Transparency

AWB werden nicht kontrolliert

Nur unzureichend werden nach Ansicht von Transparency International die Anwendungsbeobachtungen kontrolliert. Im Mittelpunkt der Kritik steht vor allem das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM).

Julia FrischVon Julia Frisch Veröffentlicht:
Nur Fragebögen ausfüllen oder angewandte Wissenschaft? Anwendungsbeobachtungen sind umstritten.

Nur Fragebögen ausfüllen oder angewandte Wissenschaft? Anwendungsbeobachtungen sind umstritten.

© Petrik / fotolia.com

BERLIN. Vier Jahre stritt Transparency International dafür, Informationen über Anwendungsbeobachtungen (AWB) von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), dem GKV-Spitzenverband und dem BfArM zu bekommen.

An diese drei Institutionen müssen Pharmaunternehmen, Medizinproduktehersteller oder die von ihnen beauftragten Clinical Research Organisationen AWB melden.

Der GKV-Spitzenverband stellte eine 48-seitige Auflistung sofort zur Verfügung. Allerdings wurden die Honorare an die Ärzte als Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse angesehen und daher ausgespart.

Hingegen mussten KBV und BfArM durch Gerichtsurteile zur Auskunft verpflichtet werden. Doch trotz des rechtskräftigen Urteils des Verwaltungsgerichts Köln habe das BfArM erst nach neun Monaten und nach Androhung einer Zwangsvollstreckung im April 142 Tabellenseiten herausgegeben.

Experten mit Daten unzufrieden

Bei der Durchsicht, so Vertreter von Transparency International (TI) am Montag bei einer Pressekonferenz in Berlin, habe man feststellen müssen, dass die Daten teilweise falsch seien und die Meldungen von KBV, BfArM und GKV erheblich voneinander abwichen.

So gebe es unterschiedliche AWB-Zahlen: Der GKV seien etwa für 2008 bis 2010 insgesamt 598 AWB angezeigt worden, der KBV 558 und dem BfArM 499.

Die Einhaltung der Vorschriften des Arzneimittelgesetzes werde offenbar nicht kontrolliert, so Dr. Angela Spelsberg von der TI-Arbeitsgruppe Gesundheitswesen. Auch erfolge ersichtlich kein Abgleich der Daten unter den Institutionen, ebenso wenig interessiere man sich für den Verlauf oder die Ergebnisse von AWB.

Kritisiert wurde die oberste Arzneimittelbehörde von der Anti-Korruptions-Organisation auch dafür, dass sie bis Ende 2014 Anwendungsbeobachtungen nicht systematisch registriert und überwacht habe.

Bei den Gerichtsverhandlungen habe sich herausgestellt, dass die Meldungen nur mit Posteingangsnummer abgeheftet wurden. Zudem sei das BfArM seiner gesetzlichen Pflicht, bis 2013 eine Datensammlung aufzubauen, erst in diesem Jahr nachgekommen.

Der Epidemiologe Professor Ulrich Keil sieht deshalb in den AWBs keinen wissenschaftlichen Nutzen.

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Kommentare
Dr. Wolfgang P. Bayerl 19.05.201509:58 Uhr

Reflexartige "Anti-Pharma" Einstellung schüttet das Kind mit dem Bade aus!

Die gibt es erfreulicherweise auch bei vielen gesunden Menschen, die man in Fitnessstudien sieht etc.
Aber der Arzt muss nun mal "Kranke" behandeln und sollte auch etwas gegen zu hohem Blutdruck etc. tun.
Die Pharmakologie ist nun mal eine der schärfsten Waffen der Medizin.
Und in der internationalen Deklaration von Helsinki des Weltärztebundes steht bei den "ethischen Grundsätzen":
Punkt 4.
Medizinischer Fortschritt beruht auf Forschung, die sich letztlich zum Teil auch auf Versuche am Menschen stützen muss.
Punkt 5.
In der medizinischen Forschung am Menschen haben Überlegungen, die das Wohlergehen der Versuchsperson (die von der Forschung betroffene Person) betreffen, Vorrang vor den Interessen der Wissenschaft und der Gesellschaft.

Und Punkt 5 bestimmt der praktisch tätige Arzt und nicht irgend ein Epidemiologe!!!

Im übrigen wird auf den armen Dr. ja immer eingedroschen, er solle ökonomisch behandeln und sein Arzneimittelbudget beachten! Schließlich sind Ärzte keine fremdgesteuerten Roboter auch nicht von Transparency International und vielen anderen, bestimmen darf daher nur wer VERANTWORTUNG für den einzelnen Patient tragen muss.

Dr. Wolfgang P. Bayerl 19.05.201508:51 Uhr

Die Transparency International (TI) kann mich mal.

Ich entscheide als Dr. selbst ob ein Einsatz eines neuen Medikaments sinnvoll ist oder nicht!
Es ist ethisch eher NICHT zu vertreten bei kranken Menschen prospektive "Doppelblindstudien" mit wirkungslosen placebo zu betreiben.

Rudolf Hege 18.05.201514:31 Uhr

Anwendungsbeobachtung = Marketing?

Es ist ja nichts Neues, dass Anwendungsbeobachtungen meistens nur dazu dienen, neue Arzneimittel unters Volk zu bringen, in der Hoffnung, dass die einmal im Rahmen der Beobachtung verordneten Mittel dann auch weiter genommen werden - und außerdem der Therapeut auf eine neue Schiene eingefahren wird.

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