Teure Tiermedizin
Nur das Beste für Hund und Katz
Hund und Katze sind die heiß geliebten Haustiere der Deutschen. Damit sie lange leben, ist deren Gesundheit vielen jeden Cent wert. Ein Akt der Nächstenliebe, der sich nicht nur aus sozialen Gründen lohnt.
Veröffentlicht:BERLIN. Die Schulter zwickt, das Atmen fällt schwer. Wer kennt sie nicht, die Leiden des Alltags? Doch längst ist Mensch nicht der Einzige, den gerade im Alter Rückenprobleme oder ein krankes Herz quälen.
In Zeiten der Wohlstandsgesellschaft schleichen sich typische Zivilisationskrankheiten Experten zufolge immer öfter bei den heiß geliebten Haustieren ein.
Um Hund und Katze zu heilen, setzen Mediziner alle Hebel in Bewegung und treiben die Forschung voran. Der Erfolg hilft Tier, Besitzer und dem Geschäft rund um die Veterinärmedizin: Denn neue Krankheitsbilder erfordern neue Behandlungsmethoden.
Ähnlich wie bei Menschen sorgt der medizinische Fortschritt auch bei den Tieren für eine höhere Lebenserwartung. Diabetes, Nieren- und Gelenkerkrankungen sind dann nur einige der Leiden, mit denen sie zu kämpfen haben, sagt Sabine Schüller, Geschäftsführerin Bundesverband für Tiergesundheit.
Schuld daran sind in vielen Fällen aber vor allem die Besitzer selbst - "weil Hund und Katze häufig zu viel gefüttert werden".
"Grenzenlose Liebe" zum Tier
Quicki hat von der emotionalen Bindung seines Frauchens profitiert. Vor etwa einem Jahr schien das Schicksal der Schäferhündin besiegelt. Halb gelähmt lag das Tier im Zwinger.
Die Glieder zu schwach, um den Körper zu tragen. Dass sie inzwischen fast die Alte ist, hat Quicki ihrer Besitzerin Gudrun Reinke zu verdanken: Mit Massagen, Reizstromtherapie und Akupunktur brachte sie den Vierbeiner wieder auf Vordermann.
Mehrere hundert Euro blätterte die Rentnerin aus dem hessischen Heusenstamm dafür schon auf den Tisch - aber "die grenzenlose Liebe" ist der früheren Ärztin jeden Cent wert, erzählt sie.
An der Gesundheit ihrer Lieblinge sparen die Tierbesitzer am wenigsten. Wie viel Herrchen und Frauchen ausgeben, zeigt eine Studie der Uni Göttingen: Allein Tierärzte machten 2013 mit der Behandlung von Heimtieren einen Jahresumsatz von etwa zwei Milliarden Euro.
Rund 500 Millionen Euro wurde durch den Verkauf von Medikamenten erzielt. Am meisten investierten Besitzer in Hunde, auf Platz zwei liegen Katzen, gefolgt von Kleintieren, Vögeln und Reptilien.
28 Millionen Heimtiere
Ein weiterer Grund, warum das Geschäft mit der Luxus-Tiermedizin rund läuft, ist die Zahl der potenziellen Patienten. Nach Angaben des Industrieverbandes Heimtierbedarf leben derzeit etwa 28 Millionen Heimtiere in Deutschland, darunter zwölf Millionen Katzen und sieben Millionen Hunde. Tendenz steigend.
Fast 90 Prozent der Hundehalter gehen laut der Universitätsstudie regelmäßig mindestens einmal pro Jahr mit ihrem Hund zum Tierarzt.
Während die risikoreiche Forschung an komplizierten Medikamenten für Menschen im Normalfall deutlich mehr Gewinn abwirft, überzeugt die Tiermedizin mit anderen Argumenten: "Auf dem Markt gibt es nur wenige ‚große Player‘", sagt Odile Rundquist, Analystin bei Helvea und Branchenexpertin.
Unternehmen, die sich einen Namen gemacht haben, profitierten von der starken Markenbindung. Als Beispiel nennt sie die Pharmafirmen Sanofi oder Bayer. Auch die Tierliebe halte das Geschäft stabil, sagt Rundquist.
Ein Beispiel dafür ist der US-Hersteller Zoetis, der auch zu den "Großen" zählt. Auf seiner Internetseite wirbt er von Mittelchen gegen Reiseübelkeit für Hunde bis hin zu Krebsmedikamenten für Katzen.
Allein 2014 verdiente das Pharma-Unternehmen rund 583 Millionen Euro. Im Jahr zuvor waren es noch 16 Prozent weniger. Aber nicht nur die schwarzen Zahlen belegen den Erfolg.
Wer von Anfang an in Zoetis-Aktien investierte, hat inzwischen verdient. Seit dem Börsengang im Februar 2013 ist der Wert der Aktie fast um 50 Prozent gestiegen.
Abseits der Geschäfte zählt am Ende aber vor allem: Solang es dem Tier nutzt, ist es sinnvoll, sagt Hundebesitzerin Reinke. "Es ist ein großes Glücksgefühl für uns, dass wir einem Lebewesen so helfen konnten."
Und der Blick, mit dem Hündin Quicki sein Frauchen nach einem Jahr Therapie anschaut, ist für die 72-Jährige ohnehin unbezahlbar. (dpa)