Gastbeitrag
Ärzteschaft und Pflege brauchen konstruktiven Dialog
Im Bundesausschuss steht eine Entscheidung über die künftige Kooperation zwischen Ärzten und Pflegern an. Der Deutsche Pflegerat mahnt zu konstruktivem Dialog.
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Andreas Westerfellhaus, Autor dieses Beitrages, ist Vorsitzender des Deutschen Pflegerates.
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Wie sollen Ärzte und Pflegekräfte künftig angesichts des Personalmangels in beiden Professionen bei steigendem Behandlungs- und Pflegebedarf kooperieren? Der Weg zu Antworten führt sicherlich nicht über den Affront, wie er jüngst von KBV-Vorstandsmitglied Dr. Carl-Heinz Müller mit nicht zutreffenden Behauptungen gegen akademisch qualifizierte Pflegekräfte gerichtet worden ist.
Längst differenziert diskutierte Themen werden auf die Tagesordnung gezerrt wie die Delegation und Substitution ärztlicher Tätigkeiten. Die gewaltigen Aufgaben der Zukunft im Versorgungssystem - für die Menschen - erfordern ideologiefreies Denken und intelligente Lösungen.
Wertschätzung und gegenseitige Anerkennung sind erforderlich
Es kann keine Erbhöfe geben, eine Blockadehaltung aus Gründen des Machterhalts verbietet sich. Es gilt, den Blick gemeinsam nach vorne zu richten. Scharfmacherei und Polemik sind wenig professionell, Wertschätzung und gegenseitige Anerkennung sind erforderlich.
Es ist unsachlich und falsch, akademisierten Pflegenden zu unterstellen, sie wollten jetzt "Doktor spielen", wie es in einem Kommentar der "Ärzte Zeitung" am 4. Oktober hieß. Pflegende studieren Pflege um der Inhalte Willen.
Die Liste der Stellengesuche nach Studienabgängern in der Pflege sprechen für sich. Wir benötigen Pflegeakademiker genau wie herkömmlich qualifizierte Pflegekräfte. Es gibt überdies nicht 100.000 akademische Pflegekräfte, sondern bislang tatsächlich nur wenige hundert. Und diese dringend benötigten Fachkräfte werden schon während der letzten Praktika in ihrem Studium von Arbeitgebern engagiert.
Der Versorgungsauftrag Medizin und Pflege gemeinsam?
Der Fachkräftemangel trifft Ärzte und Pflegende auf allen Ebenen. Müssen wir uns nicht endlich einmal darauf besinnen, dass der Versorgungsauftrag Medizin und Pflege gemeinsam erteilt ist?
Mit welcher Begründung maßen sich manche Repräsentanten der Ärzte, insbesondere in der Vertretung der KBV an, über die Köpfe der Pflegenden hinweg für diese zu entscheiden und Pflege als Profession zu verurteilen und zu beurteilen?
Pflege hat qua Gesetz ihre Aufgaben, Aufträge, Vorbehalte und Kompetenzen. Pflegende verfügen in vielen Feldern über eine ausgeprägte Fachexpertise, hohe Qualitätsansprüche werden konsequent umgesetzt.
Erarbeiten kooperativer Lösungen in Zusammenarbeit
Diese Leistungen finden in der Umsetzung im Alltag eine hohe Anerkennung. Nur einige ideologisch geprägte Standesvertreter arbeiten mit Unterstellungen, Pflegende wollten die unterschiedlichen Kompetenzen der Professionen vermischen und damit Grenzen überschreiten. Diese Diskussion hilft niemandem und dient ausschließlich der Ressourcenvernichtung.
Es kann nicht um einen Grabenkampf zwischen Berufsgruppen gehen, sondern um das konstruktive Erarbeiten kooperativer Lösungen. Die Praxis beweist schon lange, auf welch hohem qualitativen Niveau die Zusammenarbeit zwischen Pflegenden und Ärzten im Sinne der Patienten funktioniert.
Aber auch nur dort, wo diese Zusammenarbeit von gegenseitiger Anerkennung und Wertschätzung geprägt ist. Professionell Pflegende leisten ihren Beitrag hierzu. Schwenken Sie endlich um in einen konstruktiven Dialog - im Interesse aller Menschen.