Aktionsbündnis rügt Koalition

Bei Patientensicherheit mehr Symbolpolitik als Fortschritte

Beim Thema Patientensicherheit wird in Deutschland Symbolpolitik betrieben, kritisiert das Aktionsbündnis Patientensicherheit (APS). Das sehe beim globalen Aktionsplan der WHO anders aus.

Julia FrischVon Julia Frisch Veröffentlicht:
Vermisst eine konsistente Politik für mehr Patientensicherheit, die zu messbaren Fortschritten führt: Dr. Ruth Hecker, Vorsitzende des Aktionsbündnisses Patientensicherheit.

Vermisst eine konsistente Politik für mehr Patientensicherheit, die zu messbaren Fortschritten führt: Dr. Ruth Hecker, Vorsitzende des Aktionsbündnisses Patientensicherheit.

© APS

Berlin. Mit Forderungen, Handlungsempfehlungen und Aktionen versucht das Aktionsbündnis Patientensicherheit (APS) seit Jahren, das Bewusstsein für Patientensicherheit zu schärfen. Zum diesjährigen Tag der Patientensicherheit am 17. September geht das APS nicht nur mit den Einrichtungen im Gesundheitswesen, sondern auch mit der Politik scharf ins Gericht.

Beispiel Krankenhäuser: „Wir reden schon lange davon, dass die nosokomialen Infektionen in den Griff zu bekommen sind“, sagte die APS-Vorsitzender Dr. Ruth Hecker am Dienstag bei einer Online-Pressekonferenz. Gezeigt habe sich jedoch, dass sich trotz verschärfter Hygienemaßnahmen infolge von Corona die Zahl der nosokomialen Infektionen in den Krankenhäusern nicht verringert hat.

„Viel Eigenlob“ der Koalition

Auch bei der Pflege stelle sich die Frage, warum alle bisherigen Maßnahmen keine Änderungen herbeigeführt haben und Deutschland im Vergleich mit anderen Ländern immer noch eine schlechte Pflegepersonalausstattung pro Patient habe, so Hecker. Ihr Fazit: Patienten und ihre bedarfsgerechte Versorgung blieben auf der Strecke.

Mit Blick auf die Wahlprogramme kritisierte Constantin Grosch, stellvertretender APS-Vorsitzender, die Parteien. Den Willen, Patientensicherheit umzusetzen in der nächsten Legislaturperiode, „findet man nirgends“. In der Politik gebe es momentan „viel Eigenlob“ angesichts der vielen Gesetze, die etwa in Bezug auf die Verbesserung der Pflegesituation verabschiedet wurden.

„Angekommen ist davon aber wenig bis gar nichts. Warum sonst streiken die Pflegenden in Berlin?“, fragte Grosch. Nicht die Zahl der Gesetze sei entscheidend, sondern ihre Qualität in Bezug auf die Pflege und Patientensicherheit.

WHO definiert sieben Handlungsfelder

Die elektronische Patientenakte (ePA) etwa sei bisher für viele Versicherte nicht einfach handhabbar und nur etwas für „fitte und gebildete Menschen“. Beim Thema Patientensicherheit werde „planlos gespart“, dabei biete ihre flächendeckende Umsetzung für jeden eine Win-win-Situation, so Grosch.

Hoffnung setzt das Aktionsbündnis auf den globalen Aktionsplan für Patientensicherheit der Weltgesundheitsorganisation (WHO). In ihm seien sieben strategische Handlungsfelder mit 35 konkreten Zielen enthalten, die bis 2030 angegangen werden sollen.

Das Gute sei, dass die Länder nun regelmäßig daran gemessen werden, was sie auf dem Weg zu mehr Patientensicherheit erreicht haben, sagte APS-Generalsekretär Professor Reinhard Strametz. „Deutschland hat neun Jahre Zeit zu beweisen, dass es eins der besten Gesundheitssysteme der Welt hat gemessen an der Patientensicherheit.“

Symbolpolitik werde der nächsten Regierungskoalition nicht weiterhelfen, warnte Strametz. Gefragt seien konkrete messbare Maßnahmen.

Im Gespräch mit Dr. Ruth Hecker zur Sicherheit bei der Geburt

Im „ÄrzteTag“-Podcast können Sie das Gespräch mit Dr. Ruth Hecker zum aktuellen Tag der Patientensicherheit anhören:

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