Neue Laser machen es möglich
Rückstandslos bunte Tattoos entfernen
Schutzbrillen auf, Arm in Position gebracht, es zischt: Und schon verschwindet ein Tattoo. Jetzt sind neue Laser am Markt, die bunte Tattoos entfernen, ganz ohne die Haut zu verletzen.
Veröffentlicht:Was beim Entstehen mehrere Stunden dauern kann, ist beim Entfernen innerhalb weniger Sekunden verschwunden. Allerdings mit dem dreifachen Schmerz, wie Karin S. aus München berichtet, die sich ein Kühl-Pack auf die Stelle hält, an die der Dermatologe den Laser angesetzt hat.
Mit einer Sitzung allein ist es nicht getan. Mehrere Besuche beim Spezialisten sind notwendig, um ein gutes Ergebnis zu erzielen.
Katrin S. lässt sich einen grün-schwarzen Stern am Handgelenk entfernen. Dafür kommt sie extra von München nach Kelkheim bei Frankfurt in die Praxis "Hautmedizin Kelkheim" gefahren.
Hier stehen die Picosekunden-Laser "Enlighten" und "Picosure": Laser, die nicht nur wie bisher hauptsächlich dunkle Tattoos entfernen können, sondern auch farbige Tattoos so gut wie rückstandslos beseitigen und keine Narben hinterlassen. Die Vorher-Nachher-Bilder, die Dr. Matthias Bonczkowitz, der behandelnde Hautarzt, zeigt, sind verblüffend: Die betroffene Stelle sieht nach der Behandlung aus, als ob nie ein Tattoo die Haut geschmückt hätte - selbst bei großflächigen Bildern.
Sehr kurze Impulse zerstören Farbpartikel effizienter
"Der ‚Enlighten‘-Laser ist seit zwei Jahren auf dem Markt, und es gibt ihn nur in wenigen Städten in Deutschland", berichtet Matthias Bonczkowitz. "Der Vorteil ist der sehr kurze Impuls." Es handelt sich hierbei um Picosekunden, das ist der billionste Teil einer Sekunde. Dieser sehr kurze Energieimpuls zersprengt die Farbpartikel, die dann vom Körper abgebaut werden.
"Mit diesem Verfahren werden weniger Sitzungen benötigt, als dies früher mit Lasern, die im Nanosekundenbereich gearbeitet haben, der Fall war", so Bonczkowitz.
"Bis ein Tattoo komplett entfernt ist, kann es je nach Größe ein Jahr dauern. Für ein Tattoo zum Beispiel am Steiß braucht man acht bis zehn Sitzungen", erklärt der Dermatologe. "Zwischen den Sitzungen rechnet man mit einem Monat Pause, bis die behandelte Stelle wieder komplett abgeheilt ist." Nebenwirkungen wie zum Beispiel Narbenbildungen oder allergische Reaktionen gebe es selten, so der Arzt
Mit dem Laser lassen sich aber nicht nur Tattoos entfernen, sondern auch Pigmentstörungen.
Tattoo-Enfernung durch Abschleifen früher üblich
Einst wurden Tattoos durch das Abschleifen der Haut entfernt, oder es wurde Milchsäure unter die Haut gespritzt. Beides gibt es heute praktisch nicht mehr.
Den Wunsch, sich sein Tattoo wieder entfernen zu lassen, hätten etwa zehn Prozent der Tätowierten, wie Bonczkowitz berichtet. "Die Gründe sind vielfältig, mal hat sich der Geschmack verändert, bei anderen ist es die berufliche Situation, oder Lebenslagen haben sich geändert, etwa wenn der Name des Ex-Freundes vom Oberarm verschwinden soll", sagt der Hautarzt.
Patientin Karin S. hat sich mit 18 Jahren tätowieren lassen. "Das war damals Mode, und alle meine Freunde haben sich tätowieren lassen. Wir haben Sonderkonditionen beim befreundeten Tätowierer erhalten", erzählt die Schauspielerin, die auch als Model arbeitet. Ihr Beruf sei auch der Grund, warum sie sich das Tattoo entfernen lasse.
Das erste Mal hat die heute 30-Jährige vor sieben Jahren mit dem Gedanken gespielt, sich ihr Tattoo wieder wegmachen zu lassen. Sie hatte sich auch überlegt, ob ein "Cover-up" infrage kommt, also das Tattoo mit einem anderen Motiv überstechen lassen, da es früher mit den Lasern noch vermehrt zu Narbenbildung kam oder sich nicht alle Farben entfernen ließen.
"Ich hatte die tätowierte Stelle am Anfang immer kaschiert oder mit Make-up abgedeckt. Aber mein Wunsch war es, meinen Körper wieder in seinen ursprünglichen Zustand zurückzuversetzen", sagt Karin S.
Sie wird viel darauf angesprochen, dass sie sich ihr Tattoo entfernen lässt und dass dies mittlerweile rückstandslos und ohne Narben möglich ist. "Viele scheinen sich mit ihren Tätowierungen abgefunden zu haben und sind sehr interessiert, wenn ich ihnen von der Laser-Entfernung erzähle."
