Darmkrebsvorsorge
"Am Arbeitsplatz ist die Zielgruppe gut ansprechbar"
Seit Juli 2012 machen sich Betriebskrankenkassen mit dem "Aktionsbündnis gegen Darmkrebs" für höhere Teilnahmeraten bei der Früherkennung stark. Franz Knieps, Vorstand des BKK-Dachverbandes, erläutert das Projekt im Gespräch mit der "Ärzte Zeitung".
Veröffentlicht:Das Interview führte Ilse Schlingensiepen.
Ärzte Zeitung: Warum engagieren sich die Betriebskrankenkassen für die Darmkrebsfrüherkennung?
Franz Knieps: Eine schriftliche Einladung zur Koloskopie und das Angebot eines kostenfreien immunologischen Stuhltests können die Darmkrebsvorsorge deutlich verbessern.
Nach mehr als zwei Jahren zeigt das "Aktionsbündnis gegen Darmkrebs" erste Erfolge. Mit dieser groß angelegten Darmkrebs-Prophylaxe soll die Zahl der Darmkrebserkrankungen und -toten deutlich reduziert werden.
Warum setzt das Aktionsbündnis auf den immunologischen Stuhltest?
Knieps: Die Aufdeckungsrate des immunologischen Tests ist gegenüber dem alten Papierstreifentest mehr als doppelt so hoch.
Das Einzigartige des Aktionsbündnisses ist, dass den 55-jährigen Versicherten im Einladungsschreiben alternativ der Test angeboten wird, falls sie sich nicht zur Darmspiegelung entschließen können.
In die Darmkrebs-Prophylaxe wird auch die Gruppe der 50- bis 54-jährigen Versicherten einbezogen. Sie werden ebenfalls schriftlich über das Thema informiert, verbunden mit der Empfehlung, sich einen immunologischen Stuhltest zusenden zu lassen.
Er bietet eine sichere Chance, Vorerkrankungen und Darmkrebs im Frühstadium zu erkennen.
Warum sind Betriebe aus Ihrer Sicht geeignet, um Versicherte zur Früherkennung zu motivieren?
Knieps: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind am Arbeitsplatz gut ansprechbar. Die Rücklaufquote von 70 Prozent bei den angeforderten Tests in unserem Projekt zeigt die hohe Akzeptanz.
Wer beteiligt sich am "Aktionsbündnis gegen Darmkrebs", wie viele Versicherte sind einbezogen worden? Was sind die bisherigen Erfahrungen?
Knieps: Neben dem BKK Dachverband und den Landesverbänden Nordwest und Bayern beteiligen sich 63 Betriebskrankenkassen sowie die Felix Burda Stiftung, der Berufsverband der niedergelassenen Gastroenterologen und die Barmenia Krankenversicherung.
Die ersten Auswertungen durch die Universität Duisburg-Essen zeigen, dass sich der Aufwand sowohl medizinisch als auch ökonomisch lohnt. Die beteiligten Betriebskrankenkassen haben bislang 225.000 Versicherte angeschrieben.
Davon haben sich 28 Prozent einen Stuhltest schicken lassen. Von ihnen wiederum schickten 64 Prozent den Test zurück. 2177 oder 5,3 Prozent wurden positiv getestet. Ihnen wurde eine Koloskopie empfohlen.
Wie wird sich das Aktionsbündnis weiterentwickeln?
Knieps: Wir werden in einem Folgeprojekt mit Einverständnis der Versicherten individuell nachverfolgen, wie sie auf das Anschreiben reagieren, ob sie zur Koloskopie gehen und was dann passiert.
Dabei können klinische Daten und Versorgungsdaten verbunden und Aussagen darüber getroffen werden, ob die Versicherten tatsächlich zur Koloskopie gehen.
Das übergeordnete Ziel des Projektes ist es, die Zahl der Darmkrebstoten deutlich zu reduzieren, zumindest aber die Versicherten durch eine persönliche Ansprache zum Nachdenken über Darmkrebsprävention zu bewegen.
Damit greift das "Aktionsbündnis gegen Darmkrebs" ein Anliegen des Nationalen Krebsplanes auf und ist Anstoß für die Bundesregierung, das Darmkrebsfrüherkennungsangebot in den kommenden drei Jahren zu einem organisierten Programm mit einem persönlichen Einladungsverfahren weiterzuentwickeln.
Lesen Sie dazu auch: Prävention: So schützen Firmen ihre Mitarbeiter vor Darmkrebs