Lieferschwierigkeiten

Ärzte und Pharmahandel warnen vor neuen Arzneimittel-Engpässen

Viele Eltern mussten im vergangenen Winter Apotheken nach passenden Medikamenten für ihre Kinder abklappern. Das Lieferengpassbekämpfungsgesetz soll Abhilfe schaffen. Doch es gibt Zweifel, dass es schnell genug wirkt.

Veröffentlicht:
Kind bekommt Hustensaft auf einem Löffel verabreicht.

Hustensäfte für Kinder waren im vergangenen Herbst und Winter in vielen Apotheken Mangelware. Ein neues Gesetz soll Lieferengpässen bei Arzneien vorbeugen. Die Frage ist: Entfaltet es zeitnah Wirkung?

© photophonie / stock.adobe.com

Berlin. Eltern und Kranke müssen sich nach Warnungen von Verbänden im Herbst und Winter möglicherweise erneut auf Engpässe bei Arzneimitteln vor allem für Kinder einstellen. „Es ist zu befürchten, dass bei hohen Infektionswellen wie im vergangenen Jahr Eltern wieder durch die halbe Stadt laufen müssen, um Fiebersäfte oder Antibiotika zu bekommen“, sagte der Präsident des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ), Thomas Fischbach, der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Auch die Verbände der Apotheker und des Pharmagroßhandels halten weitere Engpässe für möglich.

Nach einer Infektwelle im vergangenen Herbst waren Engpässe bei Kindermedikamenten wie Fieber- und Hustensäften eskaliert. Probleme hatte es auch bei Krebsmitteln und Antibiotika gegeben. Die Bundesregierung reagierte mit neuen Regelungen. Das im Juli verabschiedete Gesetz zur Bekämpfung von Lieferengpässen bei Arzneimitteln (ALBVVG) macht Vorräte von mehreren Monatsmengen für vielgenutzte Arzneimittel zur Pflicht. Preisregeln sollen gelockert werden, damit sich Lieferungen nach Deutschland für Hersteller mehr lohnen.

Lesen sie auch

Keine schnellen Erfolge erwartet

Fischbach sagte, das Gesetz gehe zwar in die richtige Richtung, „wird uns aber definitiv nicht durch diesen Winter helfen und springt womöglich auch auf Dauer zu kurz“. Arzneimittel-Engpässe legten auch die Praxen teilweise lahm, weil Mitarbeiter am Telefon etliche Apotheken abklappern müssten, um die benötigten Medikamente aufzutreiben. „Wir blicken daher mit Sorge auf Herbst und Winter.“

Nach Angaben des Bundesverbands des pharmazeutischen Großhandels sind bei den geplanten Medikamentenvorräten keine schnellen Erfolge zu verzeichnen. „Die zum Teil seit vielen Monaten andauernden und weiterhin bestehenden Lieferengpässe bei Kinderarzneimitteln erschweren die gesetzlich vorgeschriebene Bevorratung durch den pharmazeutischen Großhandel erheblich“, sagte ein Verbandssprecher der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.

ABDA-Präsidentin will noch keine Vorhersage wagen

Nach Einschätzung der Apotheken ist es derzeit noch schwer, Voraussagen zur Versorgungslage im Herbst und Winter zu treffen. „Wir bezweifeln aber, dass das Lieferengpass-Gesetz zu systematischen und spürbaren Verbesserungen führen wird“, sagte die Präsidentin ihres Verbands ABDA, Gabriele Regina Overwiening, der dpa.

Overwiening lobte etwa, dass mit dem Gesetz die Apotheken beim Austausch von nicht verfügbaren Arzneimitteln mehr Flexibilität bekämen. „Diese Maßnahmen helfen, die negativen Auswirkungen des Mangels abzumildern, beseitigen den Mangel aber nicht.“ Angesichts der sinkenden Zahl von Apotheken forderte sie die Politik auf, in die Apotheken zu investieren.

Fischbach sagte, auch mit der Reform sei es nicht attraktiv genug für die Pharmafirmen, Medikamente in Deutschland zu produzieren und zu verkaufen. „Das sind Wirtschaftsunternehmen, die im Ausland mehr verdienen.“ (dpa)

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Runde der letzten 9

Gießener Dermatologin steht im Finale von Miss Germany

Probleme in ambulanter Versorgung

SpiFa: „Keine einzige Baustelle des Gesundheitswesens beseitigt“

Das könnte Sie auch interessieren
Grippeschutzimpfung: Jüngere Risikogruppen nicht vergessen

© Springer Medizin Verlag

Intens. Video-Podcast

Grippeschutzimpfung: Jüngere Risikogruppen nicht vergessen

Anzeige | Viatris-Gruppe Deutschland
Herz mit aufgemalter Spritze neben Arm

© Ratana21 / shutterstock

Studie im Fokus

Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Prävention durch Influenzaimpfung?

Anzeige | Viatris-Gruppe Deutschland
Mann mit Pflaster auf Oberarm gibt Daumen-hoch-Zeichen

© U_Photo / Shutterstock

Impflücken bei Chronikern

Senkung von Morbidität und Mortalität durch bessere Vorsorge

Anzeige | Viatris-Gruppe Deutschland
Glasglobus und Stethoskop, eingebettet in grünes Laub, als Symbol für Umweltgesundheit und ökologisch-medizinisches Bewusstsein

Klimawandel und Gesundheitswesen

Klimaschutz und Gesundheit: Herausforderungen und Lösungen

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Ein MRT verbraucht viel Energie, auch die Datenspeicherung ist energieintensiv.

© Marijan Murat / dpa / picture alliance

Klimawandel und Gesundheitswesen

Forderungen nach Verhaltensänderungen und Verhältnisprävention

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Ein Dialogforum von Fachleuten aus Gesellschaft, Gesundheitspolitik und Wissenschaft

© Frankfurter Forum für gesellschafts- und gesundheitspolitische Grundsatzfragen e. V.

Das Frankfurter Forum stellt sich vor

Ein Dialogforum von Fachleuten aus Gesellschaft, Gesundheitspolitik und Wissenschaft

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Kommentare
Abb. 1: Prozentualer Anteil der Patientinnen und Patienten pro Gruppe mit den genannten Symptomen zum Zeitpunkt der Visite 1 (Erstvorstellung) und Visite 2 (24–72h nach Erstvorstellung).

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [13]

Akute Otitis media – Behandlungsoptionen in der Praxis

Leitlinienbasierte Therapie für schnelle Symptomverbesserung

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Homöopathisches Laboratorium Alexander Pflüger GmbH & Co. KG, Rheda-Wiedenbrück
Dr. Antigone Fritz und Hubertus Müller sitzen trocken am PC. Dort zu sehen: ein Bild vom Hochwasser in Erftstadt vor drei Jahren.

© MLP

Gut abgesichert bei Naturkatastrophen

Hochwasser in der Praxis? Ein Fall für die Versicherung!

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: MLP

ADHS und Schlafstörungen bei Kindern und Jugendlichen

Guter Schlaf durch schnell freisetzendes Melatonin

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Medice Arzneimittel Pütter GmbH & Co. KG, Iserlohn
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Verbesserter Herzschutz

Influenza-Impfraten erhöhen: So geht’s!

Lesetipps
Im Vordergrund Savanne und eine Giraffe, im Hintergrund der Kilimandscharo.

© espiegle / stock.adobe.com

Erhöhtes Thromboserisiko

Fallbericht: Lungenembolie bei einem Hobby-Bergsteiger