Krebs nach Fracking-Bohrungen?

Ärzte unterstützen "Krebsdorf"-Bewohner

Eine statistisch erhöhte Zahl an Krebsneuerkrankungen treibt die Bewohner im Landkreis Rotenburg um. Sie vermuten einen Zusammenhang mit Fracking-Bohrungen in der Nähe. Ärzte fordern eine unabhängige Untersuchung.

Christian BenekerVon Christian Beneker Veröffentlicht:

ROTENBURG. Im niedersächsischen Rotenburg haben mehr als 200 Ärzte einen gemeinsamen Brandbrief an die Gesundheitsministerin des Landes, Cornelia Rundt (SPD) geschickt. Hintergrund sind die "statistisch unerwartete Häufung von hämatologischen Krebsneuerkrankungen" in der nahegelegenen Gemeinde Bothel und dem Ort Rotenburg, wie es in dem Schreiben heißt.

Die Ärzte fordern darin Geld für eine Industrie-unabhängige Ursachenforschung, wie einer der Ärzte, der Umweltmediziner Dr. Matthias Bantz, der "Ärzte Zeitung" sagt. Das war im September 2015. Vergangene Woche ist die Ministerin nach Rotenburg gekommen.

41 statt 21 Neuerkrankungen

"Die Patienten sind irritiert und beunruhigt", sagt Bantz. Deshalb haben 80 Prozent der niedergelassenen Ärzte und 75 Prozent der Klinikärzte des Ortes unterschrieben. Kein Wunder. Denn nach Zahlen des epidemiologischen Krebsregisters Niedersachsen sind in den Jahren 2003 bis 2012 41 Männer in der Gemeinde Bothel an Blutkrebs oder Lymphdrüsenkrebs erkrankt.

Statistisch zu erwarten gewesen wären 21 Neuerkrankungen, geht aus dem Register hervor. In Rothenburg liegt die Steigerung bei 30 Prozent bei Männern über 60 Jahren.

Ob Rückstände aus der Erdgasförderung oder Fracking-Bohrlöcher für die Erkrankungen ursächlich sind, sei derzeit unklar, sagte Ministeriumssprecher Uwe Hildebrandt der "Ärzte Zeitung". Diese Position wiederholte Rundt auf dem Treffen in Rotenburg. Inzwischen habe der Landkreis in Bothel 8000 Fragebögen an die Haushalte verteilt, weil das Krebsregister für die fraglichen Jahre nur anonymisierte Daten vorhält. Der Rücklauf betrug 5000 Bögen.

Kein Fracking bei Trinkwasser-Förderung

"Die Auswertung läuft, sagt Hildebrandt. Und dass es keinen Hinweis auf den Zusammenhang zwischen Bohrungen und den Erkrankungen gebe. Man könne ihn weder konstatieren noch ausschließen. Diesen Standpunkt vertrat Rundt auch bei ihrem Besuch in Rothenburg.

Bantz allerdings findet einen Zusammenhang zwischen den Bohrungen und den Erkrankungen plausibel. "Leukämie und Lymphdrüsenkrebs sprechen jedenfalls sehr auf Benzole an, die bei den Bohrungen frei werden können". Die Ärzte forderten deshalb bei dem Treffen mit der Ministerin, dass sofort gehandelt wird. "Wir fordern, dass nach dem Vorsorgeprinzip vorgegangen wird", sagt Bantz. "Bis die Unschädlichkeit bewiesen ist, müssen die Förderungen aus dem Verkehr gezogen werden."

Rotenburgs Bürgermeister Andreas Weber wäre schon froh, wenn keine zusätzlichen Anlagen gebaut und die bestehenden genau beobachtet würden. "Wir wollen kein Fracking, wo Trinkwasser gefördert wird", sagte Weber der "Ärzte Zeitung". Indessen sei die Rotenburger Rinne, eine Trinkwasser führende Schicht, schon mehrfach durchbohrt worden. "Auch Bremen fördert daraus Trinkwasser."

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