Kontrazeption
Abtreibungsrate weiter hoch in armen Ländern
Mehr moderne Verhütungsmittel - deutlich weniger Abtreibungen. In den Industriestaaten geht diese Rechnung auf. In den ärmeren Ländern fehlt dafür das Geld.
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In armen Ländern sind die Abtreibungsquoten höher als in den Industriestaaten.
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GENF / NEW YORK. Dank moderner Verhütungsmittel ist die Abtreibungsrate in den Industriestaaten einer Studie zufolge drastisch gesunken. In den Entwicklungsländern blieb sie jedoch seit 25 Jahren etwa gleich hoch, berichtet das auf reproduktive Gesundheit spezialisierte New Yorker Guttmacher Institute in der Fachzeitschrift "The Lancet" (2016; online 11. Mai).
In der Gruppe der entwickelten Länder haben demnach 2014 im Durchschnitt nur noch 27 von jeweils 1000 Mädchen und Frauen im Alter von 15 bis 44 Jahren eine Abtreibung vornehmen lassen. 1990 seien es 46 von 1000 gewesen.
"Den stärksten Rückgang der Abtreibungsraten hat in den vergangenen 25 Jahren Osteuropa erlebt (von 88 auf 42 pro 1000 Frauen)", heißt es dazu in einer von "The Lancet" veröffentlichten Mitteilung.
"Aber auch in Südeuropa (von 38 auf 26), Nordeuropa (22 auf 18) und Nordamerika (25 auf 17) sind die Raten gesunken."
"In den entwickelten Ländern ist der anhaltende Rückgang der Abtreibungsraten größtenteils durch eine stärkere Verwendung moderner Kontrazeptiva bedingt, die Frauen mehr Kontrolle über das Timing und die Anzahl der Kinder gibt, die sie haben wollen", erklärte die Leiterin der Studie, Gilda Sedgh vom Guttmacher Institute. An der Untersuchung waren auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) sowie das Bixby Center der University of California in San Francisco beteiligt.
Weltweit sind der Studie zufolge zwischen 2010 und 2014 pro Jahr durchschnittlich 56 Millionen Schwangerschaftsabbrüche vorgenommen worden. In den Entwicklungsländern sei die Abtreibungsrate aber seit 1990 nur von 39 auf 37 pro 1000 Frauen zurückgegangen und damit fast unverändert geblieben.
Die anhaltend hohe Rate von Abtreibungen im ärmeren Teil der Welt, die zudem unter unzureichenden hygienischen Bedingungen durchgeführt werden, verdeutliche, dass dort der Zugang zu modernen Möglichkeiten der Verhinderung ungewollter Schwangerschaften dringend verbessert werden müsse.
"In Entwicklungsländern entsprechen Familienplanungsdienste nicht dem zunehmenden Wunsch nach kleineren Familien", erklärte Gilda Sedgh. Dort seien mehr als 80 Prozent der ungewollten Schwangerschaften darauf zurückzuführen, dass die betroffenen Frauen nicht über moderne Verhütungsmethoden wie Anti-Baby-Pillen, hormonhaltige Implantate unter der Haut oder sogenannte Spiralen verfügten. (dpa)