Ärztetag novelliert Musterberufsordnung
Mehr Beratung für den Patienten und ein klares Nein zur Werbung für Produkte im Wartezimmer: Bei einer umfassenden Novellierung der Musterberufsordnung erweiterten die Delegierten 20 Paragrafen oder formulierten diese um.
Veröffentlicht:KIEL. Mit großer Mehrheit hat der Ärztetag in Kiel die Musterberufsordnung verändert. Nachdem bereits am Mittwoch über den Paragrafen 16 zum ärztlich assistierten Suizid abgestimmt wurde, votierten die Delegierten auch für eine strengere Beratungspflicht des Arztes gegenüber dem Patienten.
Besonders vor Operationen müssen Patienten künftig deutlich mehr über die Bedeutung und Tragweite der Behandlung aufgeklärt werden. Auch Behandlungsalternativen sowie Risiken sollen "in verständlicher und angemessener Weise" erklärt werden.
Laut Dr. Udo Wolter, Präsident der brandenburgischen Kammer und Vorsitzender des Berufsordnungs-Ausschusses, ist die Änderung des Paragrafen acht eine vorweggenommene Reaktion auf das geplante Patientenrechtegesetz, dessen Eckpunkte demnächst vorgestellt werden sollen.
Zusätzlich wurde klargestellt, dass die Beratung nicht ausschließlich über Informationsblätter oder andere Kommunikationsmedien erfolgen darf. Allerdings gilt dies nicht für telemedizinische Verfahren, "sofern gewährleistet ist, dass ein Arzt den Patienten unmittelbar behandelt", heißt es in Paragraf 7, Satz 4 der Musterberufsordnung (MBO).
Beim Notdienst wird auf die Landesregeln verwiesen
Auch stellt die MBO nun deutlicher die Zusammenarbeit mit Dritten klar. Laut Paragraf 29a ist nicht gestattet, mit Personen Patienten zu untersuchen und zu therapieren, die weder Ärzte noch Medizinische Fachangestellte sind. Die Zusammenarbeit mit anderen medizinischen Berufen ist dann erlaubt, wenn die Aufgaben "klar erkennbar voneinander getrennt sind".
Deutlich schlanker ist künftig Paragraf 26 zum Notdienst gefasst. Da es in allen Ländern unterschiedliche Organisationsweisen des Notdienstes gibt, wird in der MBO nun ausschließlich auf die jeweiligen Bestimmungen der Kammergesetze der Länder verwiesen. Vorherige Bestimmungen, wer mit welchen Ausnahmen nicht am Notdienst teilnehmen muss, fallen somit aus der MBO raus.
Künftig ist in der MBO auch festgehalten, dass Werbung für eigene gewerbliche Aktivitäten im Wartezimmer verboten ist. Informationsblätter sowie Zeitschriften dürfen aber weiterhin ausgelegt werden. Auch ein Wartezimmer-TV ist in dem Rahmen erlaubt - sofern das Gerät von den Patienten ausgeschaltet werden kann.
Komplette Neufassung fällt bei Delegierten durch
Ebenfalls gibt es Klarstellungen, was die Themen unerlaubte Zuwendungen sowie Anwendungsbeobachtungen betrifft. Bei der Zusammenarbeit zwischen Arzt und Herstellern von Arznei- sowie Hilfsmitteln oder Medizinprodukten "muss die Vergütung der erbrachten Leistung entsprechen", heißt es in Paragraf 33. Die Verträge müssen der Kammer vorgelegt werden.
Abgelehnt wurde erneut der Versuch einiger Delegierte der Kammer Nordrhein, eine komplett neue Musterberufsordnung zu entwickeln.