Kandidat für den Springer Medizin CharityAward 2011: Was hab‘ ich?
Übersetzungen aus der Welt der Medizin
Die Sprache der Ärzte ist für viele Patienten ein Buch mit sieben Siegeln. Ein Studententeam gründete daher eine Internetplattform, auf der Arztbriefe und Befunde übersetzt werden. Absolute Anonymität wird den Nutzern zugesichert.
Von Pete Smith
Der Besuch beim Radiologen, Laborarzt oder in der klinischen Ambulanz lässt viele Patienten verwirrt zurück. Ärzte oder Assistenten haben sich seltsam ausgedrückt, und auch bei der Lektüre des Befunds, den sie in Händen halten, verstehen sie nur Bahnhof. Kompetente Hilfe finden sie im Internet.
Unter www.washabich.de übersetzen angehende Ärzte medizinische Befunde in eine leicht verständliche Sprache - und das kostenlos.
Johannes Bittner und Anja Kersten vom Fachbereich Humanmedizin der Technischen Universität Dresden sowie der Diplom-Informatiker Ansgar Jonietz aus Trier haben die Initiative "Was hab‘ ich?" Mitte Januar dieses Jahres ins Leben gerufen. Zu ihrem Team gehören inzwischen 125 Medizinstudenten von 19 Universitäten, neun Ärzte und zwei Psychologen. Neue Kollegen sind willkommen.
Der Patient erhält eine Antwort in 24 Stunden
Alle Mitarbeiter von "Was hab‘ ich?" leisten ihren Dienst ehrenamtlich. Von ihrer Arbeit profitieren sie eigenen Angaben nach am Ende auch selbst. Indem sie sich mit realen Befunden befassen, erweitern sie ihren Horizont und lernen, Medizin patientengerecht zu erklären.
Was hab‘ ich?
Die Initiative "Was hab‘ ich?" wurde Mitte Januar 2011 von den beiden Dresdener Medizinstudenten Johannes Bittner und Anja Kersten sowie von dem Trierer Diplom-Informatiker Ansgar Jonietz ins Leben gerufen.
Unterstützt werden sie von 125 Medizinstudenten höherer Semester, neun Ärzten und zwei Psychologen. Die Mitarbeiter übersetzen komplizierte medizinische Befunde in eine leicht verständliche Sprache.
Dazu zählen beispielsweise CT-, MRT- oder Röntgenbefunde, Laboranalysen sowie Befunde aus einer klinischen Ambulanz. Patienten, die auf dem Online-Portal Hilfe suchen, erhalten meist innerhalb von 24 Stunden eine Antwort, die sie passwortgeschützt abrufen können. Die Betreiber sichern dabei Anonymität und verlässlichen Datenschutz zu.
Und so funktioniert der Service: Ein Patient scannt seinen Befund ein, fotografiert ihn oder schreibt ihn ab, bevor er ihn auf www.washabich.de anonym hochlädt. Wahlweise kann er den ärztlichen Bericht auch faxen. Abgefragt wird lediglich sein Geburtsjahr, schließlich muss er nur noch eine E-Mail-Adresse angeben, an die die Dolmetscher des Fachchinesischs ihren Klartext senden können.
Ausschließlich Medizinstudenten der höheren Semester untersuchen den Arztbericht und übersetzen ihn in eine verständliche Sprache. Bei komplexen Befunden steht den Studenten ein Ärzte-Team beratend zur Seite. In der Regel innerhalb von 24 Stunden erhält der Patient seine Antwort, die er passwortgeschützt online abrufen kann. Die Datenübertragung läuft über eine sichere SSL-Leitung. Alle Mitarbeiter, so betonen die Initiatoren, unterliegen zudem der ärztlichen Schweigepflicht.
Mit "Was hab‘ ich?" wollen die Betreiber des Online-Portals eine Alternative zu öffentlichen Gesundheitsforen bieten. Im Gegensatz zu den meisten dieser Foren, die medizinisch sensible Daten einer breiten Öffentlichkeit zugänglich machen, sichert "Was hab‘ ich?" den Nutzern absolute Anonymität zu.
In den Erläuterungen weisen die Initiatoren ausdrücklich darauf hin, dass die Transkription der Befunde keinesfalls einen Arzt-Besuch ersetzen und man zudem keine Therapieempfehlung aussprechen könne. Schließlich fehle dem Team der Überblick über die gesamte Krankengeschichte des Patienten. Ärztliche Leistungen würden nicht in Frage gestellt, der Service diene ausschließlich der Aufklärung und Information mit dem Ziel eines mündigen Patienten.
"Meine Ärztin sagte mir am Telefon, dass ich alle notwendigen Informationen aus ihrem Befund entnehmen könne", erzählt ein Nutzer. "Das hat mir überhaupt nicht weitergeholfen. Dank Ihrer Hilfe komme ich mir jetzt nicht mehr so saublöd vor."
"Es ist das erste Mal, das mir ein Arzt es exakt erklärt."
Und ein anderer Patient schreibt: "Es ist dies das erste Mal, dass ein Arzt exakt erklärt, um was es hier geht und uns somit auch viele Ängste nimmt. Ich bin Ihnen unendlich dankbar für Ihre Beantwortung und ebenso für die Zeit, die Sie sich für einen ‚anonymen‘ Fall genommen haben."
Offenbar hat sich der Service der Medizinstudenten innerhalb weniger Monate rasend schnell herumgesprochen. Nach Angaben der Betreiber von "Was hab ich?" besuchen täglich bis zu 2200 Patienten die Website der Initiative, jede Woche übersetze man rund 150 Befunde -Tendenz steigend. Dafür leisten die angehenden Ärzte Monat für Monat Tausende ehrenamtliche Arbeitsstunden.
Ihre Motivation? "In Zeiten von Ärztemangel und Einsparungen im Gesundheitssektor gerät des Bild des Mediziners, der sich Zeit für seine Patienten nehmen kann, in den Hintergrund", so die Gründer der Plattform. Mit "Was hab ich?" wolle man Vorbild sein und zeigen, "dass auch junge Mediziner diese Tugend der Ärzteschaft nicht ablegen wollen".