren ist er gestorben. Die Deutsche Gesellschaft für Ophthalmologie feiert ihn für seine Verdienste.
Veröffentlicht:Berlin. „Es ist das Licht, süße und lieblich, die Sonne zu schauen“, lautet die Inschrift, die das Grab Albrecht von Graefes auf dem Friedhof II der Jerusalems- und Neuen Kirche vor dem Halleschen Tor in Berlin ziert.
Am Denkmal, das die Charité zu Ehren des berühmten Augenarztes errichtete, heißt es: „O, eine edle Himmelsgabe ist das Licht des Auges – alle Wesen leben vom Lichte.“ Angesichts der herausragenden Verdienste, die sich der vor 150 Jahren gestorbene Begründer der Ophthalmologie weltweit erwarb, nimmt es kein Wunder, dass von Graefe bis heute selbst als „Lichtgestalt“ verehrt wird.
Albrecht von Graefe
- am 22. Mai 1828 in Berlin geboren
- 1848 besteht er die Prüfung zum Arzt, Operateur und Geburtshelfer am 1. November 1851 eröffnet er eine augenärztliche Praxis in Berlin, die er in den Folgejahren zu einer 120 Betten umfassenden, weltweit geachteten Augenklinik ausbaut
- 1857 ruft er die Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft ins Leben und begründet das Fach Augenheilkunde
- am 20. Juli 1870 stirbt Albrecht von Graefe
Prüfung als Arzt, Operateur und Geburtshelfer
Friedrich Wilhelm Ernst Albrecht von Graefe kommt am 22. Mai 1828 in Berlin zur Welt. Sein Vater ist der königlich preußische Geheime Medizinalrat und Generalstabsarzt der Armee Professor Karl von Graefe (1787-1840), der als Gründungsdirektor der Chirurgischen Klinik der Universität weit über Berlin hinaus Anerkennung genießt.
Nach dem Besuch des Französischen Gymnasiums studiert Albrecht von Graefe ab 1843 in seiner Heimatstadt Medizin, Mathematik, Physik und Chemie. Ein Jahr nach seiner 1847 erschienenen, auf Latein verfassten Dissertation („De bromo ejusque praesipuis praeparatis“) legt er sein Staatsexamen ab und besteht die Prüfung als Arzt, Operateur und Geburtshelfer.
Noch im selben Jahr begibt sich Albrecht von Graefe auf eine wissenschaftliche Studienreise, die ihn von Prag nach Paris, Wien und London führt. Nach seiner Rückkehr habilitiert er sich mit einer Arbeit „Über die Wirkung der Augenmuskeln“ und eröffnet am 1. November 1851 eine augenärztliche Praxis in Berlin, die er in den Folgejahren zu einer 120 Betten umfassenden, baldweltweit geachteten Augenklinik ausbaut.
Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft gegründet
Von Graefes Wirken in den folgenden knapp zwei Jahrzehnten bis zu seinem frühen Tod am 20. Juli 1870 prägt die Augenheilkunde bis in unsere Zeit. 1854 gründet er zusammen mit dem österreichischen Ophthalmologen Ferdinand von Arlt das „Archiv für Ophthalmologie“, die erste augenärztliche Fachzeitschrift.
Drei Jahre später ruft er in Heidelberg die Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft ins Leben und begründet damit das Fach Augenheilkunde, das man zuvor der Chirurgie zuordnete. 1858 wird von Graefe zum Mitglied der Leopoldina ernannt, 1866 beruft man ihn zum Direktor der augenärztlichen Abteilung der Charité.
Kaum ein Ophthalmologe hat die Wissenschaft von der Augenheilkunde so vorangebracht wie von Graefe. Als Pionier auf seinem Gebiet hat er Augenerkrankungen wie die Aushöhlung des Sehnervenkopfs beim Grünen Star und den Verschluss der Netzhautarterie beschrieben.
Mehr als 10.000 Augenoperationen durchgeführt
Um den Augeninnendruck beim Glaukom zu senken, entwickelte er einen Schnitt in die Regenbogenhaut, und seine Operationstechnik beim Grauen Star („modifiziert lineare Extraktionsmethode“) haben Generationen von Augenärzten bis in die 1960-er Jahre angewendet.
Der Überlieferung nach soll von Graefe mehr als 10.000 Augenoperationen vorgenommen haben. Er war auch der Erste, der mithilfe des von Hermann von Helmholtz (1821-1894) entwickelten Augenspiegels Zusammenhänge zwischen Augenleiden und Diabetes mellitus sowie Erkrankungen der Niere aufgezeigt hat.
Zeitgenossen beschreiben Albrecht von Graefe als Arzt, der stets nur das Wohl seiner Patienten im Blick hatte – unabhängig von deren Stand oder Einkommen. Arme Patienten behandelte er unentgeltlich. Sein Schüler Julius Hirschberg nannte ihn in einem Nachruf einen „Apostel der leidenden Menschheit“.
Arzt und Wohltäter
„Von Graefe stand für ein humanes, empathisches Arzttum“, sagt auch Professor Jens Martin Rohrbach, Leiter des Forschungsbereichs Geschichte der Augenheilkunde in Tübingen, der zum 150. Todestag von Graefes eine Biografie über den Begründer der Ophthalmologie verfasst hat. „Und er war beseelt von dem Gedanken, dass sich größerer Fortschritt nur durch internationale Zusammenarbeit und das Prinzip der Wissenschaftlichkeit erreichen lässt.“
So herausragend seine wissenschaftlichen Verdienste und so nachhaltig sein soziales Wirken waren, so tragisch verlief sein Privatleben des Albrecht von Graefe. Als sein Vater starb, war er gerade einmal 12 Jahre alt, beim Tod der Mutter Auguste von Alten (1797-1857) noch unter 30.
Zwei seiner eigenen fünf Kinder, die aus seiner Ehe mit Anna Gräfin Knuth (1842-1872) hervorgingen, starben noch im ersten Lebensjahr. Von Graefe selbst erlag auf der Höhe seines Ruhms einer Lungentuberkulose – im Alter von 42 Jahren!
Viele Denkmäler, Büsten, Gedenktafeln
In Berlin begegnet man Albrecht von Graefe heute auf Schritt und Tritt. Schon 1875, nur fünf Jahre nach seinem Tod, benannten die Stadtoberen die „Straße Nr. 7“ im Berliner Stadtteil Kreuzberg ehrenhalber in Graefestraße um; die Straße wiederum diente als Namensgeber des sie umgebenden Graefekiezes. Etliche Denkmäler, Büsten und Gedenktafeln in Berlin erinnern an das herausragende Wirken des Augenarztes.
Die Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft (DOG) will am 20. Juli, dem 150. Todestag von Graefes, am Von-Graefe-Denkmal auf dem Gelände der Charité einen Kranz niederlegen und anschließend die Albrecht-von-Graefe-Schule in Kreuzberg besuchen, die seit 2015 den Namen des berühmten Ophthalmologen trägt.
Jens Martin Rohrbach (Hrsg.): Zum 150. Todestag: Albrecht von Graefe. Das Gewissen der Augenheilkunde in Deutschland. Springer Medizin, Heidelberg 2020, Softcover 44,99 Euro, E-Book 34,99
Aus Anlass des 150. Todestags von Albrecht von Graefe hat die DOG eine Website ins Leben gerufen: www.von-graefe.dog.org