Nach EU-Umfrage
Satte Mehrheit für ganzjährige Sommerzeit
Schluss mit Sommer- und Winterzeit! Die Ergebnisse einer von der EU initiierten Umfrage sind eindeutig. Aber hat das auch Konsequenzen?
Veröffentlicht:BRÜSSEL. Die Gegner der Zeitumstellung in Frühjahr und Herbst bekommen Rückenwind. Bei der jüngst abgeschlossenen EU-Umfrage sprachen sich nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur die meisten der 4,6 Millionen Teilnehmer für eine ganzjährige Sommerzeit aus.
Dafür gebe es auch bei CDU und CSU im Europaparlament "große Sympathie", sagte der Chef der Unionsabgeordneten, Daniel Caspary. Sein Fraktionskollege Peter Liese sieht auch im gesamten Parlament eine Mehrheit für die Abschaffung des Hin und Her zweimal im Jahr.
Über die Ergebnisse der Mitte August abgeschlossenen Online-Befragung hatte zuerst die "Westfalenpost" berichtet. Die dpa bekam aus gut unterrichteten Kreisen eine Bestätigung – obwohl sich die EU-Kommission zunächst nicht äußern wollte.
Demnach sprachen sich mehr als 80 Prozent der Umfrage-Teilnehmer für eine Abschaffung der Zeitumstellung aus. Eine etwas schwächere Mehrheit entschied sich diesen Informationen zufolge für die dauerhafte Sommerzeit.
Dabei kamen drei Millionen der 4,6 Millionen Antworten aus Deutschland.
Eine Sprecherin der EU-Kommission sagte am Dienstagabend, die zuständige Kommissarin Violeta Bulc wolle zunächst ihre Kollegen über die Ergebnisse informieren. Dann werde die Kommission über die nächsten Schritte beraten.
Keine verbindliche Vorgabe
Die Brüsseler Behörde prüft derzeit im Auftrag des Europaparlaments, wie es mit der im EU-Recht geregelten Zeitumstellung weitergehen soll.
Die Mitte August beendete Online-Umfrage sollte Hinweise geben. Es handelt sich aber aus Sicht der Kommission ausdrücklich nicht um ein Referendum oder eine verbindliche Vorgabe.
Bei der Umfrage konnten Teilnehmer angeben, ob sie die Zeitumstellung weiter wünschen oder für eine Abschaffung plädieren. Das soll EU-weit einheitlich geregelt bleiben.
Und sie konnten anklicken, ob im Fall der Fälle lieber dauerhaft die Sommer- oder die Winterzeit gelten sollte. Diese Frage wiederum liegt im Ermessen der Mitgliedsstaaten.
Alle Länder müssen mitziehen
Caspary sagte, gegen eine Änderung der per EU-Richtlinie vorgeschriebenen Zeitumstellung könnte lediglich sprechen, dass eventuell nicht alle EU-Staaten dauerhaft die Sommerzeit einführen wollten.
Dies könnte dann zu der ungünstigen Situation führen, dass es zwischen mehr EU-Ländern Zeitunterschiede gebe als derzeit. So hielte er es beispielsweise für nicht gut, wenn Belgien künftig eine andere Zeit hätte als Deutschland, so der CDU-Politiker.
Sein Fraktionskollege Liese setzt auf einen raschen Vorschlag der EU-Kommission zur Abschaffung der Zeitumstellung und eine Entscheidung noch vor der Europawahl im Mai.
Der Rückhalt im Parlament sei klar, sagte Liese der dpa. Im Rat der Mitgliedstaaten sei die Lage nicht ganz so eindeutig, aber: "Ich sehe auch da keine Mehrheit gegen die Abschaffung."
Viele Bundesbürger klagen über Schlafstörungen
Viele Bürger treibe das Thema einfach um, berichtete Liese. Dies gelte nicht nur für Deutschland. Immerhin hätten auch 1,6 Millionen Menschen aus anderen EU-Staaten an der Umfrage teilgenommen – dreimal so viel wie bei der bisher größten EU-Konsultation.
In Deutschland hatten sich im Frühjahr bereits in einer repräsentativen Umfrage im Auftrag der Krankenkasse DAK 73 Prozent der Befragten gegen die Zeitumstellung ausgesprochen. Rund ein Viertel berichtete, schon einmal Probleme damit gehabt zu haben.
Etliche Menschen leiden demnach nach dem Uhrendreh an Schlafstörungen. Zudem wurden Konzentrationsschwierigkeiten und Gereiztheit als Folgen angegeben.
Umstritten ist, ob die Zeitumstellung den Nutzen bringt, der ursprünglich erwartet wurde. So knipsen die Deutschen zwar wegen der Zeitumstellung im Sommer abends seltener das Licht an – im Frühjahr und Herbst wird jedoch morgens mehr geheizt.
Energieeinsparungen sind damit nicht unbedingt gegeben. Genau dies war aber die Idee, als die Uhrenumstellung nach der Ölkrise in den 70er Jahren eingeführt wurde. (dpa)