Holi-Fest im Trend
Bunt und gefährlich?
Jedes Jahr bewerfen sich Tausende Festival-Besucher mit buntem Pulver. Doch Gesundheitsexperten warnen: Es gibt Risiken.
Veröffentlicht:"Zehn, neun, acht ..." Tausende Menschen in weißer Kleidung stehen auf einer Wiese – und reißen Plastikbeutel mit grellbuntem Pulver auf. Bongospieler klopfen einen rhythmischen, lockeren Beat, auf der Bühne bewegt sich eine Tänzerin im traditionell indischen Sari dazu. "Drei, zwei, eins!" Jubel bricht los, gleichzeitig werfen alle ihre Beutel nach oben. Eine riesige Wolke aus gelbem, rotem, lila und blauem Staub wirbelt über die Köpfe und legt sich auf Gesichter, Haare und Kleidung. Ein explodierender Farbrausch, der allerdings auch Gesundheitsrisiken birgt.
Sicher bunt feiern
Informationen: Veranstalter und Genehmiger sollten Informationen an die Besucher ausgeben, in denen über Gesundheitsrisiken informiert wird.
Mund- und Augenschutz sind vor allem für Asthmatiker und Kontaktlinsenträger nötig.
Falls doch etwas ins Auge geht, sollten Besucher die Augen an einer der bereitgestellten Wasserstellen ausspülen oder einen der diensthabenden Sanitäter kontaktieren.
Mit dem bunten Pulver feiert man in Indien das Holi-Fest, das den Anfang des Frühjahrs, den Sieg des Frühlings über den Winter markiert. Das hinduistische Fest findet statt am ersten Vollmondtag des Monats Phalgun (Februar oder März).
Besonders auffällig ist das Gulal genannte Pulver in den verschiedensten Farben, mit dem sich die Feiernden am zweiten Tag des Holis bewerfen. Der Trubel erinnert an den deutschen Karneval: Da durch das Pulver jeder gleich aussieht, gibt es an dem Tag keine Unterschiede zwischen den angeborenen und starren Kasten. Das Gulal-Pulver wird zum Symbol für eine klassenlose Gesellschaft.
Mittlerweile ist das Holi-Fest auch in Europa zum Kult geworden. Mit dem traditionellen, indischen Fest hat die kommerzielle, europäische Variante allerdings nur das bunte Pulver gemeinsam. Im Westen ist das Holi mittlerweile als stark kommerzialisiertes Musik-Festival im Sommer etabliert. Statt nur einmal bewerfen sich die Besucher nach einem Countdown stündlich mit Gulal-Pulver – in Deutschland 2012 zum ersten Mal.
Hautprobleme und Enzündungen
Immer wieder rückt das Thema Gesundheitsgefahr dabei in den Fokus, da Besucher über Beschwerden klagen. Eine Umfrage des Umweltbundesamts ergab 2016, dass 50 Prozent der Teilnehmer von Husten berichten; ein Drittel beklagte Augenreizungen und mehr als jeder Zehnte Hautprobleme.
Das Gulal-Pulver besteht aus Mais- oder Reisstärke, manchmal auch aus Talkum. An dieser Trägersubstanz hängen die bunten Farbpigmente aus Lebensmittelfarben. Daneben enthalten sie zum Teil Konservierungsstoffe oder Aromen. Hersteller und Veranstalter verweisen auf die EU-Kosmetikverordnung, ohne alle Inhaltsstoffe anzugeben. Stattdessen werben sie mit organischen Inhaltsstoffen und Eigenschaften wie Umweltverträglichkeit und Hautfreundlichkeit.
Explosionsgefahr?
Da Gulal keine rechtliche Kategorisierung habe (z. B. als Kosmetik- oder Bedarfsprodukt) sei eine abschließende Beurteilung gar nicht möglich. Auch das Umweltbundesamt (UBA) kritisiert, dass das Farbpulver unzureichend untersucht ist. In einer Analyse fand das UBA heraus, dass das Pulver hohe Mengen Feinstaubpartikel enthält. Zwischen 43 und 97 Prozent der Partikel seien kleiner als zehn Mikrometer, passierten also über die Nasenhöhle den Körper. 45 Prozent gehörten der Klasse PM2.5 an – diese Partikel sind meist weit kleiner als 2.5 Mikrometer und gelangen sogar bis in die Lungenbläschen. Dort können sie Entzündungsreaktionen auslösen, beispielsweise Schleimhaut- und Bronchienentzündungen. Darüber hinaus kann der Staub die Augen reizen.
Und offenbar reichen die Gefahren noch weiter. 2015 starb eine Frau in Taiwan durch eine Staubexplosion des Gulal-Pulvers. Auch für Deutschland eine realistische Gefahr? Die Go2-Convent GmbH ist einer der Agenturen, die Holi-Veranstaltungen in Deutschland ausrichten – in diesem Fall die sogenannten "Holi Gaudy-Festivals". Der "Ärzte Zeitung" sagt Geschäftsführer Dr. Ulf Steinecke, dass das Pulver auf den von seiner Agentur ausgerichteten Events vom Bundesamt für Gefahrenanalyse freigegeben wurde. Es könne nicht explodieren, dies habe ein Gutachten bestätigt. Das UBA zieht den Schluss, dass Holi-Feste "insgesamt unkritische Veranstaltungen" sind, da das Gesundheitsrisiko gering sei. Veranstalter und Genehmiger sollten aber darauf achten, dass Besucher Informationen zu Risiken erhalten, Sanitäter vor Ort sind, es genug Wasserstellen zum Augenspülen gibt sowie Mund- und Augenschutz ausgegeben wird. Asthmatiker sollten besonders aufpassen und Kontaktlinsenträger lieber eine Brille anziehen.