TK-Report
Ärzte verordnen Kindern und Jugendlichen mehr Psychopharmaka
Wieder mehr Verordnungen von Psychopharmaka an Kinder und Jugendliche stellt die TK in einem aktuellen Report fest. Ärzte verordnen diese Präparate nicht einfach so, kontern die Kinder- und Jugendärzte.
Veröffentlicht: | aktualisiert:Berlin. Immer mehr Kinder und Jugendliche bekommen von ihren Ärzten Medikamente zur Behandlung psychischer Erkrankungen verordnet. Vor allem Präparate zur Behandlung der Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitäts-Störungen (ADHS) landen auf den Rezepten.
Das geht aus aktuellen Daten der Techniker Krankenkasse (TK) hervor, die die Kasse in ihrem am Mittwoch vorgestellten Report „Kinder und Arzneimittel“ zusammengefasst hat. Bei zwölf- bis 17-jährigen Mädchen ist zudem ein Anstieg der der Verordnungen von Antidepressiva zu beobachten (siehe nachfolgende Grafik).
Im Vergleich zu 2017 sind die Verordnungen von Psychopharmaka demnach sowohl bei den Sechs- bis Elf-Jährigen als auch bei den Zwölf - bis 17-Jährigen gestiegen; in der jüngeren Altersgruppe von 2,3 auf 2,6 Prozent, bei den älteren von 3,5 auf 4,3 Prozent (siehe nachfolgende Grafik).
„Dass die Verordnungen im Bereich der Psychopharmaka ansteigen, ist eine Entwicklung, die uns alle aufmerksam machen sollte“, kommentierte der Vorstandsvorsitzende der Techniker, Dr. Jens Baas, die Ergebnisse der Auswertung.
Es gehe nicht darum, Medikamente zu verteufeln, so der Kassenmanager. Wichtig seien ein sorgsamer Einsatz und eine umfassende Behandlung in enger Verbindung mit pädagogischen, sozialen und psychotherapeutischen Maßnahmen, fordert Baas.
Höherer Stellenwert für medikamentöse Therapie
„Kein Pädiater verschreibt Psychopharmaka einfach so“, machte der Präsident des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte, Dr. Thomas Fischbach, auf Anfrage der Ärzte Zeitung deutlich. Nichtmedikamentöse Therapien seien bei schwereren bis schweren Erkrankungsformen nicht ausreichend.
Die aktuelle Leitlinie der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlich-Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) zur Behandlung von ADHS räume der medikamentösen Therapie daher einen größeren Stellenwert ein als früher, sagte Fischbach.
Ein Anstieg der Verordnungen könne auch mit leitliniengerechterer Therapie erklärt werden. Zudem seien Verhaltenstherapeuten außerhalb der Ballungsgebiete Deutschland nur unzureichend verfügbar. Deutschland nehme im internationalen Vergleich bei der Verordnung von Psychopharmaka an Kinder keineswegs einen Spitzenplatz ein.
Erstverordnungen würden oft von Kinder- und Jugendlichenpsychiatern vorgenommen, so Fischbach. Die AWMF Leitlinie stammt aus dem Jahr 2017. Im Mai 2022 steht die nächste Überprüfung an. (af)