"Schmerz muss man aushalten"
"Die Entfernung ist sehr schmerzhaft", sagt die Schauspielerin. "Der Laser dringt in die Haut ein und bringt die Farbmoleküle zum zerplatzen", erklärt sie das Verfahren. "Eine Stunde vor der Behandlung trage ich eine Hautbetäubungssalbe auf, aber ansonsten gibt es keine Betäubung, den Schmerz muss man aushalten."
"Ein Gerät, das an einen Staubsauger erinnert, ist ein Kühlgebläse, das während der Behandlung auf die Stelle gehalten wird. Es soll etwas den Schmerz reduzieren sowie die Haut schonen", ergänzt Bonczkowitz.
"Ich habe mir eine spezielle Atemtechnik zugelegt und in einigen Fällen, wenn es sehr schmerzhaft war, habe ich mich mit Singen abgelenkt", erzählt das Model. "Für den Körper bedeutet das Entfernen des Tattoos Stress. Ich merke auch, dass meine Haut empfindlicher geworden ist."
Nach der Behandlung spürt Karin S. ein Brennen und Pulsieren an der gelaserten Stelle, wie bei einer Verbrennung, beschreibt sie. Die Wunde sei in zwei bis drei Tagen verheilt – anfangs dauerte es bis zu sieben Tage. "Etwa eine Woche muss ich meinem Körper Ruhe gönnen, damit er arbeiten kann und die Farbe abgebaut wird."
Wie toxisch sind zersprengte Farbpartikel im Körper?
Wie gefährlich der Abbau der Farbe für den Körper ist, lässt sich derzeit nicht hundertprozentig sagen. Dass toxische Stoffe entstehen können, hat das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) 2015 erstmals nachgewiesen.
Wissenschaftler wiesen nach, dass bei der Laserbehandlung eines Tätowierungspigments in wässriger Suspension Stoffe in Konzentrationen entstehen, die hoch genug sind, in der Haut Zellschäden zu verursachen, heißt ist in der Pressemitteilung des BfR.
Mögliche Risiken können je nach Größe der Tätowierung, Pigmentkonzentration, Körperstelle, Bestrahlungsdosis sowie der verwendeten Wellenlänge des Lasers unterschiedlich sein, heißt es weiter. Es wird dazu derzeit weiter wissenschaftlich geforscht.
100 bis 250 Euro – pro Sitzung
Auch Karin S. hat sich viele Gedanken über den Abbau der Farbe im Körper gemacht. "Ich habe mit meinem Hausarzt über meine Bedenken, etwa wegen Schwermetalleinlagerungen gesprochen, und bin dann zu einem Homöopathen, der mir eine Kräutermischung verschrieben hat, damit das Schwermetall, das in einigen Farben enthalten ist, aus dem Körper rausgeschwemmt wird. Außerdem versuche ich, mein System in Fluss zu halten, damit der Körper schneller verstoffwechseln kann."
Der Preis für das Entfernen von Tattoos richtet sich nach Größe und Farbe. "Es fängt in der Regel zwischen 100 und 250 Euro pro Sitzung für ein kleineres Tattoo an", sagt Bonczkowitz. "Ein teurer Spaß!"Dennoch sei die Nachfrage hoch.
Dass die Entfernung von Tattoos mittlerweile ein gutes Geschäftsfeld zu sein scheint, zeigt auch eine Internetsuche: Gibt man "Tattoo entfernen" in die Suchmaschine ein, fällt auf, dass sich einige "Franchise-Unternehmen" am Markt tummeln. Dort werden die Tattoos von "Lasertherapeuten" ohne ärztlichen Sachverstand entfernt.
Die Deutsche Dermatologische Lasergesellschaft (DDL) bezieht dazu eine eindeutige Position: "Laserbehandlungen sind medizinische Eingriffe und dürfen nur von Ärzten mit entsprechender Qualifikation durchgeführt werden.
Durch die falsche Anwendung von Lasergeräten durch Laien oder Nicht-Mediziner sind bei einer Vielzahl von Patienten schwere Verletzungen entstanden. Die Schäden an der Haut reichen von Verbrennungen über Narben bis hin zur Verschleppung von Hautkrebs."
Die Ursachen der Fehlbehandlungen ließen auf mangelhafte Ausbildung, fehlende diagnostische Fähigkeiten und überzogene Erfolgsaussagen schließen. Eine konsequente fachärztliche Supervision sowie umfangreiche lasertherapeutische Erfahrungen und die Einhaltung definierter Qualitätsrichtlinien seien als Voraussetzungen für sichere Laser- Behandlungen zu fordern.
"Leider unternimmt der Gesetzgeber nichts gegen diesen Wildwuchs von Lasertherapeuten, denen jegliche Qualifikation fehlt, und die ohne jegliche gesetzliche Grundlage die Therapie durchführen", sagt Dr. Gerd Kautz, Hautarzt und Präsident der DDL.