Loveparade

Eine Katastrophe, die nicht endet

Vor fünf Jahren starben bei der Loveparade in Duisburg 21 Menschen, als es zu einer Massenpanik kam. Die Überlebenden leiden bis heute. Eine Stiftung soll helfen.

Von Pete Smith Veröffentlicht:
Bei der Massenpanik in Duisburg starben vor gut fünf Jahren 21 Menschen.

Bei der Massenpanik in Duisburg starben vor gut fünf Jahren 21 Menschen.

© picture alliance / Associated Press

DUISBURG. Fünf Jahre nach der Loveparade von Duisburg, bei der in Folge einer Massenpanik 21 Menschen starben und Hunderte verletzt wurden, leiden Zeugen des Unglücks und Angehörige der Opfer noch immer unter den Folgen.

Eine von Betroffenen gegründete Stiftung soll jetzt die Nachsorge hilfsbedürftiger Menschen sicherstellen, die durch die damaligen Ereignisse traumatisiert wurden.

"Viele werden noch lange Hilfe nötig haben, weil sie nicht wieder zurück ins normale Leben finden", sagt der Duisburger Pfarrer Jürgen Widera, einer von zwei Vorständen der Stiftung und Ombudsmann für die Opfer des Unglücks. Bitter sei zudem, dass sich das Verfahren gegen die Verantwortlichen weiter verzögere.

"Der Strafprozess gehört zum Trauerprozess als wesentliches Element dazu", so Widera. Es hänge "wie ein Damoklesschwert" über den Betroffenen.

Ein Rückblick: Am Samstag, 24. Juli 2010, versammeln sich auf dem Gelände des ehemaligen Duisburger Güterbahnhofs 485 000 vorwiegend junge Leute zur 19. Loveparade.

Der einzige Zugang führt durch eine Unterführung unterhalb der Bahndämme. Am frühen Nachmittag ist der Andrang so groß, dass der Veranstalter die Polizei um Hilfe bei der Steuerung des Zustroms bittet.

Todesursache Brustkompression

Polizeiketten sperren den Zugang von beiden Seiten des Tunnels, geben ihn jedoch aufgrund des enormen Gedränges bald wieder frei. Daraufhin strömen die Besucher aus beiden Richtungen zur Hauptrampe, wo es erst zu einem massiven Rückstau und gegen 17 Uhr zu einer Panik kommt, bei der 13 Frauen und acht Männer aus sieben Ländern sterben und 541 weitere verletzt werden.

Die Obduktion der Leichen ergibt, dass mindestens 20 Opfer in Folge "massiver Brustkompression" zu Tode kamen.

Wie groß weiterhin die Not jener ist, die Zeugen der Katastrophe wurden, belegt eine Zahl, die die Opferinitiative Lopa2010 im Juli 2014 veröffentlichte: Danach verübten sechs Überlebende des Unglücks aufgrund ihrer seelischen Belastungen in den folgenden Jahren Suizid.

Lopa2010 kümmerte sich bislang um insgesamt 427 Betroffene und Hinterbliebene. Deren Leid sei kaum geringer geworden, sagt der Vereinsvorsitzende Jörn Teich. "Ich bin erschrocken, dass immer noch Menschen da sind, bei denen eine Traumatisierung wieder aufgebrochen ist."

Mit der Auflösung des Selbsthilfevereins wird nun die Stiftung "Duisburg 24.07.2010" dessen Aufgaben übernehmen. Laut Satzung ist dies in erster Linie die Unterstützung hilfsbedürftiger Menschen, "die unmittelbar oder mittelbar durch das Massenunglück (…) in Not geraten sind und denen von anderer Seite nicht ausreichend oder wirksam genug geholfen werden kann".

Soweit es die finanziellen Mittel der Stiftung erlauben, sollen auch Opfer anderer Katastrophen unterstützt werden. Darüber hinaus übernimmt "Duisburg 24.07.2010" die Ausrichtung der bislang von Jörn Teich organisierten jährlichen Gedenkfeier sowie den Unterhalt und die Pflege der Gedenkstätte.

Geplant sind eine Kontakt-, Informations- und Beratungsstelle sowie die Förderung des Katastrophenschutzes und der Unfallverhütung. "Im Bewusstsein, Mitverantwortung für die Folgen der Katastrophe zu tragen", wie es in der Satzung heißt, wird die Stiftung von der Stadt Duisburg unterstützt, die auch das Anfangskapital von 50 000 Euro stellt.

Verjährungsfrist abgelaufen

Bislang wurden weder eine Unglücksursache noch ein Schuldiger ermittelt. Zwar hat die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren eingeleitet, doch bis Ende September will das Landgericht Duisburg erst einmal prüfen, ob die Klage gegen sechs Mitarbeiter der Duisburger Stadtverwaltung und vier Mitarbeiter des Loveparade-Veranstalters Lopavent überhaupt zugelassen wird.

Gegen dessen Gründer Rainer Schaller und den damaligen Duisburger Bürgermeister Adolf Sauerland ist nie ermittelt worden. Da die Verjährungsfrist für fahrlässige Tötung und Körperverletzung fünf Jahre nach dem Unglück abgelaufen ist, können Schaller und Sauerland nicht mehr belangt werden.

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