Bundesweite Durchsuchungen
Razzien und Festnahmen: Gruppe wollte Lauterbach entführen
Mitglieder einer Chatgruppe sollen Berichten zufolge die Entführung von Gesundheitsminister Karl Lauterbach geplant haben. Mittwoch gab es bundesweit Razzien und Festnahmen. Lauterbach will sich „nicht einschüchtern“ lassen.
Veröffentlicht: | aktualisiert:Koblenz/Berlin. Mitglieder von Telegram-Chatgruppen sollen Anschläge und die Entführung von Bundesgesundheitsminister Professor Karl Lauterbach (SPD) geplant haben. Das berichtet „Report Mainz“ am Donnerstagvormittag online.
Die Generalstaatsanwaltschaft Koblenz und das LKA Rheinland-Pfalz berichten zeitgleich von bundesweiten Razzien am Mittwoch, bei denen es vier Festnahmen gegeben habe. Demnach „war die Entführung bekannter Personen des öffentlichen Lebens Bestandteil der Pläne“, heißt es in der offiziellen Mitteilung. Der Name Lauterbachs wurde darin nicht explizit genannt, wohl aber bei der Pressekonferenz der Ermittler am Morgen.
Laut „Report Mainz“ soll die „Chatgruppe“ von zwölf Männern und Frauen geplant haben, „in einer Aktion namens ‚Klabautermann‘, (...) Lauterbach zu entführen und seine Personenschützer ‚auszuschalten‘“.
Lauterbach sagte in einer ersten Reaktion am Donnerstag, dass er sich von solchen Bedrohungen nicht einschüchtern lassen wolle. „Ich lasse mich dadurch nicht beirren, sondern setze mich weiter für die gesamte Bevölkerung ein“, sagte der Minister der „Bild am Sonntag“ (BamS).
Ermittlungen seit Oktober
„Manchen COVID-Leugnern geht es nicht um den Kampf gegen Impfungen oder Corona-Auflagen. Sie kämpfen gegen unsere demokratische Grundordnung. Damit werden sie aber keinen Erfolg haben.“ Die vereitelten Pläne zeigten „die Zerissenheit unserer Gesellschaft“. Diese Spaltung wolle er überwinden.
Die Gruppe soll außerdem Anschläge auf Umspannwerke und Stromleitungen geplant haben. Damit, so die Generalstaatsanwaltschaft, habe sie einen bundesweiten Stromausfall und bürgerkriegsähnliche Zustände verursachen wollen, um „das demokratische System in Deutschland zu stürzen und anschließend die Regierung zu übernehmen“.
Den Angaben zufolge handelt es sich um Mitglieder der Chatgruppe „Vereinte Patrioten“. Gegen sie wird ermittelt wegen Vorbereitung von Sprengstoffanschlägen und anderer Gewalttaten. Die Ermittlungen laufen demnach seit Oktober 2021.
Rund 270 Beamte im Einsatz
Die Ermittler rechnen die Personen der Corona-Protestszene und der sogenannten „Reichsbürgerbewegung“ zu. Einige seien polizeilich bekannt. Bei den Razzien am Mittwoch sollen unter anderem Waffen und Munition, aber auch gefälschte Impfpässe sowie gefälschte Testzertifikate sichergestellt und vier Beschuldigte festgenommen worden sein.
Rund 270 Beamte, darunter auch Spezialeinheiten, sollen 20 Objekte in Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg, Brandenburg, Bayern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Schleswig-Holstein und Thüringen durchsucht haben. Gegen die Festgenommenen wurden den Angaben zufolge Haftbefehle beantragt, am Donnerstag sollen sie dem Ermittlungsrichter vorgeführt werden.
Politiker erklären sich solidarisch
Zahlreiche Politiker bekundeten unmittelbar nach Bekanntwerden der Nachricht ihre Solidarität mit Lauterbach. Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken erklärte via Kurznachrichtendienst „Twitter, Lauterbach stecke „viel Herzblut“ in seine Arbeit und ernte dafür „so viel Hass“. Der Vorgang mache deutlich: „Unsere Demokratie muss wehrhaft sein, nach innen wie außen.“
Der SPD-Rechtspolitiker Dirk Wiese schrieb – ebenfalls via „Twitter“: Unterschiedlicher Meinung sein, Politiker kritisieren oder Entscheidungen ablehnen – „all das ist in unserer Gesellschaft möglich und immer wieder in einer Demokratie notwendig“. Hass, Gewalt, Terror – „auch nur die Erwägung davon“ – dürften niemals die Antwort sein. Wiese hatte wie Lauterbach zuletzt für eine allgemeine Impfpflicht ab 18 geworben.
Der Grünen-Gesundheitspolitiker und Arzt Professor Armin Grau äußerte sich ähnlich: Meinungsverschiedenheiten und Disput gehörten zur Demokratie dazu beziehungsweise machten diese erst aus. Hass, Hetze und Gewalt seien dagegen nicht tolerierbar. (nös/hom)